Die Fahrt Zu Den Sternen
in den Weg gelegt wurden, und vor allem die Furcht der Kinder, denen man seit ihrer Ankunft auf Kezdet eingebleut hatte, vor allen Fremden wegzulaufen – selbst vor wohlmeinenden. Da die Fabrikbesitzer nicht zugaben, Kinder zu beschäftigen, und die Kinder selber geschult worden waren, sich gut zu verstecken, wie sollte man sie da finden und befreien können?
Sobald klargestellt war, daß Calum, Gill und Rafik seinem Freund kein Leid angetan, sondern im Bemühen, ihren eigenen Verfolgern zu entkommen, lediglich mit einem havarierten und verlassenen Raumschiff die Kennung getauscht hatten, rekrutierte Li sie als Verbündete und bot ihnen an, Acorna als sein Mündel zu adoptieren. Da die drei erkannten, daß das Kind, das sie bis dahin aufgezogen hatten, jetzt soweit herangereift war, daß sie ein festes Zuhause und Unterweisung in der Art der »normalen« Zivilisation benötigte, erklärten sich die Bergleute einverstanden, Herrn Li bei seinem Projekt zu helfen. Aber als Acorna vom Leid der versklavten Kinder Kezdets erfuhr, löste sie eine Krise aus, die sämtliche von Delszaki Lis langfristig angelegten und wohldurchdachten Pläne kurzerhand über den Haufen warf. Außerstande, einfach abzuwarten und untätig die Hände in den Schoß zu legen, während sie doch überall Beispiele himmelschreiender Not vor sich sah, verstrickte sie sich in eine Reihe von Unternehmungen, die das zornerfüllte Augenmerk von Kezdets herrschender Klasse auf sich zogen – sie rettete ein Kind aus einem Bordell, bewahrte ein zweites vor dem Betteltod auf der Straße, schenkte den barfüßigen Sklaven einer Glasfabrik Schuhe und setzte ihr Horn ein, um ihre Wunden zu heilen.
Der Aufruhr, der diesen Taten folgte, zwang die Kinderbefreiungsliga, ihre jahrelang geübte Politik der Geduld und kleinen Schritte zugunsten eines einzigen, wagemutigen Befreiungsschlags aufzugeben.
Während die Bergleute sich verzweifelt abmühten, die erste der geplanten Mondbasen in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen, um dort Kinder aufzunehmen, und während Delszaki Li gegen die Kezdeter Bürokratie kämpfte, um die Genehmigung zu erhalten, eben diese Basis in Betrieb zu nehmen, löste Acorna das Problem, die Kinder zu finden und zu befreien. Man mochte ihnen zwar eingetrichtert haben, vor Fremden zu fliehen. Die mystisch verbrämten Gerüchte jedoch, die in Acorna eine heilsbringende Schutzheilige und
-göttin der vielfältigen Glaubenssysteme dieser Kinder zu erkennen glaubten, sorgten dafür, daß von allen Wesen auf Kezdet allein sie von allen akzeptiert wurde. Im Glauben, daß das silberhaarige Mädchen mit dem Horn auf ihrer Stirn eine irdische Manifestation von Lukia aus dem Licht, oder von Epona oder von Sita Ram war, strömten sie auf ihren Ruf hin bereitwillig aus den Bergwerken und Fabriken und folgten ihr ohne Furcht in die Freiheit. Mit der Hilfe von Calum, Rafik und Gill, die die Pläne für eine arbeitsfähige Mondbasis auf Maganos in die Tat umsetzten, und der bisweilen überenthusiastischen Hilfe von Acorna, die den vernachlässigten Kindern von Kezdet die Hand entgegenstreckte, erlebte Delszaki Li das unglaubliche Glück, miterleben zu dürfen, wie sein Vorhaben zu guter Letzt doch noch Realität wurde. Er sah zwar, daß er sich unter den vormals Superreichen, die als Folge seiner Umtriebe nunmehr lediglich wohlhabend waren, viele unversöhnliche Feinde geschaffen hatte. Aber es machte nicht den Eindruck, als ob ihn diese Tatsache sonderlich beunruhigen würde.
Als die Maganos-Mondbasis Wirklichkeit geworden war, hatte sich, wie jenes von Delszaki Li, auch das Leben der Schürfer verändert – ebensosehr durch Pal Kendoros zwei Schwestern Judit und Mercy wie durch die Umsetzung des Mondbasis-Plans. Gill und Judit Kendoro hatten sich bereitgefunden, für die nach Maganos gebrachten Kinder die Rolle der Pflegeeltern zu übernehmen. Rafiks Vetter Tapha war bei einem Versuch, Rafik zu ermorden, selbst ums Leben gekommen, und Rafik fühlte sich deshalb verpflichtet, hinfort mit seinem Onkel Hafiz zusammenzuarbeiten und von ihm die Feinheiten der Harakamian-Familiengeschäfte zu lernen, deren Erbe anzutreten ihm nunmehr bestimmt war. Was Calum anging, so war er zwar für die schüchterne, stille Mercy ebensosehr entflammt wie Gill für die energischere Judit. Aber er fühlte, daß angesichts des Absprungs seiner Kameraden die Verantwortung, Acorna bei der Suche nach ihrer Heimat zu helfen, jetzt um so mehr ihm oblag. Insbesondere, da es
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