Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
geht hier vor sich. Seid auf der Hut.«
»Natürlich geht etwas vor sich. Dieser Greis hat sich eben mit mir verlobt!«, brach es aus Margarethe heraus. »Er ist so widerlich! Ich ertrage das nicht. Lass uns von hier verschwinden, Trine, oder gib mir einen Dolch, in den ich mich stürzen kann.«
Die Zofe machte ein erschrockenes Gesicht. »Pst, pst, nicht so laut. Draußen vor Eurer Kammer steht ein Wachknecht. Er kann alles hören.«
»Es ist furchtbar, ich fühl mich wie ein Vogel im goldenen Käfig«, stellte Margarethe fest.
Trine nickte.
»Du musst dich nach einer Fluchtmöglichkeit umsehen.«
Die Zofe schüttelte traurig den Kopf.
Margarethe raufte sich die Haare. »Warum kann er nicht einfach tot umfallen, so wie andere alte Männer auch?«
Trine bekreuzigte sich.
*
Albrecht von Wittelsbach lief unruhig in seinem Zimmer auf und ab. Verzweifelt suchte er nach einem Ausweg für sich und Margarethe. Doch ihm waren die Hände gebunden. Ein Vertrauter des Königs war dem jungen Herzogssohn offiziell als »Sekretär« an die Seite gestellt worden und begleitete ihn auf Schritt und Tritt. Es war gar nicht daran zu denken gewesen, Margarethe vor ihrer Abreise eine Nachricht zukommen zu lassen, geschweige denn, sie zu treffen. Auch Jan ließ sich nicht blicken, was Albrecht sich nicht erklären konnte. Warum hatte sein Freund nur so überreagiert, handelte er doch sonst stets überlegt? Ohne Jans Hilfe schien die Lage erst recht aussichtslos. Margarethe würde den Vogt heiraten müssen, und der würde mit ihr auf die Osterburg ziehen. Das hatte man dem Herzogssohn unmissverständlich klargemacht. Es war wie in dem Lied von den zwei Königskindern, die nicht zueinander finden konnten. Hinzu kam, dass die Königin Albrecht voller Zorn seinen Brief vorgehalten und ihm berichtet hatte, dass dieser Prag niemals verlassen hatte. Man hatte ihn einfach ausmanövriert, und ebenso wie Margarethe und Jan schien auch ihn das Glück verlassen zu haben.
Albrechts Blick fiel auf das Schreibpult. Er würde Jan zumindest einen Brief hinterlassen und ihn darin bitten, nach München zu kommen. Dort würden sie das Missverständnis zwischen ihnen wie Männer klären.
Margarethes Hoffnungen, während der Jagd irgendwie flüchten zu können, zerstreuten sich schnell. Es schien, als ahnte Weida, was sie vorhatte. Weder händigte er ihr eine Waffe aus, noch ließ er sie auch nur für eine Sekunde unbeobachtet. Lediglich mit dem Jagdfalken durfte sie sich an dem Treiben beteiligen. Zudem hatte man den kleinen Vollblüter zu Hause gelassen und ihr stattdessen den Zelter gegeben, den Katerina zuvor geritten hatte. Der war zwar bequem, bewegte sich jedoch im Tempo einer Schildkröte. Margarethe fluchte innerlich, tat aber dennoch so, als würde ihr das Pferd durchgehen. Der kurze Galopp wurde von Weida galant, aber nachdrücklich gestoppt. Bei anderer Gelegenheit versuchte Margarethe, sich zu Fuß in die Büsche zu schlagen, doch sofort war einer von Weidas Rittern an ihrer Seite. Viel zu schnell brach der Abend herein und zwang die Jagdgesellschaft zurück ins Schlösschen. Man hatte zahlreiche Enten und Wildgänse erlegt, die zum Nachtmahl auf den Tisch kommen sollten.
Als Margarethe von ihrem Zelter absaß, war es Jan, der ihr die Hand reichte. Ihre Fingerspitzen berührten sich, und für einen Moment, war die alte Vertrautheit wieder da. Der junge Ritter lächelte ernst. Margarethe senkte den Kopf und wollte sich abwenden.
»Warte«, hielt Jans Stimme sie zurück. »Bitte.«
Ihr Herz machte einen Sprung. Sie hatte sich nicht getäuscht. Jan war ihr von Albrecht geschickt worden, nur deshalb hatte er sich der Truppe des Vogts angeschlossen. Nun würde er ihr gleich seinen Fluchtplan offenbaren. Jan wusste schließlich immer einen Ausweg, selbst wenn die Lage noch so aussichtslos erschien. Ihre Haut kribbelte vor Aufregung. In ihrer Fantasie schlug der junge Böhme die Wachen nieder, während sie sich in den Sattel ihres Vollblüters schwang. Seite an Seite sprengten sie davon. Vermutlich wartete Albrecht in den nahen Wäldern, damit sie gemeinsam nach München reiten konnten. Erwartungsvoll sah Margarethe ihren Freund an. Doch sein Blick blieb gesenkt. Margarethe sah sich um. Sie wurden beobachtet. Einer von Weidas Männern stand ganz in der Nähe. Er hatte die Hand am Schwert, ohne sich zu bewegen.
»Ich muss mit dir reden.« Jan nahm sie beim Arm, als wolle er sie in das Schloss begleiten. Margarethe schaffte es kaum, ihm vor
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