Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
vor ihm gehabt habe. Wahrscheinlich schon, denn er muss ja gemerkt haben, dass sie keine Jungfrau mehr war.« Er lachte erneut laut auf. »Und jetzt willst du die Tochter. Schätze, freiwillig wird er sie an dich nicht rausrücken.«
Hans sprang auf. »Aber ich muss sie haben, denn nur so bekomme ich das Amt des Truchsessen.«
Sein Vater sah ihn verschmitzt an. »Dann bleibt nur eins. Stell den alten Truchsess vor vollendete Tatsachen.«
»Du meinst, ich soll das Mädchen verführen?«
»Ich wollte damit sagen: Mach ihr einen dicken Bauch. Dann kommt er nicht umhin, sie dir zur Frau zu geben.«
»Das wäre infam.«
»Aber erfolgversprechend.«
Hans nickte. »Ohne Zweifel.«
Margarethe vernachlässigte Wic sträflich, denn sie verbrachte fast ihre gesamte freie Zeit mit Margot, die wie ein verwaistes Vögelchen die Flügel hängen ließ. Täglich erwartete das junge Mädchen den Postillion, aber nie war ein Schreiben von Sachsenheim dabei. Auch sonst hörte man nichts von ihm. Ganz anders war es mit Gräfin Henriette, die von Nürtingen aus, das sie mittlerweile offiziell zu ihrem Witwensitz erklärt hatte, zu verhindern suchte, dass man ihr die Vormundschaft für die beiden Prinzen nahm.
»Hätt ich nur vor seiner Abreise noch mit ihm reden können.« Margot seufzte.
Margarethe hatte sie zu einem kleinen Spaziergang durch den Lustgarten überredet. Die Waldeckerin war froh, dass es nicht zu dem Gespräch gekommen war. Die plötzliche Abreise ohne Abschied und Sachsenheims anhaltendes Schweigen hatten Margots Euphorie bereits merklich abgekühlt. Auch die Andeutungen, er hätte die Gräfin nicht nur als Hofmeister nach Nürtingen begleitet, blieben bei dem Mädchen nicht ohne Wirkung. Trotzdem schien gerade die nicht stattgefundene Aussprache Margot zu beschäftigen. Sie konnte mit der Sache einfach nicht abschließen.
»An seiner Abreise hätte das nichts geändert«, meinte Margarethe zum hundertsten Mal. »Er hat der Gräfin gegenüber Pflichten.«
»Ich weiß.« Margot seufzte noch einmal.
Arm in Arm wanderten sie zu der Rosenlaube, deren Blüten zu welken begannen. Die Hofdame hatte Gebäck mitgenommen. Nachdem sie auf der Bank Platz genommen hatten, wickelte sie die duftenden Krapfen aus dem Tuch.
»Hier, iss ein wenig davon«, forderte Margarethe ihre Freundin auf.
Das Gebäck roch verführerisch. Margot griff zu, leckte daran und biss schließlich hinein. Kaum hatte sie den ersten Bissen im Mund, verschlang sie heißhungrig auch den Rest. »Das ist einfach köstlich.«
Margarethe lächelte und meinte dann leise spöttelnd: »Besser als der salzige Kuss eines Mannes.«
»Scheint so«, bestätigte Margot mit bittersüßem Grinsen. »Wie es aussieht, sterben wir beide sowieso als alte Jungfern.«
»Ich vielleicht. Du bestimmt nicht. Allein wie dir die jungen Herren immer Komplimente machen.«
»Und wenn schon. Mit dem Charme Sachsenheims kann sich keiner messen«, sagte Margot. »So einen gibt’s nur einmal.«
Margarethe schüttelte den Kopf. »Andere Mütter haben auch hübsche Söhne.«
»Aber jetzt erzähl mir doch einmal, was es Neues von Gräfin Elisabeth gibt, Margarethe. Ich hörte, du bekommst sie langsam gebändigt? Ich habe nichts anderes erwartet. Du scheinst selbst bei Sepi einiges erreicht zu haben, und gegen den wird Elisabeth ja geradezu ein Sonntagskind sein.«
»Dir ist also auch aufgefallen, dass unser Sepi sich zu einem stattlichen jungen Burschen entwickelt hat«, stellte Margarethe erfreut fest.
Margot winkte ab, wobei ihre Augen allerdings verräterisch glitzerten. »Frech ist der Kerl, geradezu unverschämt. Er hat sich überhaupt nicht geändert.«
»Im Gegensatz zu Mihai konnte ich über Sepis Streiche stets lachen. Sie waren gutmütig und haben niemandem ernsthaft geschadet. Ich erinnere mich noch daran, wie er meine Handschuhe mit Baumharz an das Schreibpult geklebt hat. Als ich sie anziehen wollte, bekam ich sie einfach nicht von der Tischplatte weg.«
Die beiden jungen Damen kicherten bei der Erinnerung.
»So was würde ich ihm auch heute noch zutrauen«, sagte Margot schließlich.
»Ich ihm auch – wusstest du eigentlich, dass er uns neulich zu einem Spaziergang über den Markt einladen wollte?«
»Nein.« Margot rollte mit den Augen. »Nicht im Ernst?«
Margarethe nickte. »Er hatte sogar ein Sträußchen Tulpen dabei. Ich glaube, die waren für dich.«
Amüsiert strich Margot sich eine ihrer dunklen Locken aus der Stirn. »Was der sich bloß
Weitere Kostenlose Bücher