Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
gar nicht verdient.« Ohne ein weiteres Wort drehte Margot sich um und rannte aus dem Zimmer. Sie dachte daran, dass sich die Prinzen von heute doch deutlich von denen im Märchen unterschieden. Und wenn dem so war, dann wollte sie besser niemals heiraten, und verlieben würde sie sich schon dreimal nicht.
Die gebratenen Enten und Gänse rochen köstlich. Margarethe starrte sie in dem Bewusstsein an, dass sie vielleicht für längere Zeit ihre letzte, richtige Mahlzeit darstellten. Sie aß hastig, so viel sie konnte. Der Vogt sah es mit Wohlwollen. Lächelnd ließ er ihr vorlegen und füllte eigenhändig ihren Becher. Margarethe verdünnte sich den Wein mit Wasser. Trotzdem stieg er ihr in den Kopf. Sie hatte einfach schon vorher zu viel getrunken. Der Weida entspannte sich zusehends, blieb aber ebenfalls zurückhaltend mit dem Wein. Er entlohnte die Spielleute großzügig und erzählte dann Geschichten, die die Ritter zum Lachen brachten. Amüsiert forderten sie ihn auf fortzufahren. Was Margarethe anging, benahm er sich untadelig und behielt seine Hände bei sich. Für den heutigen Tag schien er besänftigt, weil sie zum Nachtmahl erschienen war und ihn vor seinen Männern mit Respekt behandelte.
Margarethe beschloss, ihn noch mehr in Sicherheit zu wiegen, und blieb länger, als es die Höflichkeit verlangt hätte. Zudem hoffte sie, dass die meisten Männer dadurch zu betrunken sein würden, um ihr später rasch zu folgen, falls die Flucht gelang. Die Nacht war schon weit fortgeschritten, und der Mond leuchtete hell durch die Fenster, als sich die Rothaarige endlich erhob.
Weida küsste galant ihre Fingerspitzen und meinte: »Ich werde Euch begleiten, Margarethe. Es gibt da noch etwas, was wir zu bereden hätten.«
Sein Blick huschte zu Katerina, und sofort wurde Margarethe misstrauisch. Was hatte er mit ihr vor? Sie beschloss, sich zu zieren, so wie man es von ihr erwartete, und hob fragend die Augenbrauen. »Hat das nicht Zeit bis morgen?«
»Ich fürchte, nein«, antwortete Weida. »Es geht um unseren Ehevertrag.«
Es gibt nichts, was mich weniger interessiert, dachte Margarethe, behielt die Worte aber für sich. »Wenn Ihr es für nötig erachtet«, gab sie ergeben zurück. Dann ergriff sie eine Karaffe mit Wein und machte sich auf den Weg, wobei sie fast ein wenig die Hüften schwenkte. Der Vogt starrte sie verblüfft an. Hastig dackelte er ihr auf seinen krummen Beinen hinterher.
Im Gegensatz zu Weida und Margarethe hatte Jan dem Wein reichlich zugesprochen. Als sich die Gastgeber vom Tisch erhoben, stierte er den beiden betrunken nach. Jan beobachtete, wie der Vogt Margarethe mit begehrlichem Blick folgte und im Schatten der Fackeln verschwand. Jans Gedanken flossen zäh wie Honig, und ein schaler Geschmack erfüllte seinen Mund. Erneut griff er nach der Karaffe und schenkte sich nach. Er verschüttete jedoch die Hälfte, als er viel zu hastig trank.
Er war so unglücklich, wie man nur sein konnte. Heinrich von Weida und seine Margarethe würden bald Mann und Frau sein. Es war kaum zu ertragen. Er liebte sie doch, mehr als sein Leben sogar, und sie schien es nicht einmal zu bemerken und hatte bloß Augen für Albrecht, und dem fiel nichts Besseres ein, als sie wie eine Dienstmagd zu verführen. Jan hob den Becher wieder an und goss sich einen weiteren großen Schluck in die Kehle.
»Aber ich hab’s ihr ja auch nie gesagt«, lallte er vor sich hin. »Vielleicht sollte ich das endlich tun. Vielleicht ist gerade jetzt der richtige Moment dafür?«
Aber was würde es ändern? Er besaß immer noch kein Lehen und konnte einer Frau damit auch kein Zuhause bieten. Also würde Margarethe trotzdem den Weida heiraten und an dessen Seite über eine Burg und eine Vogtei herrschen. Jan griff nach einer der Schankmägde und zog sie auf seinen Schoß. Das Mädchen quiekte wie ein Ferkel, und er ließ sie wieder los.
Die Füße weit von sich gestreckt, hatte es sich Heinrich von Weida auf dem gepolsterten Sessel bequem gemacht. Margarethe hatte die Zofe fortgeschickt, sodass die beiden nun allein waren. Weida wurde einfach nicht schlau aus seiner zukünftigen Frau. Vorhin noch hatte sie gekratzt und gebissen, beim Nachtmahl dagegen schien sie ihn geradezu umgarnen zu wollen. Dass sie sich plötzlich mit ihrem Schicksal abgefunden haben könnte, konnte er sich nicht vorstellen. Dieser scheinbare Sinneswandel kam zu plötzlich. Weida war überzeugt, dass Margarethe etwas im Schilde führte. Entweder hatte sie
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