Die Fährte
der Überfälle nebeneinander auf dem Tisch aus. »Wir wollen wissen, wer das ist.«
Raskol nahm die Fotos, eines nach dem anderen, und studierte sie mit lautem »Hm«.
»Darf ich mir einen Stift ausleihen«, fragte er, nachdem er alle betrachtet hatte.
Weber und Ivarsson sahen sich an.
»Nehmen Sie meinen«, sagte Weber und reichte ihm seinen Füller.
»Ich habe lieber einen einfachen«, sagte Raskol, ohne den Blick von Ivarsson zu nehmen.
Der Dezernatsleiter zuckte mit den Schultern, nahm einen Stift aus der Innentasche und reichte ihn Raskol.
»Zuerst möchte ich Ihnen etwas über das Prinzip der Farbampullen erzählen«, sagte Raskol, während er begann, Ivarssons weißen Stift, der zufällig ein DnB-Logo trug, auseinander zu schrauben. »Wie Sie wissen, versuchen die Bankangestellten immer, eine Farbampulle zu dem Geld zu packen, wenn sie überfallen werden. In den Geldkassetten der Bankautomaten sind diese Ampullen bereits fest montiert. Manche Farbampullen sind an Sender gekoppelt, die aktiviert werden, wenn sie bewegt oder zum Beispiel in eine Tasche gesteckt werden. Andere werden aktiviert, wenn sie unter einer Schranke hindurch getragen werden, zum Beispiel durch die Tür einer Bank. Farbampullen können einen Mikrosender beinhalten, der mit einem Empfänger in Verbindung steht, der die Ampulle zur Explosion bringt, wenn sie einen gewissen Abstand zum Empfänger erreicht hat, zum Beispiel hundert Meter. Andere explodieren nach einer bestimmten Zeit, nachdem sie aktiviert worden sind. Die Ampulle selbst kann sehr unterschiedlich aussehen, sie sollte aber so klein sein, dass man sie zwischen den Geldscheinen verstecken kann. Manche sind so klein.« Raskol hielt Daumen und Zeigefinger etwa zwei Zentimeter voneinander entfernt. »Die Explosion ist für den Täter ungefährlich, die Farbe, die Tinte, ist das Problem.«
Er hielt die Tintenpatrone des Stiftes in die Höhe.
»Mein Großvater war Tintenmacher. Er hat mir beigebracht, dass man früher Gummi arabicum verwendete, um Eisen-Gallus-Tinte herzustellen. Das Gummi stammte von Akazienbäumen und wurde Tränen Arabiens genannt, weil es in gelben Tropfen dieser Größe aus der Rinde sickert.«
Er legte Daumen und Zeigefinger zu einem walnussgroßen Kreis zusammen.
»Der Sinn des Gummis ist es, die Dichte der Tinte zu erhöhen und dafür zu sorgen, dass die Tinte nicht vom Blatt fließt. Und es hält die Eisensalze flüssig. Des Weiteren braucht es aber auch noch ein Lösungsmittel. Früher empfahl man Regenwasser oder Weißwein. Oder Essig. Mein Großvater meinte, man solle Essig in die Tinte mischen, wenn man einem Feind schrieb, und Weißwein für einen Freund.«
Ivarsson räusperte sich, aber Raskol fuhr unbeeindruckt fort.
»Die Tinte war ursprünglich unsichtbar. Erst in Verbindung mit dem Papier wurde sie sichtbar. In den Farbampullen ist ein roter Tintenstaub, der chemisch reagiert, wenn er in Kontakt mit den Geldscheinen kommt, und der deshalb nicht mehr entfernt werden kann. Das Geld bleibt für immer und ewig geraubtes Geld.«
»Ich weiß, wie eine Farbampulle wirkt«, sagte Ivarsson. »Ich möchte lieber wissen …«
»Geduld, verehrter Polizeiabteilungschef. Das Faszinierende an dieser Technologie ist, dass sie so einfach ist. So einfach, dass ich selbst eine solche Ampulle herstellen könnte, sie wo auch immer platzieren und sie in einem bestimmten Abstand vom Empfänger zur Explosion bringen könnte. Das bisschen Material, das ich brauchte, hätte in einer Butterdose Platz.«
Weber hatte aufgehört, Notizen zu machen.
»Doch das Entscheidende an den Farbampullen ist nicht die Technologie, Herr Polizeiabteilungschef Ivarsson. Das Entscheidende ist das Verräterische.« Raskols Gesicht leuchtete in einem breiten Lächeln auf. »Die Tinte heftet sich auch an die Kleider und die Haut des Täters. Und die Tinte ist so kräftig, dass sie sich nicht abwaschen lässt, wenn man sie erst einmal an den Händen hat. Pontius Pilatus und Judas, nicht wahr? Blut an den Händen. Blutgeld. Die Qual des Richters. Die Strafe der Spitzel.«
Raskol fiel die Tintenpatrone auf den Boden unter dem Tisch, und als er sich nach unten beugte, um sie aufzuheben, signalisierte Ivarsson Weber, dass er das Notizbuch wollte.
»Ich möchte, dass Sie den Namen der Person auf den Bildern aufschreiben«, sagte Ivarsson und legte den Block auf den Tisch. »Wir sind, wie gesagt, nicht zum Spielen hier.«
»Nicht spielen, nein«, Raskol schraubte den Stift langsam
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