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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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wieder zusammen. »Ich habe versprochen, Ihnen den Namen des Mannes zu geben, der das Geld genommen hat, nicht wahr?«
    »Das war die Abmachung, ja«, sagte Ivarsson und beugte sich gespannt vor, als Raskol zu schreiben begann.
    »Wir Xoraxaner wissen, was eine Abmachung ist«, sagte er.
    »Ich schreibe hier nicht nur seinen Namen auf, sondern auch den Namen der Prostituierten, zu der er regelmäßig geht, und wen er kontaktiert hat, um das Knie eines jungen Mannes zu zertrümmern, der vor kurzem das Herz seiner Tochter gebrochen hat. Der Betreffende lehnte diesen Auftrag im Übrigen ab.«
    »Ähh … ausgezeichnet.« Ivarsson drehte sich um und grinste Weber zufrieden an.
    »Hier.« Raskol reichte Ivarsson Block und Stift, der sofort zu lesen begann.
    Das zufriedene Grinsen verschwand. »Aber …«, stammelte er. »Helge Klementsen, das ist doch der Filialleiter.« Ein Licht schien ihm aufzugehen. »Hat er mit dem Überfall zu tun?«
    »Im höchsten Grade«, sagte Raskol. »Er hat das Geld genommen, nicht wahr?«
    »Und es in die Tasche des Räubers gesteckt«, brummte Weber leise von der Tür.
    Ivarssons fragendes Gesicht verwandelte sich langsam zu einer wütenden Fratze. »Was ist das für ein Unsinn. Sie haben versprochen, mir zu helfen.«
    Raskol studierte den langen, spitzen Fingernagel seiner rechten Hand. Dann nickte er ernsthaft, beugte sich über den Tisch und gab Ivarsson ein Zeichen, näher zu kommen. »Sie haben Recht«, flüsterte er. »Hier kommt die Hilfe. Lernen Sie, worauf es im Leben ankommt. Setzen Sie sich hin und sehen Sie Ihren Kindern zu. Es ist nicht leicht, Verlorenes wiederzufinden, aber es ist möglich.« Er gab dem Dezernatsleiter einen Klaps auf die Schulter, lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und nickte in Richtung des Schachbretts. »Sie sind am Zug, Herr Polizeiabteilungschef.«
     
    Ivarsson schäumte vor Wut, während er und Weber durch den Kulvert, den dreihundert Meter langen unterirdischen Korridor gingen, der das Polizeipräsidium mit dem Gefängnis verband.
    »Da hab ich einem vertraut, der doch das Lügen erfunden hat!«, fauchte Ivarsson. »Ich habe einem Scheißzigeuner geglaubt!« Das Echo ertönte zwischen den Wänden. Weber ging schnell, er wollte aus dem kalten, feuchten Tunnel heraus. Der Kulvert wurde benutzt, um Gefangene zum Verhör aus dem Gefängnis ins Präsidium zu bringen, und es kursierten zahlreiche Gerüchte über die wildesten Geschehnisse hier unten.
    Ivarsson zog die Anzugjacke enger um sich und hastete weiter. »Versprechen Sie mir eins, Weber. Sprechen Sie mit niemandem darüber, ja?«
    Er drehte sich mit hochgezogener Augenbraue zu Weber um. »Nun?«
    Die Antwort auf die Frage des Dezernatsleiter war ein klares »ja«, da sie in diesem Moment den Punkt im Kulvert erreichten, ab dem die Mauern orange gestrichen waren. Weber hörte ein leises »poff«. Ivarsson stöhnte erschreckt auf, sackte in einer Pfütze in die Knie und griff sich an die Brust.
    Weber wirbelte herum und suchte mit dem Blick den Tunnel ab. Niemand. Dann wandte er sich wieder Ivarsson zu und starrte entsetzt auf dessen rot gefärbte Hand.
    »Ich blute«, stöhnte er. »Ich sterbe.«
    Weber sah, wie die Augen fast aus dem Kopf des Dezernatsleiters quollen.
    »Was ist los?«, fragte Ivarsson mit Angst in der Stimme, als er Webers staunenden Gesichtsausdruck bemerkte.
    »Sie müssen in die Reinigung«, sagte Weber.
    Ivarsson blickte an sich selbst herab. Die rote Farbe hatte sich über seine gesamte Brust und teilweise auch auf der limonenfarbenen Jacke ausgebreitet.
    »Rote Tinte«, sagte Weber.
    Ivarsson holte die Reste des DnB-Stiftes heraus. Die mikroskopische Explosion hatte ihn in der Mitte zerplatzen lassen. Er blieb mit geschlossenen Augen knien, bis er wieder richtig atmen konnte. Dann richtete er seinen Blick auf Weber.
    »Wissen Sie, was Hitlers größte Sünde war?«, fragte er und streckte seine saubere Hand aus. Weber ergriff sie und zog ihn hoch. Ivarsson schielte in der Richtung, aus der sie gekommen waren, den Tunnel hinunter. »Dass er bei den Zigeunern nicht gründlichere Arbeit geleistet hat.«
    »Kein Wort darüber zu jemand anderem«, äffte Weber amüsiert nach. »Ivarsson ist direkt in die Garage gegangen und nach Hause gefahren. Die Tinte wird er noch mindestens drei Tage auf der Haut haben.«
    Harry schüttelte ungläubig den Kopf. »Und was habt ihr mit Raskol gemacht?«
    Weber zuckte mit den Schultern. »Ivarsson sagte, er würde schon dafür sorgen,

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