Die Fahrt des Leviathan
seiner Stimme verriet, wie sehr ihn die rasende Fahrt beunruhigte. »Trösten Sie sich damit, dass er wie fast alle im Hafen ein Nigger sein dürfte«, riet er dem erbosten Verleger. »Bald wird er wie alle Darkeys hier ein verflucht böses Erwachen haben. Dann bekommt auch er, was ihm zusteht.«
Diese Aussicht beschwichtigte Weaver ein wenig. Etwas sachter lenkte er den Phaeton um die nächste Abzweigung und gestattete den Rappen eine langsamere Gangart.
Am Ende einer schnurgeraden Allee, die von ausladenden Magnolien gesäumt war, passierten sie ein Tor mit hohen, vasengekrönten Steinpfeilern und erreichten die breite Auffahrt vor dem Herrenhaus von Mathildenruh. Das Fuhrwerk mit den Kisten war bereits geraume Zeit vor ihnen eingetroffen; unter Levis Aufsicht wurden gerade die Gewehre an die angetretenen Freiwilligen ausgeteilt.
Weaver brachte den Phaeton zum Stehen und wuchtete sich schwerfällig vom Kutschbock hinab, während Beaulieu bereits abgestiegen war und das Geschehen in Augenschein nahm. Alles war offensichtlich exzellent organisiert. Er kam nicht umhin, die ordnende Hand des abtrünnigen preußischen Leutnants zu bewundern.
Levi hatte derweil die Verteilung der Gewehre einem Untergebenen übertragen, begab sich zu seinen Besuchern und hieß sie willkommen. Falls ihn das um zwei Tage vorgezogene unangekündigte Eintreffen der Gewehre kurzzeitig aus dem Konzept gebracht haben sollte, war davon schon nichts mehr zu bemerken. Vielmehr verdeutlichten sein sicheres Auftreten und die präzise Art, mit der er über die bisherigen Fortschritte berichtete, dass er alles im Griff hatte und auch plötzlich notwendige Improvisationen zu meistern verstand.
»Dass Sie kommen konnten, Gentlemen, nehme ich als gutes Zeichen«, sagte Levi. »Die Nachricht, die Sie mir zusammen mit den Gewehren geschickt haben, klang höchst alarmierend. Aber ich nehme an, dass der etwas überstürzte Abtransport der Waffen seinen Zweck erfüllt hat.«
»Das hat er, Mr. Levi«, bestätigte Beaulieu . »Der Major ist mit seiner groß aufgezogenen Durchsuchung ins Leere gelaufen und hat sich durch diese Blamage den Unmut seiner Vorgesetzten zugezogen, wie ich gerüchteweise vernahm.«
Ein hämisches Grinsen umspielte kurz den Mund des Leutnants. »Er hat es verdient, einmal am eigenen Leibe zu erfahren, wie sich eine Demütigung anfühlt. Aber reden wir von Wichtigerem. Ich muss sagen, Mr. Weaver« – er wandte sich dem Verleger zu –, »dass ich mit den Leuten, die Sie mir geschickt haben, äußerst zufrieden bin. Dass Sie innerhalb so kurzer Zeit genügend Männer auftun konnten, ist bemerkenswert.«
Weaver machte eine abwehrende Handbewegung. »Ha! Ich hätte mit Leichtigkeit viermal so viele Freiwillige zusammentrommeln können. Es geht um die Freiheit South Carolinas, da weiß jeder aufrechte NeitherNor, was seine Pflicht ist. Allerdings …«
»Stimmt etwas nicht, Sir?«, erkundigte sich Levi, als der Verleger plötzlich stutzte.
Weaver zog befremdet die Augenbrauen zusammen und deutete auf die lange Reihe von Freiwilligen, die angetreten waren, um ihre Gewehre entgegenzunehmen. »Ich bemerke einige unbekannte Gesichter«, meinte er argwöhnisch. »Jeden der Männer, die ich für diese Truppe angeworben habe, kenne ich persönlich. Dort aber befinden sich einige, die ich unter Garantie noch nie zuvor gesehen habe. Wer sind diese Leute?«
»Sie haben eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe«, bescheinigte Levi ihm. »Diese Angehörigen unserer Truppe habe nämlich ich ausgewählt.«
»Ohne jede Rücksprache mit mir? Das ist unerhört und impertinent!«, empörte Weaver sich; sein fleischiges Gesicht verfärbe sich rot und er war so aufgebracht, dass er sich verschluckte und husten musste.
»Mit Verlaub, Sir. Ich hatte angekündigt, zwanzig unserer Kämpfer ganz allein und nach meinen eigenen Maßgaben auszusuchen. Es war nie die Rede davon, Rücksprache mit Ihnen halten zu müssen«, entgegnete der Leutnant unbeeindruckt.
Der immer noch hustende Weaver war nicht in der Lage, rasch etwas zu erwidern. Dafür gab Beaulieu , der besonnener geblieben war, skeptisch zu bedenken: »Sie mögen im Recht sein. Aber woher sollen wir wissen, dass wir diesen uns völlig fremden Männern trauen können?«
»Sie mögen Ihnen fremd sein, Sir«, hielt Levi dem entgegen. »Ich hingegen kenne sie alle sehr gut. Es handelt sich allesamt um preußische Soldaten, Sergeanten und Korporale, von denen mir jeder einzelne persönlich bekannt
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