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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Exekutor‹ nennen.«
    »Also wieder die alten Geschichten«, sagte Harry und ging bei Rot über die Kreuzung, während Møller ihm zögernd folgte. »Die Journalisten bestimmen, was wir vordringlich behandeln müssen.«
    »Na ja, er hat immerhin einen Menschen auf dem Gewissen.«
    »Und Mordfälle, über die nicht mehr geschrieben wird, darf man zu den Akten legen.«
    »Nein!«, platzte Møller heraus. »Damit fangen wir jetzt nicht wieder an.«
    Harry zuckte mit den Schultern und stieg über einen Zeitungsständer, der vom Wind umgeweht worden war. Auf der Straße lag eine Zeitung, die sich selbst in rasendem Tempo durchblätterte.
    »Also, was willst du?«, fragte Harry.
    »Der Polizeipräsident denkt natürlich vor allem an das Prestigeträchtige dieser Sache. Ein einzelner Postraub wird vergessen, noch ehe die Sache abgeschlossen wird. Doch in diesem Fall stehen wir im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Und je mehr über Banküberfälle gesprochen wird, desto mehr wird die Neugier angestachelt. Martin Pedersen war ein ganz normaler Mann, der getan hat, wovon viele Menschen träumen. Ein moderner Jesse James auf der Flucht vor dem Gesetz. So etwas schafft Mythen, Heldenbilder, Identifikationen. Und damit neue Rekruten für andere Überfälle. Die Zahl der Banküberfälle schoss im ganzen Land in die Höhe, während die Presse über Martin Pedersen schrieb.«
    »Ihr habt Angst vor dem Nachahmungseffekt? O.K. Was hat das mit mir zu tun?«
    »Ivarsson ist, wie gesagt, tüchtig, das bezweifelt niemand. Er ist ein ordentlicher, traditioneller Polizist, der nie aus der Reihe tanzt. Aber der Exekutor ist kein traditioneller Bankräuber. Der Polizeipräsident ist unzufrieden mit den bisherigen Resultaten.« Møller nickte in Richtung Gefängnis. »Die Episode mit Raskol ist ihm zu Ohren gekommen.«
    »Hm.«
    »Ich war vor der Mittagspause im Büro des Polizeipräsidenten und dein Name wurde genannt. Sogar mehrmals.«
    »Ach du liebe Scheiße, sollte ich mich jetzt geehrt fühlen?«
    »Du bist auf jeden Fall ein Ermittler, der bereits mit unkonventionellen Methoden Erfolge erzielt hat.«
    Harry verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen. »Eine nette Umschreibung eines Kamikazepiloten …«
    »Kurz gesagt, die Devise lautet wie folgt, Harry. Leg alle anderen Sachen, an denen du arbeitest, beiseite, und sag Bescheid, wenn du mehr Leute brauchst. Ivarsson macht wie bisher mit seinem Team weiter. Aber du bist es, auf den wir bauen. Und noch was …« Møller stand jetzt dicht bei Harry. »Die Zügel werden gelockert. Wir sind bereit, etwas weitere Grenzen zu akzeptieren. Solange es nicht an die Öffentlichkeit gerät, natürlich.«
    »Hm. Ich verstehe. Und wenn es doch passiert?«
    »Wir stärken dir den Rücken, solange es möglich ist. Aber natürlich gibt es gewisse Grenzen.«
    Eimer drehte sich um, als die Glocke über der Tür klingelte, und zeigte mit einem Nicken des Kopfes auf sein kleines Kofferradio, das vor ihm stand: »Und ich dachte, Kandahar sei eine Skibindung. Ein Päckchen Camel?«
    Harry nickte. Eimer stellte das Radio leiser, und die Stimme des Nachrichtensprechers verschwand im Wirrwarr der Geräusche, die von draußen hereindrangen – von den Autos, dem Wind, der die Markise knattern ließ, und dem Laub, das über den Asphalt raschelte.
    »Und was möchte dein Kollege?« Eimer deutete zur Tür, wo Møller stand.
    »Einen Kamikazepiloten«, sagte Harry und öffnete das Päckchen.
    »Na dann.«
    »Aber er hat vergessen, nach dem Preis zu fragen«, sagte Harry und brauchte sich nicht umzusehen, um Møllers süßsaures Lächeln zu sehen.
    »Und was kosten Kamikazepiloten heutzutage?«, fragte der Kioskbesitzer und gab Harry das Wechselgeld zurück.
    »Wenn er überlebt, muss man ihn tun lassen, was er für richtig hält«, sagte Harry. »Das ist die einzige Bedingung, die er stellt. Und die einzige, die er akzeptiert.«
    »Hört sich vernünftig an«, sagte Eimer. »Einen schönen Tag noch, meine Herren.«
    Auf dem Weg zurück sagte Møller, dass er mit dem Polizeichef über die Möglichkeit sprechen wolle, Harry noch einmal drei Monate am Fall »Ellen« arbeiten zu lassen. Vorausgesetzt natürlich, der Exekutor wird gefasst. Harry nickte. Møller zögerte vor dem Rasenfläche nicht betreten-Schild.
    »Das ist der kürzeste Weg, Chef.«
    »Ja«, sagte Møller, »aber die Schuhe werden dreckig.«
    »Tu, was du willst«, sagte Harry und trat auf den Trampelpfad. »Meine sind schon dreckig.«
     
    Der Stau

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