Die Fahrt des Leviathan
ist und für deren Verlässlichkeit ich mich verbürge.«
Weaver, der sich gerade wieder gefasst hatte, verschluckte sich erneut. »Preußische Soldaten!«, keuchte er entsetzt. »Sie sind wahnsinnig, Mr. Levi! Wahnsinnig! Wollen Sie uns alle an den Galgen bringen? Warum schicken Sie unsere Pläne nicht gleich an Major Pfeyfer!«
Levi blickte den Verleger scharf an und schnarrte bedrohlich: »Mr. Weaver! Wenn Sie unterstellen wollen, dass sich unter diesen zwanzig Leuten ein Verräter befinden könnte, dann betrachte ich das als persönliche Beleidigung. Ich müsste Sie auf Säbel fordern.«
Beaulieu ahnte das Schlimmste. Als Mann des Südens war er keinesfalls ein Gegner von Duellen; verletzte Ehre durch das Vergießen von Blut wiederherzustellen, war seinem Empfinden nach das gute Recht eines jeden Gentleman. Doch hier ging es um Größeres.
Zu seiner Erleichterung musste er nicht schlichtend eingreifen, denn der Verleger, aus dessen aufgequollenem Antlitz innerhalb einer Sekunde das Rot verschwand und einem käsigen Weiß wich, machte eilig einen Rückzieher. Er versicherte, nichts dergleichen unterstellen zu wollen.
Nun aber war es Beaulieu , der sich zu Wort meldete. »Wieso können Sie sich der Zuverlässigkeit dieser Soldaten so sicher sein, Mr. Levi?«, verlangte er zu wissen.
»Weil sie ebenso wie ich sind, jeder auf seine Weise«, antwortete der Leutnant. »Jeder von ihnen hat der Armee mit ganzer Hingabe gedient, und keinem wurde es gelohnt. Sie wurden zurückgesetzt, übergangen oder unwürdig behandelt. Erlittene Ungerechtigkeit kann in einem Menschen vieles bewirken. Bei diesen dort sorgte sie dafür, dass sich Treue in Hass verwandelte. Sie fühlen sich Preußen nicht mehr verpflichtet und haben nichts zu verlieren. Sie suchen Vergeltung für das, was sie ertragen mussten.«
»Nun gut, Sie mögen recht haben. Aber wieso brauchen wir diese Männer überhaupt? Uns stehen doch, wie Mr. Weaver auch deutlich machte, mehr als genug andere Freiwillige zur Verfügung.«
Levi schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Nicht für die Aufgabe, die ich diesen zwanzig in meinem Plan zudenke. Mit ihnen werde ich persönlich die Festnahme des Kronprinzen durchführen, das wichtigste Element unseres Plans. Hierfür benötige ich Männer, von denen ich sicher sein kann, dass sie jeden Befehl unverzüglich und exakt ausführen, gleich unter welchen Umständen. Nur auf diese Leute kann ich mich hundertprozentig verlassen. Denn ich weiß präzise, wie ihre vom Militär geformten Seelen funktionieren.«
Sorgfältig ließ Beaulieu sich die Worte des Leutnants durch den Kopf gehen und strich sich dabei über die gewachsten Bartspitzen. Schließlich hieß er das Vorgehen gut, und gezwungenermaßen schloss sich auch der Verleger diesem Urteil an.
»Mr. Weaver! Sir!«, rief plötzlich jemand.
Ein mittelgroßer Mann mit wehendem dunklem Haar, dem die Freude über das gerade erhaltene Lorenz-Gewehr ins Gesicht geschrieben stand, kam herbeigelaufen. »Ah, Mr. Weaver, wie schön, Sie zu –«
»Sie da! Halt und stillgestanden!«, fuhr Levi ihn so barsch an, dass der Mann augenblicklich erstarrte. »Sie haben Order, sich nach Empfang des Gewehrs sofort zum Schießplatz zu begeben. Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen stattdessen Anweisung erteilt zu haben, lauthals grölend umherzurennen wie ein Irrer.«
»Ich – ich bitte um Verzeihung, Sir«, stammelte der derart Zurechtgewiesene verunsichert.
»Solche Disziplinlosigkeit will ich nicht noch einmal sehen. Kehrt marsch!«, befahl der Leutnant mit einer Strenge, die nicht einmal den Gedanken an Widerspruch gestattete. Der blass gewordene Mann schulterte schnell und sehr ungeschickt das Gewehr, wandte sich um und entfernte sich im Laufschritt.
»Sie sollten nicht so mit ihm umspringen, Mr. Levi«, meinte Weaver missbilligend. »Das ist Cedric Socrates Thompson, der bekannte Theaterschauspieler.«
Der Leutnant sah dem Verleger direkt in die Augen und ließ schon allein durch seinen Blick erkennen, dass er keine Kritik gelten ließ. »Solange er hier ist, hat er einzig die Rolle zu spielen, die ich ihm diktiere. Dies ist meine Bühne, Sir«, machte er seinem Besucher unmissverständlich klar. Dass er Weaver damit ein weiteres Mal vor den Kopf gestoßen hatte, schien ihn nicht zu bekümmern.
Beaulieu bemerkte die anwachsende Spannung zwischen den beiden Männern und versuchte die Lage zu entschärfen, indem er das Thema wechselte und auf die Vorbereitungen in Savannah zu
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