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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Dieser verfluchte Angelino, der mit dem Leopardenmantel, hat sie in Schwung gebracht – und nun will sie eben weiterschwingen. Verdammt! Sieh dir das an! Wie sie das Bein in die Luft reckt!« Er zog den Schirm seiner weißen Sonnenkappe tiefer in die Stirn und suchte in seiner Hosentasche nach Zigaretten. »Wieso regt dich so etwas nicht auf?! Bist du vor lauter Verantwortung impotent geworden?«
    Losskow antwortete nicht. Nach einer Weile fragte er: »Was ist eigentlich aus Anita geworden?«
    Troskys Miene versteinerte. »Sie ist gestorben.«
    »Wann?«
    »Einen Tag vor unserer Abfahrt!«
    »Warum hast du nichts gesagt?«
    »Hättest du den Start verschoben?«
    »Das wäre nicht möglich gewesen.«
    »Also, was soll's! Warum darüber reden?«
    »Bist du noch einmal bei ihr gewesen?«
    »Drei Tage vorher. Ja. Da sagte mir der Arzt, daß es unwiderruflich zu Ende geht. Sie war bei vollem Bewußtsein. Lächelte mich an. Ein Engel aus der Gosse! Ich werde das nie vergessen. ›Ich habe gestern von deiner Moldau geträumt‹, sagte sie. Es fiel ihr schwer, sie war so ausgelaugt, so schwach, daß sie kaum sprechen konnte. ›Sie ist wunderbar. Ich habe alles gesehen, wovon du mir erzählt hast. Ich freue mich, daß wir bald hinfahren …‹ Es war zum Heulen, Peer!« Trosky preßte die Kiefer fest zusammen. »Das Begräbnis habe ich bezahlt«, sagte er nach einer Weile. »Ich habe dem Stationsarzt das Geld gegeben, damit er dafür sorgt. Sie soll 1. Klasse begraben werden, in einem schönen Eichensarg mit Bronzekreuz und vielen Blumen und Kränzen, auch wenn keiner hinter diesem Sarg hergehen wird. Vielleicht der Wurstbuden-Pächter und seine Frau. Aber dann müßten sie einen halben Tag zumachen, und das kostet Geld. Ich glaube nicht, daß außer dem Pfarrer jemand erschienen ist. Aber der Pfarrer, der mußte. Den habe ich auch vorher bezahlt, dafür mußten sie von einem Tonband den ersten Satz der ›Moldau‹ von Dvorak spielen, den ganzen ersten Satz! Im Leben hat sie nichts gehabt als ihre verfluchten Tabletten. Aber im Tode ist sie behandelt worden wie eine geachtete Frau. Dafür habe ich gesorgt!« Er steckte sich die Zigarette an, warf die leere Packung über Bord und nickte zu der nackten Lucrezia hinüber. »Dieses herrliche Miststück regt mich auf, Peer! Sie kann sich nicht darauf berufen, daß wir schon in der Rettungsinsel nackt und Haut an Haut gelebt haben. Das war eine andere Situation! Da habe ich sie nicht gesehen – verstehst du? Da war sie ein Neutrum! Aber jetzt liegt sie seit drei Tagen vor mir, und es juckt mir unter der Kopfhaut, und nicht nur da! Jetzt sehe ich sie! Und das Luder spürt das genau! Wo gehen wir das nächstemal an Land?«
    »In Santa Cruz auf Teneriffa.«
    »Wirf sie dann raus und bezahl ihr den Rückflug!«
    »Das käme einer Kapitulation gleich. Besser ist es, wir lernen, uns selbst zu bezwingen.«
    »In Ewigkeit, Amen!«
    Auf dem Brückendeck wälzte sich Lucrezia auf den Bauch und sah zu ihnen hinüber. Ihr langes schwarzes Haar lag über ihr wie ein zerfledderter Mantel. Bis zu den Rundungen des Gesäßes reichte es.
    »Redet lauter!« rief sie. »Ich will mithören! Muß ja schrecklich interessant sein, was ihr da besprecht.«
    »Ist es auch!« sagte Trosky eindringlich mit seiner dunklen Stimme.
    »Kann ich mich beteiligen?«
    »Kaum! Es geht um eine Dressur. Es muß etwas gebändigt werden …«
    Beim Abendessen saß Lucrezia mit entblößtem Oberkörper am Tisch und schlürfte aus einem Plastikhalm Orangensaft. Trosky starrte sie mit verfinsterter Miene an und sagte dann: »Morgen komm' ich mit nacktem Hintern zum Essen. Das scheint hier den Tischsitten zu entsprechen!«
    »Mir ist heiß!« Lucrezia hatte die Begabung, ein Gesicht wie ein erschrockenes Schulmädchen zu machen. Große Augen voller Unschuld. »Ich bin mit Sonne aufgeladen.«
    »Ich werde mich daran erinnern, wenn ich friere!« knurrte Trosky. »Dann zapfe ich dich an.«
    »Es wird Streit geben!« sagte Helena später, als sie im Salon saßen. Mr. Plump lag noch oben in der Plicht im lauen Abendwind, der mit der Dunkelheit gekommen war. Am Treibanker lief die Helu mit Fock und Genua II gemächlich nach Süden. Die Lampen schimmerten im violetten Meer: rot Backbord, grün Steuerbord, am Mast noch ein weißer Scheinwerfer, wie ein winziger Leuchtturm. Hier fühlte sich Mr. Plump wohl. Er war zu einem richtigen Seemann geworden, nachdem er im Biskayasturm gelernt hatte, wie er auf seinen vier Beinen mittels

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