Die Falken Gottes
die Nähe der Königin gelangen.«
»Wenn mir Ebba tatsächlich in die Finger kommt, werde ich sie in den Keller einschließen und erst wieder herauslassen, wenn Christina aus Osnabrück abgereist ist. Selbst wenn bis dahin mehrere Tage vergehen sollten.«
Magnus ließ die beiden Frauen allein und begab sich zu Svante in die Küche. Seine Frau hatte bereits zwei Zinnpokale mit Wein gefüllt und bereitete in einer großen Herdpfanne Apfelpfannkuchen zu. Er schloß sie kurz von hinten in die Arme, was sie mit der gewohnten Kühle geschehen ließ, wenngleich sie sich in seiner Nähe wie so oft versteifte.
»Du kümmerst dich vortrefflich um unsere Gäste«, raunte er in ihr Ohr. Sie fuhr stumm mit ihrer Arbeit fort, wirkte aber doch fahrig und nervös und ließ sogar die Schöpfkelle aus der Hand fallen, als sie den Teig in die Pfanne geben wollte.
An ihrer Haube klebte Blut. Magnus berührte die Stelle mit einer Fingerkuppe. »Woher stammt das?«
Ihr Atem stockte, als er ihr den Finger vor Augen hielt. »Ich habe ein Huhn geschlachtet«, erklärte sie nach einem Moment des Zögerns.
Üblicherweise hätte Magnus sie nun ein weiteres Mal ermahnt, daß eine solche Arbeit Sache des Gesindes sei, doch heute zog er es vor, auf diesen Vorwurf zu verzichten.
Magnus setzte sich an den Tisch und betrachtete seine Frau. So erleichtert er auch gewesen war, Svante wohlbehalten angetroffen zu haben, so sauer stieß ihm die Distanz |286| auf, die sich wie so oft zwischen ihnen aufbaute. Wie konnten sie seine Eskapaden derart kalt lassen? Er war heimlich nach Münster abgereist, in einem Zustand, der ihr große Sorgen bereiten mußte. Nun war er zurück und humpelte, weil jemand ihn mit einem Dolch verletzt hatte. Und als wäre das alles noch nicht verwunderlich genug, brachte er zwei fremde Personen in ihr Haus, darunter die Frau, von der sie angenommen hatten, daß sie für den Giftanschlag auf ihn verantwortlich war.
Aber Svante hatte nicht eine einzige Frage gestellt. Sie zeigte keine Wut, kein Unverständnis, keine Verwunderung, nur Kälte. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn sie ihn lauthals beschimpft und endlich ihre Gefühle gezeigt hätte.
War dies der Grund, warum seine Gedanken so häufig zu Anneke zurückkehrten? Sie fehlte ihm. Er vermißte ihre Widerworte, den spöttischen Ausdruck, der sich so häufig auf ihrem Gesicht zeigte, und auch ihre Neugier auf alles, was ihr fremd war.
»Ich glaube, daß Ebba meinen Wein vergiftet hat«, sagte er nun. Vielleicht gelang es ihm, Svante mit dieser Offenheit aus ihrer Lethargie zu wecken.
Sie wandte sich um. »Ebba?«
»Sie hat den Wein aufgetragen. Und sie … nun ja, sie hat versucht, mich zu verführen.« Was ihr auch gelungen ist, fügte er im stillen hinzu, aber er sprach es nicht aus.
Svante ließ den Pfannkuchen auf einen flachen Teller gleiten, stülpte die Pfanne darüber und wendete ihn. »Du nimmst also an, sie wollte dich vergiften, weil sie in dich verliebt ist?«
»Nein … sie …« Er brach ab, zögerte und sagte nur: »Das alles ist sehr viel komplizierter.«
Svante zog die Stirn kraus.
»Ist dir etwas an Ebba aufgefallen?« wollte er wissen. »Etwas Merkwürdiges?«
|287| Svante dachte kurz nach, dann sagte sie: »Sie ist in den vergangenen Tagen oft in den Keller gelaufen, auch wenn sie dort keine Aufgaben zu erledigen hatte. Es könnte sein, daß sie dort etwas versteckt hat.«
»Dann sollten wir besser einmal nachschauen.« Magnus erhob sich und trat zur Tür, die in den Keller führte. Svante entzündete mit einem Kienspan ein Talglicht und stieg mit ihm die Treppe hinunter.
Der Keller maß kaum fünf mal fünf Schritte und führte zu einem kleinen Raum, wo sie ihre Vorräte aufbewahrten. Die Tür zu dieser Kammer war mit einem Riegel und einem Schloß gesichert. Magnus schaute sich um. Rechts von ihm befand sich ein Verschlag, der mit Holzscheiten gefüllt war, daneben stand ein Regal, an dem ein Beil und eine Schaufel lehnten. Sein Blick fiel auf die Tür zum Vorratsraum. Auch diese Kammer konnte Ebba als Versteck gedient haben, denn sie hatte stets Zugriff auf den Schlüssel gehabt.
Verdammt, natürlich hatte er diesen Schlüssel vergessen. Magnus drehte sich zu Svante um, weil er sie bitten wollte, ihm den Schlüssel zu bringen, doch da prallte ein harter Gegenstand wuchtig gegen seine Stirn, und ihm wurde schwarz vor Augen.
|289| Kapitel 28
Annekes Sorge, der Torwächter an der Heger Pforte könnte ihr Schwierigkeiten bereiten, erwies
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