Die Fahrt Zu Den Sternen
»Deshalb wurde ich ausgewählt, Ihnen den Standpunkt der Opposition darzulegen. Die Palomellaner und anderen Neuankömmlinge sind im Rat unterrepräsentiert – «
»Das wird sich mit der Zeit ändern«, fiel ihm Gerezan ruhig ins Wort. »Sie haben die gleichen Stimmrechte wie jeder andere Sternenfahrer.«
»Ein paar von uns«, konterte Sengrat, »glauben nicht, daß wir noch länger warten sollten. Manche Leute sehen keinerlei Sinn in einem Versuch, ihre Vorhaben über den Rat durchzusetzen.
Denn wer auch immer dort hineingewählt wird, es bleiben doch stets Sie drei Sprecher, die den Rat beherrschen, und Nueva hatte recht – Ihr Verstand steckt in der Vergangenheit fest. Ich hingegen habe eine Zukunft vor Augen, in der die Sternenfahrer wahrhaftig frei sind, in der wir nicht länger die Föderation um Gefälligkeiten anbetteln müssen, sondern uns im Raum ausbreiten und keinen planetaren Bürokraten Rechenschaft schuldig sind. Wenn Sie weise wären, Sie drei, würden Sie sich mir anschließen. Es ist höchste Zeit, daß sich hier etwas verändert.«
»Es ist immer eine solche Freude, mit Ihnen zu plaudern und Ihre Ansichten zu hören, Sengrat«, sagte Illart. »Sind Sie sicher, daß Sie nicht noch auf einen Kava bleiben können? Es ist eine neue Sorte, mit Empfehlungen der Genforscher von Sonne-Hinter-Den-Wolken. Sie glauben, daß wir aus dieser Züchtung tatsächlich genug Ertrag gewinnen könnten, um den bordeigenen Anbau unseres eigenen Kavas zu rechtfertigen.
Natürlich verstehen sie nichts vom Dunkelrösten, daher fürchte ich, daß er nicht ganz so stark ist, wie Sie ihn mögen. Aber er besitzt ein nussiges Aroma, fast wie Haselnüsse, das ich persönlich recht anregend finde.«
Sengrats im Hinausgehen gefluchte Erwiderung über Banalitäten und Firlefanz ging im Knattern des bordeigenen Komsystems unter. Sengrat hatte nicht völlig unrecht, sinnierte Markel, als er sich in seiner Röhre ausstreckte und wieder nach den Ohrhörerstöpseln griff. Wie viel zu viele andere Systeme auf der Haven mußten auch die Komlautsprecher dringend überholt und aufgerüstet werden. Die Sternenfahrer mochten zwar über die wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse verfügen, um ganze planetare Systeme zu übernehmen und sich in die Datenbanken interstellarer Konzerne hacken zu können. Aber ihre eigene Ausrüstung wurde nur noch von Isolierband und Gebeten zusammengehalten. Der Lautsprecher in Illarts Quartier war dermaßen schadhaft, daß sein Rauschen ganze Wörter und Sätze verschluckte. Das einzige, was Markel verstehen konnte, war: »Kava-Lieferung… Nachricht…
Xong… anschließen…«
Na, großartig, dachte er. Noch ein politischer Flüchtling, der mit den Kavabohnen einen Hilfeschrei rausgeschmuggelt hat.
Das fehlt uns noch, noch jemanden auf der überfüllten Haven.
Oder womöglich vierzehn oder fünfzehn Leute mehr, sinnierte er trübsinnig. Diese Kieaaneser hatten große Familien.
Er hatte gerade den einen Ohrhörerstöpsel eingesetzt, als der freudige Aufschrei seines Vaters fast sein anderes Trommelfell zerriß: »Xong wer?«
»Nicht Whea«, knatterte die Stimme im Lautsprecher, »Hoa.
Ngaen Xong Hoa.«
Gerezan und Andrezhuria brachen in aufgeregtes Geplapper aus, bis Illart ihnen zu schweigen bedeutete. Wer auch immer dieser Ngaen Xong Hoa sein mochte, sie schienen zu glauben, daß er seinen Platz auf der Haven wert sein würde. Markel legte die Vidanlage wieder beiseite und schlängelte sich aus seiner Liegeröhre heraus. Jetzt konnte er genausogut erst mal herausfinden, worum es bei dem ganzen Aufstand ging. Sein Vid würde er später in einen der Wartungstunnel mitnehmen und es dort in Ruhe und Frieden genießen. Der Wunsch nach Privatsphäre hatte Markel schon vor langer Zeit motiviert, sämtliche Ecken und Winkel der Haven auszuforschen. Er kannte jeden vermeintlich nicht nutzbaren Raum, aus dem man veraltete Ausrüstung herausgerissen und als Schrott verkauft hatte, ebenso wie das gesamte System der engen Ventilationsschächte und der als Zugang zu den technischen Anlagen des Schiffs vorgesehenen Kriechräume.
Die drei Sprecher grinsten und umarmten einander, als Markel den Sitzbereich betrat.
»Zu schade, daß Sengrat nicht ein bißchen länger geblieben ist«, feixte Andrezhuria fröhlich. »Dann hätte er die Neuigkeit vor allen anderen erfahren können!« Mit ihrem vor Aufregung geröteten Gesicht, das von lockigen, aus ihren strengen Zöpfen herausquellenden Strähnen ihres
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