Die Fahrt Zu Den Sternen
entbehrt werden konnte… genug Decken und warme Kleidung für jeden. Er fragte sich, ob einer von Nuevas Hauptleuten in das Quartier seiner Familie eingezogen war oder ob er den Versuch wagen und sich dorthin zurückschleichen sollte, um ein paar seiner Kleider zu holen…
Nein, nicht seine eigenen Kleider, das mochte ihren Verdacht wecken. Illarts. Sie wußten, daß sein Vater tot war – jeder wußte das, hatte gesehen…
Markel kämpfte lautlos gegen den Traum vom Weltraum an, von der Kälte, dem Gleißen ferner Sonnen und dem Druck seines eigenen Blutes, wie es nach außen barst. Abermals schreckte er aus seinem Schlaf auf und spürte, wie das Herz rasend in seiner Brust pochte. Es war alles so schnell passiert, fast so schnell wie die Alpträume, die ihn umfingen, wann immer er zu schlafen versuchte.
Noch vor nur drei, nein, fünf Schichten war er in der Sicherheit seines eigenen Quartiers gewesen, und das Einzige, was ihm an der Auseinandersetzung zwischen Illart und Sengrat Sorgen bereitet hatte, war das Bewußtsein gewesen, daß Ximena sich auf die Seite ihres Vaters schlagen würde.
Jetzt wird sie mich nie mehr eines Blickes würdigen, hatte er gedacht – als ob sie je zuvor von ihm Notiz genommen hätte!
Aber damals war er noch ein Kind gewesen. Vor fünf Schichten. Oder waren es sechs? Es schien schrecklich wichtig zu sein, sich daran zu erinnern.
Jemand mußte die Erinnerung daran bewahren. Jemand mußte die Wahrheit sagen, den Lügen entgegenwirken können, die sie zu verbreiten gedachten, über… über jene, die nicht mehr selbst für sich sprechen konnten. Jene, denen es nie wieder warm sein würde.
Das Quartier, das Markel mit seinem Vater geteilt hatte, war nach den Maßstäben der Haven geradezu geräumig, ganz wie es Illarts Rang als einem der drei Sprecher des Rates geziemte.
Natürlich gab es getrennte Schlafkojen für sie beide, mit jeweils eigenen, geschickt konstruierten Stauräumen für ihren persönlichen Besitz; jeder Bürger unter den Sternenfahrern hatte Anspruch auf zumindest so viel Platz, und jedem arbeitenden Bürger oder jedem Elternteil, das kleine Kinder aufzog, wurde darüber hinaus eine private Sitzecke und eine Schreibtischkonsole zugestanden.
Aber niemand anderer, den Markel kannte, nicht einmal die Dritte Sprecherin Andrezhuria, verfügte über so viel Platz in seiner Kajüte, daß sich alle drei Sprecher hätten gleichzeitig niedersetzen können, ohne sich irgendwie beengt vorzukommen. Wo anders, außer in einem öffentlichen Saal, konnte eine Person sich eines solchen Luxus erfreuen? Markel hatte die ironischen Kommentare seines Vaters darüber, wie sein Rang im Rat als Erster Sprecher ihm fast genug Raum verschaffte, um eine Katze zu schwingen, nie verstehen können. Aber andererseits stammte sein einziges Wissen über Katzen aus den Vids, die er mit seiner persönlichen Konsole abrufen konnte, und er hatte nie herausgefunden, warum irgend jemand eine davon schwingen wollen sollte.
Die Generation der Alten steckte voller seltsamer Redewendungen wie dieser, sie beharrten beispielsweise hartnäckig darauf, einen Zeitraum von zweieinhalb Schichten als »Tag« zu bezeichnen. Ximena meinte, daß es besser wäre, den alten Leuten einfach ihren Willen zu lassen und ihnen keine Erklärungen für all ihre wunderlichen Alte-Leute-Redeweisen abzuverlangen.
Wie auch immer, es war nicht die Gegenwart der anderen zwei Sprecher gewesen, die den Sitzbereich so überfüllt wirken ließ, daß Markel sich mit seiner persönlichen Datenkonsole in seine Schlafröhre zurückgezogen hatte; es war Sengrat. Ehrlich, dachte Markel, es war ganz allein Sengrats aufgeplustertes Ego gewesen, das den gesamten Raum auszufüllen und allen Sauerstoff aufzubrauchen schien. Der Mann hatte eine Stimme wie ein Reibeisen, das an einem Metallblech entlangschabte; sobald man einmal zuließ, daß sie einem auf die Nerven ging, schaffte sie es, sich sogar durch Ohrhörerstöpsel zu sägen und einem jegliches Vergnügen an einem guten, klassischen Musik-Vid zu ruinieren. Markel blinzelte zweimal, um das Vid anzuhalten. Es hatte keinen Sinn, sich die Freude an der archaischen Musik durch seine Irritation über Sengrat verderben zu lassen. Er würde einfach warten, bis die Besucher wieder gingen.
Ständig lamentierte Sengrat über irgend etwas; es hatte ganz den Anschein, als ob er nie auch nur mit einer einzigen Ratsentscheidung einverstanden wäre. Fast noch schlimmer war aber, hatte IIlart zu Markel
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