Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Burgkaplan sie mit ernstem Gesicht, als sie ans Krankenlager des Truchsessen traten. Margot nickte kurz und schaute dann zu dem Mann, dem sie ihr Leben verdankte. Er sah erschreckend aus. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, und die Augäpfel hatten eine bräunlichgelbe Farbe angenommen. Die Wangen waren eingefallen und aschfahl. Sein früher dichtes, braunes Haar war grau und sehr schütter geworden. Ungleichmäßig hob und senkte sich sein Brustkorb.
Der Truchsess winkte sie erschöpft zu sich, während er nur mit Mühe Luft bekam. »Ich bin so froh, dich zu sehen, mein Kind.«
Joseph warf Margot einen strengen Blick zu. Die hielt Sepi und Margarethe an den Händen. »Bitte«, sagte sie mit leiser Stimme, »ich möchte dir jemanden vorstellen.« Sie schob den jungen Kaufmann vor, der sich höflich verneigte. »Das ist Sepi. Ihm verdanke ich mein Leben und meine Freiheit. Ich würde ihm beides gerne auch in Zukunft anvertrauen.«
Der Truchsess sagte nichts. Margot schaute ihn ängstlich an, als sein Blick fragend zu Margarethe wanderte. Die trat vor, versank in einen Knicks und meinte: »Ich verbürge mich für diesen jungen Mann, den ich schon seit Jahren kenne. Er entstammt einem angesehenen Patriziergeschlecht, genoss eine hervorragende Erziehung in Prag, wird gut für Eure Tochter sorgen und – ich glaube er liebt sie von Herzen. Jedenfalls ist er um ihretwillen über sich selbst hinausgewachsen. Er ganz allein hat sie aus Sachsenheims Händen befreit.«
Der Truchsess bedeutete Sepi matt, sich zu erheben. »Kann ich Euch das Wertvollste anvertrauen, das ich besitze? Werdet Ihr meine Tochter in Ehre halten und meine Enkel zu ehrenwerten Rittern erziehen?«
Einen Moment blitzten Sepis Augen schalkhaft auf. »Einen Sohn für Württemberg und einen …« Er schaute kurz zu Margarethe, die warnend die Augenbrauen zusammenzog, »einen für Böhmen«.
Margarethe atmete erleichtert auf. Der Truchsess nickte. »Das scheint mir eine gerechte Sache. So gelte mein Wort als Truchsess, dass ich Euch die Hand meiner Tochter gewähre.«
Ein weiteres Mal verneigte sich Sepi. »Ich danke Euch.«
»Und der Sachsenheim?«, erkundigte sich Bischishausen nach einer kleinen Pause.
»Wurde von den Häschern des Fürstbischofs geschnappt und vor Gericht gestellt.«
Schwer atmend fuhr Margots Vater fort: »Seinem wahren Richter wird er erst nach dem Tode gegenüberstehen.«
Der Kaplan nickte. »Wir sollten gemeinsam beten«, schlug er vor.
»Gleich, erst muss ich allein mit meiner Tochter sprechen.«
Joseph wollte Einspruch erheben, fügte sich dann jedoch. »Wie Ihr wünscht, hoher Herr.« Er öffnete die Tür und sagte: »Darf ich die Herrschaften bitten.«
Als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, senkte Margot den Blick.
»Komm näher«, keuchte ihr Vater. Seine Stimme klang ungewohnt rau. »Da steht noch etwas zwischen uns, nicht wahr?« Er klopfte mit der Hand neben sich aufs Bett. Seine Finger wirkten ungewohnt lang, auch hatten sie eine gelbliche Färbung angenommen.
Margot nickte bekümmert.
»Na komm schon, Margot, lass mich diese Welt nicht mit dem quälenden Gedanken verlassen, dass mein eigenes Kind mich verachtet«, sagte ihr Vater, und etwas von seiner alten Autorität klang in seinen Worten.
Zögernd folgte sie seiner Aufforderung und ließ sich neben ihm nieder.
Der Truchsess schluckte und räusperte sich. »Du bist zu Recht wütend auf mich. Vielleicht hasst du mich sogar. Ich jedenfalls würde einen Menschen verabscheuen, der sein eigenes Enkelkind ermordet. Doch das tat ich nicht, Margot.«
Schon wollte sie protestieren, doch er hob die Hand und brachte sie so zum Schweigen. »Ich habe dir erzählt, dass deine Mutter, bevor ich sie geheiratet habe, in den Armen des alten Hans von Sachsenheim gelegen hat.«
»Das hast du«, bestätigte Margot unsicher. »Aber die alten Geschichten sind mir nicht wichtig.«
»Das sollten sie aber, denn du bist unmittelbar betroffen.«
Margot machte eine unwirsche Handbewegung. »Du sprichst in Rätseln, Vater.«
»Zwischen unserer Hochzeitsnacht und deiner Geburt liegen nur sieben Monate.«
»So etwas kommt vor.«
»In der Tat. Doch dann sind die Kinder klein und schwächlich. Du dagegen bist groß, stark und gesund zur Welt gekommen. Margot, ich habe es dir eigentlich nie sagen wollen, denn für meine Liebe zu dir ist es nie von Bedeutung gewesen. Doch nicht ich habe dich gezeugt, sondern der alte Sachsenheim.«
Ungläubig schüttelte Margot den
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