Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
es kaum merken würde, wenn ein Becher des herrlichen Tropfens fehlte.«
Unwillkürlich fuhr sich der Wachknecht mit der Zunge über die Lippen. Der Wein roch verführerisch. Sehnsüchtig musterte er den Inhalt des Kruges, dann Margot. »Na ja, wenn man’s genau nimmt, seid Ihr ja auch noch ein Mädchen.« Der Wachknecht zwinkerte listig.
Margot lächelte. Sie wusste, dass sie gewonnen hatte. Mit diesem Augenaufschlag bekam sie fast immer ihren Willen – zumindest bei Männern.
»Rasch, reicht mir Euren Becher, damit ich ihn füllen kann«, flüsterte sie, obwohl es eigentlich gar keinen Grund dazu gab. Schwungvoll goss sie dem Burschen ein. »Das wird Euch munden.«
Die Wache roch an dem Wein und verdrehte genießerisch die Augen. Margot nutzte die Gelegenheit, klopfte kurz an die Tür und stürmte dann in Albrechts Zimmer. Der junge Herzogssohn stand am Schreibpult, und seine Feder kratzte über das Pergament, als er erschrocken aufsah.
»Verdammt noch mal«, herrschte der junge Ritter. »Wer wagt es, zu stören?« Sein Blick traf Margot und wurde etwas milder. »Du hier?« Fragend runzelte er die Stirn.
»Ich habe Wein mitgebracht.«
Während Margot die schwere Eichentür schloss, wanderte Albrechts Blick wieder auf das vor ihm liegende Pergament. Er streute Sand auf das Schriftstück und starrte darauf, als würde er angestrengt nachdenken. Seine Augen jedoch waren leer und seine Schultern leicht nach vorn gebeugt. Margot wartete und hoffte, Albrecht würde von sich aus preisgeben, ob es einen Rettungsplan gab.
Dann räusperte sich der junge Herzogssohn. »Stell ihn einfach dort auf den Tisch. Ach, und danke, Margot.«
Das Mädchen schnaufte enttäuscht. Warum weihte er sie nicht ein? Er wusste doch, dass sie Margarethes Freundin und überdies verschwiegen war. »Aber bitte doch, gern geschehen, der Herr«, antwortete sie spitz.
Albrecht schaute auf. »Hab ich dich irgendwie verärgert?«
»Verärgert? Das trifft es nicht ganz. Ich verstehe nur einfach nicht, wie Ihr hier herumsitzen und in aller Ruhe Briefe schreiben könnt, während Margarethe auf dem Jagdschloss des Königs dem Weida ausgeliefert ist. Bedeutet sie Euch denn gar nichts?«
Albrecht legte den Sandstreuer beiseite und rollte die Schultern, als müsste er sie lockern. Sein Blick flatterte, und eine Ader an seiner Stirn war geschwollen. Mit der Rechten fuhr er sich durch das glatte, nussbraune Haar. »Ja, das ist furchtbar, aber was soll ich tun? Ich bin hier gefangen. Hast du die Wache nicht gesehen?«
»Margarethe liebt Euch, wisst Ihr das eigentlich?«
Albrecht holte tief Luft. »Ich liebe sie auch.«
»Und warum lasst Ihr sie dann im Stich?«
»Ich würde meine rechte Hand opfern, um hier herauszukommen. Ich hab’s auch schon versucht, aber es ist aussichtslos. Meine Tante ist so stur …« Albrecht knallte mit der Faust auf die Tischplatte. Margot fuhr zurück. Der Herzogssohn raufte sich erneut die Haare. »In einem hat sie sicher recht«, fuhr er fort. »Was könnte ich Margarethe schon bieten? Ein Leben als Schlaffrau eines Mannes, den man irgendwann zur Heirat mit einer anderen zwingen wird? Sie hat weiß Gott etwas Besseres verdient.«
Margot starrte ihn verständnislos an. »Ihr gebt Euch geschlagen, bevor der Herold auch nur die Fahne sinken ließ. Warum kämpft Ihr nicht für Eure Liebe? Ergreift Euer Schwert, und seid ein Held!«
Albrecht schüttelte den Kopf und meinte mehr traurig als wütend: »Kleine Träumerin. Das ist undenkbar. Ich bin ein Wittelsbacher. Ich kann mich der Königin von Böhmen nicht widersetzen. Man erwartet von mir, wie ein Herzog zu handeln. Aber das kannst du wahrscheinlich noch nicht verstehen.«
Margot stemmte die Hände in die Hüften. »Doch, ich versteh ganz gut. Amt und Würden sind Euch wichtig, genauso wie der Wille Eures Vaters und natürlich der der Königin. Nicht so wichtig ist dagegen Eure Liebe zu Margarethe und die Tatsache, dass Ihr beide für den Rest Eures Lebens unglücklich sein werdet.«
»Was schlägst du vor? Dass ich aus dem Fenster steige, mir ein Pferd stehle und Margarethe befreie?«
»Zum Beispiel. Das wäre jedenfalls besser, als hier herumzustehen und sinnlose Briefe zu schreiben.«
Das war frech, nein dreist. Albrecht wurde erst blass, dann feuerrot im Gesicht. »Du bist wirklich noch ein Kind, und so will ich deine Worte verstehen, denn wenn es anders wäre …«
»Dann? Was seid Ihr nur für ein Mann, Albrecht von Wittelsbach? Ihr habt Margarethe doch
Weitere Kostenlose Bücher