Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
im Hintergrund. Die dritte Frau trug die Tracht der Hebammen und fühlte sich in ihrer Rolle offensichtlich überhaupt nicht wohl. Sie verneigte sich vor der Rothaarigen und hielt ihr einen Becher mit warmem, duftendem Würzwein entgegen.
»Hier, Herrin, zur Stärkung«, meinte sie und machte dabei ein Gesicht, als erwartete sie, dass das Getränk im nächsten Moment über ihrem Kopf ausgegossen würde.
Margarethe hätte genau dies wahrscheinlich auch getan, doch die Hebamme tat ihr leid. Sie konnte ja am wenigsten dafür. Immer noch enttäuscht über Jan und wütend über das Ansinnen des Vogtes, trank Margarethe den Inhalt des Bechers in großen Schlucken.
»Trinkt nur, es wird Euch guttun und die Sache erleichtern«, ermutigte sie die Hebamme, während sie nachschenkte.
Margarethe leerte auch den zweiten Becher in einem Zug. Warm und prickelnd breitete sich das Getränk in ihrem Körper aus. Es verlangte sie nach mehr. Diesmal bediente sie sich selbst und trank etwas langsamer.
»Wenn Ihr dann so weit seid, Herrin, nehmt bitte dort drüben Platz«, bat die Hebamme. Sie deutete auf einen hölzernen Hocker, in dessen Mitte sich ein großes Loch befand.
Margarethe schluckte. Was um Himmels willen hatte man vor mit ihr? Die beiden anderen Frauen taten unbeteiligt, doch Katerinas Augen glänzten boshaft.
»Kann ich noch einen Becher Würzwein bekommen?«, forderte Margarethe mit dem letzten Rest Würde.
»Gewiss, Herrin, so viel Ihr wollt.«
Albrecht war mit seinem Brief fertig. Er hatte eine Menge verbessert und dreimal die Gänsefeder nachgespitzt. Niemals hätte er erwartet, dass es so schwierig sein würde, die richtigen Worte zu finden. Er siegelte das Schreiben und legte es vor sich hin.
Jetzt war Margarethe an der Reihe. Was aber sollte er ihr schreiben? Dass er sie liebte, aber versagt hatte? Dass er sie holen kommen würde, notfalls mit seinem gesamten Heer? Doch das wäre mehr als unwahrscheinlich. Niemals würde sein Vater seine Zustimmung geben, vor allem jetzt nicht, da es gegen Ludwig ging! Der Gedanke, Margarethe für immer zu verlieren, ließ Albrecht aufstöhnen. Noch nie in seinem Leben war er derart hilflos gewesen. Es musste doch einen Ausweg für sie geben! Für sie alle drei. Er schlug mit der Faust gegen die Wand, dann öffnete er die Tür, um hinauszustürmen, und wurde augenblicklich aufgehalten.
»Herr?«, fragte die Wache mit der Hand an der Waffe.
Albrecht zuckte zurück. »Nichts weiter«, presste er zwischen schmalen Lippen hervor und ging zurück in seine Räume. »Mich gelüstet lediglich nach Wein.«
»Ich werde mich umgehend darum kümmern«, versprach ihm der Mann, ließ aber keinen Zweifel daran, dass sich der Wittelsbacher zurück in seine Kammer zu begeben hatte.
Heinrich von Weida war gar nicht wohl gewesen bei dem Gedanken, was hinter der verschlossenen Tür vor sich ging. Persönlich war es ihm egal, ob die Waldeckerin noch Jungfrau war oder nicht. Hauptsache, sie war nicht schwanger. Das musste in jedem Fall unter Zeugen bestätigt werden. Sein habgieriger Bruder würde alles daransetzen, das Erbrecht von Margarethes zukünftigem Sohn anzuzweifeln. Dem galt es von vornherein einen Riegel vorzuschieben.
Nun stand der Vogt mit hochrotem Kopf und angehaltenem Atem den drei Frauen gegenüber und wartete. Margarethe hatte sich auf ihre Bettstatt zurückgezogen und trank mit hasserfüllten Augen einen großen Becher Rotwein. Die anderen standen in einer Reihe und sprachen mit einer Stimme: »Wir bezeugen hiermit, dass die edle Margarethe von Waldeck unberührt ist.«
Beinahe hätte der Weida vor Freude laut aufgejauchzt. Er hatte sich also geirrt, was die Vorgänge in der Scheune anging. Der Wittelsbacher war nicht halb so ein patenter Hengst, wie es schien – oder Margarethe wehrhafter, als er gedacht hatte. Das zerrissene Kleid kam dem Vogt wieder in den Sinn. Genau so musste es gewesen sein. Der Wittelsbacher hatte versucht, sich sein Recht zu nehmen, aber sie hatte sich ihm widersetzt, genau wie auf dem Hradschin. Was für eine mutige Frau. Strahlend händigte der Vogt der Hebamme den dreifachen Lohn aus und gab den beiden Hofdamen je ein Schmuckstück. Dann entließ er sie alle mit einem Wink.
Schließlich war er mit Margarethe allein. »Es tut mir leid, aber ich hatte keine andere Wahl.«
»Aus meinen Augen«, grollte die Rothaarige.
Weida ignorierte ihre Worte, wie man es bei einem wütenden Kind macht, und trat sogar näher. »Wenn du die Verhältnisse auf
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