Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
sich Euer Liebden derzeit nicht in München aufhält«, sagte die Hofdame.
»Oh, ich brauche niemanden nach München zu schicken, denn ich habe mein Geld bereits.«
Margarethe schluckte. Kein Lösegeld von Albrecht? Was hatte er dann mit ihr vor? Ein wahnwitziger Gedanke keimte in ihr hoch: Vielleicht wollte man sie aus dem Weg schaffen, damit sie nicht länger einer Heirat zwischen Elisabeth und Albrecht im Wege stand? Hatte Jan ihr nicht Sachsenheims Absichten erklärt? Diesem Mistkerl von einem Hofmeister war alles zuzutrauen, und er wusste genau, wie nahe sich Albrecht und Margarethe standen. Der Hofdame fuhr ein kalter Schauer den Rücken herunter. Ja, Sachsenheim war eine solche Intrige durchaus zuzutrauen. Dazu war ihm bekannt, dass Margarethe alles tun würde, eine Scheidung mit dem Vogt endlich durchzusetzen. Vermutlich war der ganze Brief eine Fälschung, und sie war darauf hereingefallen. Eine Dummheit, die sie und ihre Freunde das Leben kosten würde. Ihre Augen weiteten sich für einen Moment.
Der Plackerer sah es und grinste noch breiter. Langsam trat er hinter sie und blieb dort stehen. Er beugte sich ein wenig vor, sodass sein Atem beim Sprechen über ihr Haar strich. »Lass uns tafeln und das Leben genießen, solange es Gott und dem Teufel gefällt.«
Er ließ sich an der anderen Seite des Tisches nieder, nahm die Kelle und tat sich und ihr eine ordentliche Portion auf. Seine blauen Augen funkelten belustigt, während er etwas Soße über ihren Brei goss, dem Geruch nach eingedickte Hühnerbrühe. Margarethe hatte das Gefühl, nicht einen einzigen Happen herunterwürgen zu können. Der Ritter dagegen machte sich genüsslich über den Inhalt seines Tellers her. Von draußen hörte man das Geklapper von Hufen und den Ruf eines Knechts. Zu gern hätte Margarethe einen Blick auf den Hof geworfen, um zu sehen, was da los war, aber der Plackerer behielt sie fest im Auge und spottete: »Keine Angst, das ist nicht vergiftet. Schau, ich esse auch davon.«
Gemächlich schaufelte er das Essen in sich hinein, während sie sich zwang, zumindest zu probieren. Sie musste bei Kräften bleiben und durfte die Hoffnung nicht aufgeben. Es schmeckte besser, als sie gedacht hatte, oder war sie ausgehungert? Auch befand sich in dem Krug kein billiges Bier, sondern ein recht ordentlicher Wein.
Der Ritter machte ein zufriedenes Gesicht. Eine Weile aßen sie schweigend. Endlich legte er den Löffel beiseite und wandte sich wieder der Hofdame zu. Er fixierte sie wortlos. Sein Blick ging ihr durch Mark und Bein. War das bereits ihre Henkersmahlzeit gewesen? Würde er sie gleich hier und jetzt umbringen? Dem Mann haftete die Wildheit eines Tieres an. Ohne Zweifel würde es dem Plackerer nichts ausmachen, ihr eigenhändig die Kehle durchzuschneiden. Sein Schweigen wurde immer unerträglicher. Fast wünschte sie, er würde über sie herfallen, nur um nicht länger zur Untätigkeit verdammt zu sein, denn dass sie sich wehren würde, stand fest.
Ihre Hände strichen unruhig über den Stoff ihres Kleides, während sie an die Perlen dachte. Wenigstens die würde er nicht bekommen: Sie hatte sie mittlerweile in Mauerritzen versteckt, aus denen sie den Mörtel gekratzt und anschließend mit den Bröseln wieder verschlossen hatte.
»Was für eine begehrenswerte Frau du bist, Margarethe«, stellte der Ritter bewundernd fest. Er wischte sich mit dem Ärmel über den Mund, stand auf und trat erneut hinter sie. Diesmal beugte er sich tiefer herab, bis seine Fingerspitzen ihren Busen berührten und ihn umspielten.
Margarethe hielt den Atem an. Ließ er sich am Ende von ihrer Schönheit betören, oder betrachtete er sie einfach nur als Spielzeug, mit dem er sich noch ein wenig die Zeit vertreiben wollte, bevor er zur Sache kam? Nein, sie war kein Spielzeug, und sie ließ sich auch nicht so einfach begrapschen! Dieselbe Wut, die sie bei der Vermutung, dieser Mann könnte Jan ermordet haben gefühlt hatte, ergriff erneut von ihr Besitz. Zornig schlug Margarethe nach seiner Hand.
»Ach wisst Ihr, Herr Ritter«, begann sie mit ruhiger Stimme, »ich denke, es muss ein jeder für sich selbst entscheiden, welches Wagnis er im Leben eingeht. Doch eines lasst Euch raten: Einen Albrecht von Wittelsbach herauszufordern bleibt nicht ohne Folgen.« Sie machte eine kurze Pause, um ihm dann ganz unverblümt zu drohen. »Albrecht«, sie benutzte bewusst den Vornamen, »wird sicher wenig erfreut sein, wenn ein böhmischer Bastard Hand an seine
Weitere Kostenlose Bücher