Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
trennen wie ich mich von meinem altgedienten Reitkleid, was?«
Diese Art von Kopfbedeckung war in letzter Zeit nicht mehr oft zu sehen. Die meisten Prager Höflinge und auch Albrecht hatten sich der Burgunder Mode angepasst und bevorzugten das Chaperon, eine Kapuze, deren lange Spitze elegant über die Schulter gelegt wurde. Jan errötete leicht, was irgendwie gar nicht zu ihm passte. Der junge Ritter mit seiner kräftigen Figur kam Margarethe stets wie der Inbegriff eines Landadeligen vor: bodenständig und stolz auf seiner Hände Arbeit, aber auch bereit, die Seinen mit Schwert und Muskete bis aufs Blut zu verteidigen.
Tatsächlich stammte Jan aus Mähren, das zum böhmischen Königreich gehörte. Er sprach nicht gerne über sich selbst, aber Margarethe wusste, dass Albrechts Freund der letzte männliche Nachkomme einer Reihe verarmter Sedlic-Sprösslinge war. Sein Vater war früh gestorben und hatte seiner Mutter eine überschuldete Burg hinterlassen, deren Ländereien längst einem anderen gehörten. Um nicht mit ihrem Sohn auf der Straße zu stehen, hatte Jans Mutter der Ehe mit dem Besitzer dieser Ländereien zugestimmt.
Das Verhältnis zwischen Jan und seinem Stiefvater war vom ersten Tag an katastrophal gewesen. Deshalb hatte Jan nach dessen Tod nichts zu erwarten gehabt. Das Lehen war an seinen Halbbruder Stefan gegangen. Jan hatte nichts bekommen. Wollte er jemals seine Sehnsucht nach einem eigenen Lehen erfüllt haben, würde er es sich mit Schwert und Verstand erkämpfen müssen. Margarethe traute ihm das durchaus zu, und sie wünschte es ihm von Herzen. Ihrer Meinung nach konnte niemand einen treueren Freund und Vasallen finden. Gerade jetzt allerdings machte Jan einen recht verlegenen Eindruck. Margarethes Worte schienen ihn aus dem Konzept gebracht zu haben. Unschlüssig stand er da. Seine Finger kneteten die Stiele eines kleinen Sträußchens Schneeglöckchen, bis Albrecht ihm einen Stoß in die Rippen versetzte und murmelte: »Wolltest du nicht etwas sagen?«
»Ähm, ja«, stotterte Jan. Sein Arm schnellte hoch, und er hielt Margarethe die Blumen unter die Nase. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Die sind für dich.«
Margarethe lachte. »Wenn die aus dem Schlossgarten stammen, hast du ja heute schon deine erste Heldentat vollbracht.«
Jan senkte den Blick, und Margarethe beschloss, dass er nun genug gelitten hatte. »Auch Margot wollte schon welche als Tischschmuck stibitzen«, erklärte sie. »Ihr Vorhaben wurde aber vom Gärtner bereits im Ansatz vereitelt. Ich glaube, er wünscht jedem die Pest an den Hals, der die Hand nach seinen Pflanzen ausstreckt.«
»Dann hat Jan also sein Leben für dich riskiert«, meinte Albrecht belustigt. »Wenn ihn der Gärtner erwischt hätte, hätte er ihm vermutlich den Kopf abgeschnitten und ihn statt der Blumen in die Beete gepflanzt – zur Abschreckung sozusagen.«
»Jan ist ein Ritter vom rechten Schrot und Korn, der hätte eher den Gärtner geköpft als umgekehrt«, widersprach Margarethe ihm neckend.
»Wie recht du hast, Margarethe.« Der Herzogssohn schlug seinem Freund kräftig auf die Schulter. Dann trat auch er zu ihr und gab ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. »Wurde Zeit, dass du kommst. Wir warten schon eine ganze Weile.« Seine tiefgründigen braunen Augen musterten aufmerksam ihr Gesicht. »Bist du unter die Kaminkehrer gegangen?«
Er deutete mit dem Finger auf ihre dunkel nachgezogenen Augenbrauen, während sich der Schalk in seinem Gesicht spiegelte. Margarethe wischte sich mit der Hand über die Augen, als Albrecht sie sanft ergriff.
»Warte, ich mach das.« Behutsam wischte er ihren Schminkversuch mit dem Zeigefinger weg und besah sich das Ergebnis. »Schon viel besser. Am Ende könnte man noch meinen, du hättest dich schminken wollen wie die Käuflichen.«
Margarethe schluckte, und ihre Ohren glühten. Am liebsten wäre sie in Grund und Boden versunken. Das hatte sie nun von ihren Verschönerungsversuchen. Verlegen erklärte sie: »Es ist wegen der Kinder. Dieser kleine Wettiner Bengel bringt mich zur Verzweiflung. Hat er doch den Schal seiner Schwester in den Kamin gestopft, und ich durfte das gute Stück dort wieder herausholen. Danach sah ich aus wie Beelzebub persönlich. Deshalb bin ich so spät dran.«
»Und ich dachte schon für einen Augenblick, du selbst hättest dich so beschmiert«, kommentierte Albrecht, der ihre kleine Lüge zweifellos durchschaut hatte. »Ist ja in letzter Zeit bei den Damen Mode
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