Die Fahrt Zu Den Sternen
auf einem trockeneren Fleck in ihrer Nähe zu landen. Aber sie konnten sich nicht einigen, auf welchem.
Jeder noch so winzige Hügel, der nicht unter Wasser steht, ist nämlich viel zu vollgestopft mit Vieh und Flüchtlingen, als daß wir da landen könnten.«
»Oh. Nun, das ist ihre Entscheidung, schätze ich«, bemerkte Calum. »Sofern sie nicht zu lange dafür brauchen…«
Angesichts der erstaunlichen Neuigkeiten, die er von Rafiks Vid erfahren hatte, vermochte er sich für die logistischen Probleme der Siedler nicht allzu sehr zu interessieren. »Wie dem auch sei, ich muß dir unbedingt etwas erzählen. – Acorna, wir brauchen nicht mehr weiterzufliegen. Es ist nicht mehr nötig, mein Programm auszuprobieren, um deine Heimatwelt zu finden.«
Der freudige Unterton in Calums Stimme ließ Acorna verblüfft aufhorchen.
»Wovon redest du eigentlich?« So hatte sie Calum noch nie erlebt. Seine Augen strahlten geradezu vor Begeisterung, und sein blondes Haar stand ihm in einem unordentlich zerzausten Wust teils senkrecht vom Kopf ab.
»Ich habe eine Nachricht von der Uhuru empfangen. Rafik kommt hierher.«
»Rafik?« Fassungslos starrte sie Calum an, die Zeit schien schlagartig zähflüssig geworden zu sein. Sie fühlte sich wie gelähmt, war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, kam sich begriffsstutzig und töricht vor. Irgend etwas sehr Bedeutsames kündigte sich an oder war schon geschehen; was von beidem, vermochte sie nicht zu sagen. Deutlich aber spürte sie, daß es dabei nicht um Rafik ging; auf irgendeine Weise betraf es vor allem sie selbst. Um dieses eigentlich Wichtige, das zu sagen Calum auf der Seele brannte, das sie aber noch nicht zu hören bereit war, noch ein wenig hinauszuzögern, lenkte sie das Gespräch auf belanglose Nebensächlichkeiten:
»Aber er war doch weder auf Maganos noch auf Laboue.
Woher weiß er denn, daß wir hier sind?«
»Er war auf Maganos, als unser Funkspruch dort ankam. Und du wirst nie erraten, warum!«
Acorna dachte sich im stillen, daß sie das auch gar nicht erraten wollte.
»Weiß er, daß bei uns inzwischen alles wieder in Ordnung ist?« fragte sie statt dessen. Calum hatte eine zweite Botschaft nach Maganos abgeschickt, nachdem sie sich über die Lage an Bord der Haven sicher gewesen waren, aber vielleicht war Rafik ja schon nach Rushima aufgebrochen, bevor ihn dieser Rafferspruch erreicht hatte. Warum sollte er sonst herkommen?
»Ich denke schon.« Mit einer Hand strich sich Calum nachdenklich über den Kopf; für einen flüchtigen Moment lag sein kurzes gelbes Haar flach wie eine Strohgarbe, die ein starker Wind zu Boden gedrückt hatte, dann aber richtete es sich wieder auf, um ihm bebend vor Erregung erneut vom Kopf abzustehen. »Will sagen, das muß er wohl; ich nehme nämlich an, daß doch nur unsere zweite Nachricht durchgekommen ist. Die erste ist wohl tatsächlich verlorengegangen, als ich die Komanlage so überstürzt abgeschaltet habe. Aber es gibt noch mehr Neuigkeiten.
Acorna, er kommt nicht allein. Wie ich eben schon sagte, wir brauchen nicht mehr nach deiner Heimatwelt zu suchen.«
Das war das allererste gewesen, was er gesagt hatte, und sie hatte auch auf Anhieb gewußt, was es bedeuten mußte. Aber sie hatte sich dieser Deutung zunächst verweigert, hatte sich gegen sie gesperrt, um sich gegen die Tragweite des Ereignisses wappnen zu können, hatte mit all ihren Fragen über Rafik versucht, Calum davon abzuhalten, das Unglaubliche auszusprechen. Aber nun ließ es sich nicht mehr länger hinauszögern.
»Sie haben uns gefunden«, kam es ihr stockend über die Lippen, und schon im nächsten Augenblick bedauerte sie, die Worte ausgesprochen zu haben. Schlagartig wich das halbe triumphierende Strahlen aus Calums Gesicht.
»Richtig – das wollte ich dir sagen. Woher hast du das gewußt?«
»Bloß geraten. Warum sollte Rafik sonst hier haltmachen?«
Acorna überkam plötzlich das Gefühl, als müßte sie sich mit bloßen Hufen einen Weg über einen trügerischen Sumpfboden hinweg ertasten, der sich jeden Augenblick unter ihr aufzutun drohte, um sie zu verschlingen. »Also… sie kommen mich holen?«
Calum bestätigte ihre Vermutung.
»Mit Rafik?«
»Sie haben natürlich ihr eigenes Raumschiff. Sie meinen, es sei schneller; Rafik ist sich da zwar nicht so sicher, aber er wollte trotzdem sichergehen, daß du es erfährst, bevor sie Rushima erreicht haben. Er dachte, daß es womöglich ein zu großer Schock für dich sein könnte, wenn
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