Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
der Osterburg kennengelernt hast, wirst du gewiss verstehen, weshalb die Jungfernschau unabdingbar war, Margarethe. Trotzdem möchte ich mich dafür entschuldigen.«
»Ich wünschte, ich trüge Albrechts Kind, dann könnte ich dem Bub wenigstens sagen, dass sein Vater Anstand besäße. So aber mögt Ihr zwar die Gewissheit haben, keine Hure zur Frau zu nehmen, ich dagegen weiß nun, welch schlechten Charakter Ihr besitzt.«
Ärger keimte im Vogt auf. So würde er sich auf die Dauer gewiss nicht von einem Weib behandeln lassen. »Ich sehe Euch später, beim Nachtmahl«, sagte er mit kühler Stimme.
»Das glaube ich kaum«, giftete sie.
»Ich bestehe darauf.«
»Und wenn ich nicht will?«
»Dann wird Euch die Wache in den Saal schleifen, notfalls an Euren Haaren.«
»Schickt mir meine Zofe!«, rief sie erbost und drehte ihm den Rücken zu. Der Weida grinste schmallippig. Diese Wildkatze würde er schon zu zähmen wissen.
Trine huschte in Margarethes Zimmer, kaum dass der Vogt es verlassen hatte. Sie hielt ein wenig Honiggebäck in der Schürze, das ihre Herrin trösten und sie stärken sollte. Trine wusste genau, weshalb die Hebamme da gewesen war, und auch, was es bedeutete, dass sie einen ganzen Pfennig in Händen hielt, als sie die Kemenate wieder verließ. Den Domestiken entging nichts, auch wenn die Herrschaften oft so taten, als gäbe es sie gar nicht.
Margarethe empfing Trine mit blitzenden Augen und wütend wie ein gereizter Puma. »Schließ die Tür, und verbarrikadiere sie mit allem, was du findest!«, schrie sie beinahe hysterisch.
Schweigend begann die Zofe, gemeinsam mit ihrer Herrin Möbel zu verrücken. Viel helfen würde das nicht: Wenn Wachknechte hereinwollten, würden sie sich mit ihren Hellebarden einen Weg zu bahnen wissen. Zuletzt befand sich nur noch das Bett an der Wand. Margarethe bemühte sich, das schwere hölzerne Gestell zu bewegen, doch es war mit Bolzen am Boden befestigt. Weinend brach sie auf den Kissen zusammen.
Hilflos stand die Zofe im Raum. »So schlimm?«, fragte sie leise.
»Es war so demütigend.« Die Rothaarige schluchzte. »Ich hatte ihnen mein Wort gegeben, dass Albrecht und ich nicht mehr als Küsse getauscht haben, aber sie haben trotzdem darauf bestanden, dass diese Frau mich untersucht.«
Erstaunt sah Trine sie an. Warum dann diese Aufregung? »Ihr habt also nichts zu bereuen?«, fragte sie vorsichtig.
»Ich wünschte, ich hätte es«, heulte Margarethe. »Mit jedem Kerl, der Manns genug ist, hätte ich es treiben sollen, dann würde mir das Schicksal erspart bleiben, mich von diesem alten Mistkerl anfassen lassen zu müssen. Ich hasse ihn!«
Trine nickte verständnisvoll.
»Du hast wenigstens ein Kind von deinem Liebsten«, jammerte die Rothaarige weiter. »Ich wünschte, ich hätte auch eins von Albrecht.«
Die Zofe zuckte mit den Schultern. »Das würde es nicht einfacher machen.«
»Was ist dir eigentlich passiert?« Margarethe schniefte. »Wo ist der Vater der kleinen Grete?«
Trine schluckte. Bislang hatte sich niemand für ihre Tochter interessiert, und es war besser, wenn es so blieb.
»Er ist tot«, antwortete sie schlicht.
»Gestorben? Das tut mir leid. Hast du ihn geliebt?«
»Sehr.«
»Seid ihr verheiratet gewesen?«
»Ja.«
»Dann bist du also Witwe, aber du trägst keine Trauer.«
Unruhig trat Trine von einem Bein aufs andere. »Ist schon lange her.«
»Warum hast du nicht wieder geheiratet?«, erkundigte sich die Rothaarige.
»Warum heiratet Ihr nicht einfach den Vogt?«, fragte Trine zurück.
»Mein Herz gehört Albrecht.«
»Es tut Frauen nicht gut, einen Mann zu sehr zu lieben.«
Margarethe starrte gedankenverloren in die Dunkelheit und dachte darüber nach, was die Zofe mit diesen Worten genau meinte. Da klopfte es an der Tür. Trine sah, wie Margarethe zusammenzuckte.
Dann ertönte die Stimme der Wache. »Fräulein von Waldeck, ich soll Euch daran erinnern, dass man Euch beim Festmahl erwartet!«
»Geduld«, mahnte Trine an Stelle ihrer Herrin. »Die edle Dame ist noch längst nicht fertig zurechtgemacht.«
Ein unwilliges Knurren drang durch die Tür. Trine sah zu Margarethe, die verstockt und bockig wirkte und keinerlei Anstalten machte, sich umkleiden zu wollen.
»Wäre es vermessen, Euch einen Ratschlag zu geben?«, flüsterte die Zofe leise.
Margarethe sah sie erstaunt an. »Ich glaube, ich kann gerade jeden Rat gebrauchen.«
»Verhaltet Ihr Euch widerborstig, spielt Ihr diesen Leuten bloß in die Hände. Macht
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