Die Fahrt Zu Den Sternen
Wasser haben. Wenn du herausfinden könntest, wo man ihn festhält, könnten wir dann mit etwas zu essen und zu trinken zu ihm gelangen?«
Markel überlegte und nickte schließlich knapp. »Er wird in der Sicherheitsabteilung sein«, flüsterte er, »wo sie die wichtigen Gefangenen einsperren.«
Acorna wurde das Herz schwer. »Ich habe versucht, sie glauben zu machen, daß er nichts weiß.«
»Hat nicht geklappt«, beschied Markel ihr, »sonst hätten sie ihn in die gleichen Arrestzellen geworfen wie dich. Es wird sehr viel schwieriger werden, in die Hochsicherheitszellen zu schleichen – aber du hast recht, wir müssen es versuchen.
Selbst wenn wir ihn nicht befreien können – und ich kann nichts versprechen, diese Zellen sind ein ganzes Stück schwerer zu knacken –, können wir ihm wahrscheinlich eine Wasserflasche und etwas Grünzeug reinschmuggeln. Und das wird er auch brauchen! Manchmal ›vergessen‹ sie, den Gefangenen Essen zu geben. Ich hasse das«, flüsterte er. »Ich denke immer, was ist, wenn jemand stirbt, und ich hätte ihn retten können… aber ein paar von denen, die sie in die Zellen werfen, sind Palomellaner. Wenn die herausfinden, daß ich frei bin, könnten sie in Versuchung kommen, mich zu verraten, um sich damit bei Nueva einzuschmeicheln.«
Acorna tat es in der Seele weh zu sehen, was für Entscheidungen dem Jungen aufgezwungen worden waren, Entscheidungen, die sogar für einen reifen Erwachsenen herzzerreißend gewesen wären. »Nun, ich kann dir versichern, daß weder Calum noch ich dich verraten werden – ganz egal was passiert!«
Sechs
Balakiire, Föderationsdatum 334.05.17
Nachdem sie erst einmal den Schock überwunden hatte, von gleich vier Einhornwesen umringt zu sein, statt sich nur einem einzigen gegenüberzusehen, wurde Karina bewußt, daß sie hier vielleicht etwas wahrhaft Bedeutendem auf der Spur war. Der gesamte Rest der bevölkerten Galaxis glaubte, daß Acorna die einzige ihrer Art sei. Aber vor ihr standen jetzt vier weitere dieser Einhornwesen – und die Vorsehung hatte niemand anderen als sie auserkoren, ihnen als Führer und Dolmetscher zu dienen! Nachdem sie gleich als erstes mit Hilfe von reichlichem Fingerdeuten und Kopfschütteln und Schulterzucken und Mähnenraufen geklärt hatten, daß keiner der vier Umstehenden Acorna war, ahnte Karina, daß sie auf der Suche nach Acorna waren. Es war schon seltsam, wie die Bedeutung dessen, was die Fremden ihr mitzuteilen versuchten, ihrem Bewußtsein ausgerechnet dann zuzufliegen schien, wenn Karina die Einhornwesen ihre seltsam nasalen Wörter einfach nur aussprechen ließ und gar keine willentliche Anstrengung unternahm, diese zu verstehen. Der Trick schien darin zu bestehen, überhaupt nicht darüber nachzudenken, den bewußten Teil ihres Verstands davon zu überzeugen, daß sie eigentlich an irgend etwas ganz anderes dachte und die Unterhaltung der Fremden sozusagen nur zufällig mithörte.
In den ersten Minuten auf dem Raumfahrzeug der Einhornwesen fiel es Karina noch ziemlich leicht, diesen Kunstgriff anzuwenden. Alles dort war so anders, so…
magisch? Oder einfach nur fremdartig? Sie konnte sich nicht entscheiden. Die weichen, fließenden Gewänder, die sie trugen, die schimmernden, halbdurchsichtigen Hörner auf ihren Stirnen, die Liegesessel, in die sie sich so anmutig zurücklehnten, selbst die sanfte Beleuchtung, die das Innere des Raumfahrzeugs erhellte, all das vermittelte ihr den beredten Eindruck von einer höheren, von Intellekt und Liebe geleiteten Welt – jenem Überirdischen Reich, mit dem sie schon so lange in Verbindung zu treten versucht hatte. Aber als eines der Wesen durch einen schlitzartig aufgleitenden Durchlaß in einen anderen Teil des Raumfahrzeugs trat, erblickte sie dort eine mit funkelnden Anzeigen und langen Hebeln bedeckte Instrumentenkonsole, die ganz offensichtlich nicht für die Bedienung durch menschliche Hände gedacht war. Die nüchterne Technik zerstörte den Zauber und machte sie nervös. Deshalb beschloß sie, einfach nicht darüber nachzudenken, sondern sich statt dessen darauf zu konzentrieren, ihr geistiges Wahrnehmungsvermögen zu steigern, damit sie besser zu kommunizieren imstande sein würde, auf einer reinen und spirituellen Ebene.
Aber jedes Mal, wenn es ihr gelang, sich in jenen Zustand innerer Ausgeglichenheit zu versetzen, der sie eigentlich mit ihrem Geist-Totem eins werden lassen und ihr Zugang zu höheren Ebenen hätte verschaffen müssen, verlor
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