Die Fahrt nach Feuerland
hatte. Es zeigte Lucrezia in bezaubernder Nacktheit, auf dem Wulst der Gummiinsel sitzend und winkend.
»Ich werde sofort zum Hauptquartier berichten!« sagte der Hauptmann, nachdem er das Foto eingehend betrachtet hatte. »Das ist wirklich ein äußerst dringender und wichtiger Fall!«
Der Polizeichef von Tarrafal entfaltete eine für diese Stadt ungewöhnliche, ja noch niemals praktizierte Aktivität. Er war sichtlich stolz, endlich außer alltäglichen Gaunereien, Schlägereien in den Wirtschaften und Betrug beim Wiegen der Waren einen richtigen großen Fall in den Händen zu haben. So gebärdete er sich denn auch wie ein Kriminalkommissar im Film, verhörte alles, was in Hafennähe wohnte oder am Hafen arbeitete, und ließ alle Leute, mit denen die beiden Frauen beim Einkaufen in Berührung gekommen sein konnten, im Polizeigebäude aufmarschieren. So erfuhr man von den Supermarktbesitzern, daß sie die Yacht hatten wegsegeln sehen. Ein Arbeiter hatte von weitem beobachtet, daß tatsächlich zwei Frauen allein die Segel gesetzt hatten. Die einzigen, die alles mitbekommen haben mußten, waren drei halb verwilderte Hunde, die am Kai herumstrolchten, aber die konnte man nicht befragen. Den Lehrjungen des Supermarktes verhörte man nicht; an ihn dachte in der Aufregung keiner.
»Es bleibt ein Rätsel«, sagte Trosky, als man alle verhört hatte. »Was will man mit dem Boot? Wohin damit? Es ist so auffällig, daß es in jedem Hafen sofort erkannt wird. Man klaut doch kein Segelboot, um es zu verstecken und verrotten zu lassen.«
»Eins ist sicher«, sagte der Hauptmann selbstbewußt. »Jetzt, wo Alarm gegeben worden ist, können sie von den Kapverdischen Inseln nicht wieder weg! Man wird sie sehen!«
»Und wie lange werden Sie suchen?« fragte Losskow besorgt.
»Bis wir sie haben!« sagte der Hauptmann stolz.
»Die Banditen werden genauso denken und auf Zeit spielen. Denn in längstens einer Woche überlaßt ihr die Suche wahrscheinlich dem Zufall.« Trosky sah Peter kurz an und wandte sich ab. Losskows Verzweiflung griff selbst ihm ans Herz. »Willst du nach Hamburg melden, daß alles vorbei ist?«
»Nein. Noch nicht. Ich gebe die Hoffnung nicht auf.«
Am Abend wußten sie mit Sicherheit, daß der erste Tag verloren war. Die planmäßige Suche rund um Santiago mit Polizeibooten aus Praia und zwei Hubschraubern des Militärs wurde bei Dunkelheit abgebrochen. Nur zwei Polizeiboote kreuzten zwischen Santiago und Fogo und Santiago und Maio, den unmittelbar benachbarten Inseln, um jedes Schiff, das nachts auf See angetroffen wurde, zu kontrollieren. Aber das war eher ein Beweis des guten Willens als eine wirksame Kontrolle. Denn mit nur zwei Booten das ganze Inselgebiet zu überwachen, war nahezu unmöglich.
Im Polizeigebäude von Tarrafal hielt der Polizeichef eine Art Generalstabsbesprechung ab. Attraktiv hatte er eine große Karte an die Wand geheftet und mit Buntstiften die Gebiete umrandet, die man zu Wasser und aus der Luft bereits kontrolliert hatte. Trosky betrachtete die Karte mit schiefem Mund. Losskow rauchte nervös eine Zigarette nach der anderen und trank den höllischen Zuckerschnaps, den man ihm hinstellte. Es war abzusehen, wann er vom Stuhl fallen würde.
»Diese Küste ist felsig und voller Höhlen!« sagte der Polizeichef mit Pathos. Er war in seine große Aufgabe hineingewachsen und zeigte Anzeichen von Feldherrnwürde. »Aber für ein Versteck eignet sie sich nicht. Die Brandung ist groß, die Unterströmungen sind unberechenbar, bei Flut haut das Meer gewaltig in die Höhlen. Da kann sich nur einer verstecken, der ein Künstler im Bootfahren ist. Sind die Damen das?«
Der Hauptmann aus der Hauptstadt dolmetschte. Peter von Losskow schüttelte den Kopf.
»Nein!«
»Aha!«
»Sie verstehen etwas vom Segeln, natürlich. Wir haben lange trainiert, aber vor allem für den Ernstfall. Für eine Havarie. Aber so extreme Küstenverhältnisse – durch schmale Durchlässe in Höhlen segeln –, das würde selbst mir Schwierigkeiten machen.«
»Also sind sie irgendwo in einer Bucht!« rief der Polizeichef triumphierend.
»Vorausgesetzt, daß die Banditen, die das Boot gekapert haben, nicht selbst vorzügliche Seeleute sind.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Wer klaut solch ein Boot, wenn er keine Ahnung hat?«
»Aha! Ich weiß, worauf Sie anspielen!« schrie der Polizeichef. »Einer unserer Fischer soll der Dieb sein!«
»Es können auch zwei oder drei sein.«
»Hier leben nur ehrliche,
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