Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
vor wie Methusalem. In Wirklichkeit hatte er die fünfzig gerade erst überschritten, als Ihr ihn kennengelernt habt.«
»Das ist alt genug.«
Ein schiefes Grinsen zeichnete sich auf dem faltigen Gesicht des Falkenmeisters ab. »Noch immer so unversöhnlich, Euer Liebden?«
»Er ist und bleibt ein Schurke.«
»Wie Ihr meint, aber seinem König diente er treu.«
Jans aufmerksamen Ohren war nicht entgangen, dass der Falkner in der Vergangenheit sprach. » Diente sagtet Ihr?«, mischte er sich in das Gespräch. »Was wollt Ihr damit sagen?«
Der Falkenmeister strich sich mit der Hand übers Kinn. »Nun, man hat seit Brüx nichts mehr von ihm gehört.«
»Ist er am Ende gefallen?«
»Wer weiß? Möglich ist’s. So viele tapfere Ritter ließen ihr Leben, als sie gegen die Wagenburg anrannten.«
Die Blicke von Jan und Albrecht kreuzten sich.
»Aber es muss doch ein Verzeichnis mit den Namen der Toten geben«, sagte der Herzogssohn.
»Es waren derer so viele, und andere siechen noch immer dahin. Doch wenn Euch so sehr daran gelegen ist, bittet den jungen Medicus, Erkundigungen einzuholen. Sein Vater führt das Feldlazarett im Schloss Brüx.«
Hans von Sachsenheim stand im Arbeitszimmer seines Vaters am Fenster und ließ den Blick von der Burg über die träge dahinfließende Enz wandern. Flößer mit breitkrempigen Hüten stachen ihre Lastkähne mühsam voran oder ließen die Schiffe mit der Strömung langsam dahingleiten. Der Fluss war eine wichtige Einnahmequelle für den Herrn von Sachsenheim, bot er doch die Möglichkeit, Zölle zu erheben und damit die Schatzkasse erheblich aufzubessern.
Hans’ Vater war noch immer ein stattlicher Mann, während seine Mutter in den letzten zwei Jahren geschrumpft zu sein schien. Dem jungen Sachsenheim kam es vor, als würde sie sich langsam in nichts auflösen. Wer konnte es seinem Vater da verdenken, dass er sich inzwischen in aller Öffentlichkeit seine Konkubinen hielt. Zurzeit war seine Favoritin eine Bürgerstochter aus dem Ort, ein hübsches junges Ding mit ausladenden Hüften, die glucksend auf seinem Schoß hockte, als Hans eintrat. Er war nach kurzem Aufenthalt in Nürtingen bei Gräfin Henriette unter dem Vorwand dringender Familienangelegenheiten hierhergereist. Nach mehrtägigem Ritt hatte er die heimatliche Burg endlich erreicht und sich bei seinem Vater melden lassen. Dieser gab jetzt dem drallen Ding mit einem Klaps auf den Hintern zu verstehen, dass seine Dienste vorerst nicht benötigt wurden.
»Hans, mein Junge«, begrüßte der alte Sachsenheim seinen Sohn mit breitem Grinsen. »Was führt dich zu mir?«
Sein Sohn verneigte sich kurz. »Der Wunsch, Euch zu sehen, und die Bitte um einen väterlichen Rat.«
Sein Vater zog die Augenbrauen hoch. »Es kommt nicht mehr oft vor, dass du mich um meine Meinung fragst, aber ich will dir gern mit meiner Erfahrung dienlich sein, wenn es von Nutzen ist.«
Mit wenigen Worten fasste Hans seine Absichten in Bezug auf Margot zusammen und erwähnte ausführlich die Vorteile, die eine solche Verbindung mit sich brächte, aber auch den offensichtlichen Widerstand des Vaters.
»Die Tochter des Truchsessen? Margot von Bischishausen?«
Hans nickte stolz.
Sein Vater brach in grölendes Gelächter aus. Er schlug sich sogar auf die Schenkel, während ihm die Tränen über die Wangen liefen. Anerkennend klopfte er dann seinem Sohn auf die Schulter. »Da hast du dir aber was vorgenommen, mein Lieber.«
Hans schaute ihn fragend an.
»Der Bischishausen ist ein harter Brocken, und ich will dir auch erklären, warum. Du würdest nämlich sozusagen in meine Fußstapfen treten. Doch um diese Geschichte zu erzählen, brauch ich erst mal einen guten Schluck Wein. Willst du auch etwas?«
Hans nickte und ließ sich in einem breiten Lehnsessel nieder, denn so wie es sich anhörte, würde ihre Unterredung länger dauern.
»Ich habe schon Margots Mutter gekannt, ein Bild von einer Frau, schwarzhaarig mit Augen von der Farbe unserer Moore.«
»Genau wie die Tochter«, bestätigte Hans.
»Ist sie auch so hübsch? Natürlich, sonst würdest du sie nicht in Erwägung ziehen. Also lass mich erzählen. Wir warben beide um sie, der alte Bischishausen und ich. Doch ich war es, dem sie ihre Gunst zuerst schenkte.«
»Aber er hat sie dann geheiratet.«
Der alte Sachsenheim zuckte mit den Schultern. »Na ja, es ergab sich dann mit deiner Mutter eine vorteilhaftere Partie für mich. Ich frage mich nur, ob Bischishausen weiß, dass ich sie
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