Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
kaum mehr als vornehm bezeichnen konnte. In so einem Zustand trat man seinem Fürsten für gewöhnlich nicht unter die Augen, schon gar nicht, wenn man bei Hofe nicht willkommen war. Vergangene Nacht hatte Margarethe ihre Entscheidung getroffen. Es hatte keinen Sinn, länger zu warten, und es war niemand da, um ihr zu raten. Margot war nicht in der Verfassung, an anderes als ihre eigenen Probleme zu denken. Trine war nun mal kein Edelfräulein und sah die Pflichten der Ehre nicht. Die Zofe nahm Margarethes Entschluss, Weidas Bitte Folge zu leisten und in München zu versuchen, beim Herzog etwas für ihren Ehemann zu erreichen, wortlos hin, doch es war ihr deutlich anzusehen, dass sie es für keine gute Idee hielt. Jetzt steckte sie ihrer Herrin das mit winzigen Glasperlen besetzte Schapel in die roten Locken.
Unwirsch zog Margarethe es wieder vom Kopf und legte es beiseite.
»Kein Schmuck«, bestimmte sie. »Ich werde mein Haar lediglich mit einem dunklen Schleier bedecken.«
Trine holte das geforderte Kleidungsstück und befestigte es mit Haarnadeln und Spangen. Dann wartete sie, dass Margarethe sich erhob, damit sie das Kleid aus nachtblauem Brokat schnüren konnte. Ihre Hände flogen geschickt über die vielen Kordeln, ordneten hier eine Falte und dort den Sitz der Schmuckärmel.
Ein weiteres Mal musterte sich Margarethe im Spiegel. Sie hatte etwas zugenommen, vor allem an den Hüften. Albrecht würde das sicher auffallen, denn er hatte stets ihre gertenschlanke Figur gelobt.
»Das Korsett etwas fester, Trine«, befahl Margarethe und atmete aus. Trine tat, wie ihr geheißen, bis alles so stramm saß, dass ihre Herrin nur noch flach atmen konnte. Nun musste Margarethe nur noch in die flachen, mit Glasperlen besetzten Sandalen schlüpfen. »Dann mach ich mich jetzt auf den Weg«, sagte sie anschließend.
Trine nickte mit finsterem Blick. An der Tür drehte sich die Rothaarige noch einmal herum. Fahrig strich sie mit der Hand über den Schleier, als suche sie nach einem Grund, noch ein wenig zu verweilen. »Du verstehst das nicht, aber ich muss es tun. Soll Herzog Ernst entscheiden, wie er mit Weidas Bitte umgeht. Doch es ist meine heilige Christenpflicht, ihm zumindest mitzuteilen, dass ein guter Katholik und treuer Untertan, was dem Weida nachgesagt wird, von Mörderhand dahingemetzelt werden soll.«
»Falls seine Majestät Euch überhaupt empfängt.«
Trine verzog das Gesicht. »Der Herr Albrecht würde das nicht gutheißen.«
»Vielleicht hast du recht, vielleicht aber auch nicht. Leider ist er nicht da, um uns seinen Rat zukommen zu lassen.«
»Für Euch, Herrin, wird nichts Gutes dabei herauskommen. ›Gehe nicht zu deinem Fürst, wenn du nicht gerufen wirst‹!«, zitierte Trine eine alte Redewendung. »Zudem, was schuldet Ihr dem Weida? Er brachte nichts als Unglück über Euch.«
»Ach, Trine, ich weiß, du meinst es bloß gut, aber es bietet sich mir eben auch endlich die Gelegenheit, die Sache mit dem Heiratsvertrag aus der Welt zu schaffen.«
Entschlossen trat Margarethe aus der Tür und stieg kurz danach in die wartende Ponykutsche.
Die Neue Veste entpuppte sich von außen als wehrhafte Stadtburg und von innen als prunkvolle Residenz. Margarethe war durch lange Flure mit gewaltigen Portraits geführt worden, vorbei an Leibgardisten mit Hellebarden, die ihre Träger um mehrere Köpfe überragten, an blanken Schwertern, an Hofdamen in bauschigen Röcken und kläffenden Schoßhündchen. Zuletzt hatte sie sich in die lange Schlange von Bittstellern einreihen müssen und das Schreiben des Weida einem Sekretarius überreichen können. Man bat sie zu warten. Viele Stunden verstrichen, und sie hatte die Hoffnung bereits aufgegeben, eine Audienz beim Herzog zu erhalten, als sich die Tür öffnete und tatsächlich ihr Name aufgerufen wurde.
Mit klopfendem Herzen betrat sie den prunkvollen Raum, der mit sündhaft teuren Wandteppichen geschmückt war. Herzog Ernst ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass München reich war. Margarethe versank in einen tiefen Knicks.
Der Herzog ließ sie länger als üblich in der demütigen Haltung verweilen. »Ihr seid also hier, um für Euren Gatten zu bitten«, kam Albrechts Vater dann sofort auf den Punkt. »Ein tapferer Mann, der Herr von Weida. Man hört, er habe sich wie ein Löwe auf die Hussiten geworfen und viele der Ketzer der himmlischen Gerechtigkeit überstellt. Es scheint wie eine Ironie des Schicksals, dass er sich nun in dieser fatalen Lage
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