Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
gute Miene zum bösen Spiel. Lasst sie glauben, Ihr hättet Euch mit Eurem Schicksal abgefunden, dann wägen sie sich in Sicherheit. Vielleicht lässt ihre Wachsamkeit nach, und Ihr erhaltet die Gelegenheit, die Ihr herbeisehnt. Ihr wollt doch weglaufen, stimmt’s? Ihr wollt zum Herrn Wittelsbach. Ich bin dabei, wenn Ihr mich und Gretchen mitnehmen wollt.«
Ihre Herrin atmete ein paarmal tief ein und aus. Trine fürchtete schon, zu weit gegangen zu sein, als Margarethe das Wort ergriff: »Das klingt klug, aber niemand wird uns helfen, nicht einmal Jan.«
»Manchmal muss man seinem Schicksal selbst auf die Sprünge helfen.«
Nachdenklich nagte Margarethe an ihrer Unterlippe. »Wenn ich fliehe und Albrecht nachreite, werde ich das Wohlwollen der Königin verlieren. Ich bin ihr verpflichtet.«
Trine sah sie mit festem Blick an. Dann sagte sie: »Verpflichtet sind wir nur Gott und unserem Gewissen.«
Margarethe schluckte. Trine sprach klüger und mutiger, als sie es von ihrer Zofe erwartet hatte.
»Wir bräuchten Pferde.«
Trine schüttelte den Kopf. »Besser, wir haben keine. Zu Fuß können wir uns unsichtbar machen, und wir begehen zudem kein Verbrechen, wofür man uns später hängen könnte.«
»Du meinst also, ich soll dieses gelbe Kleid anziehen und den Weida hübsch anlächeln, ihm aber vors Schienbein treten, sobald wir allein sind.«
Trine musste lächeln. »So in etwa. Habt Ihr nicht auch beobachtet, dass sich die Wachen zurückziehen, sobald er in Eurer Nähe ist?«
»Und was ist, wenn man uns schnappt?«
»Dann werdet Ihr des Vogts Kinder gebären müssen, aber Ihr habt es wenigstens versucht«, meinte Trine mit einem Schulterzucken.
»Vorher springe ich vom Turm.« Margarethe schlug sich zur Bekräftigung vor die Brust.
»Dann geht hinaus und seht, was das Schicksal für Euch bereithält.«
Margarethe nickte. Trines Entschlossenheit hatte sie angesteckt.
»Noch ein Rat?«, fragte Trine, während sie bereits das gelbe Kleid aus der Reisetruhe holte.
»Noch ein Rat.« Margarethe lächelte.
»Zügelt Euch mit dem Wein«, empfahl Trine. »Ihr werdet einen klaren Kopf brauchen.«
Margot musste immerzu an ihre Freundin denken. Margarethe hatte zutiefst verzweifelt gewirkt, als sie in die Kutsche gestiegen war. Was, wenn sie sich etwas antat? Der Gedanke war ihr unerträglich. Mindestens ebenso furchtbar war die Vorstellung, Margarethe würde mit diesem alten Kerl verheiratet werden, wo sie doch den Albrecht so liebte. Margots Vorstellungen von der Liebe waren manchmal recht naiv. Ihr Wissen stammte aus den schier unerschöpflichen Geschichten ihrer Amme. Keine zwei Märchen waren gleich gewesen, und immer waren sie gut ausgegangen: Der Prinz hatte Mühen und Anstrengungen auf sich nehmen müssen, aber am Ende waren er und die wunderschöne Prinzessin vereint und lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Und so musste es auch sein, oder?
Auch im richtigen Leben kannte Margot nur glückliche Paare. Sie erinnerte sich an das strahlende Lächeln, mit dem ihre Mutter den Vater stets begrüßt hatte, worauf dieser ihre Fingerspitzen küsste. Ohne Zweifel liebten sich ihre Eltern bis heute. Aber sie wusste, dass auch ihr Vater um seine Gattin hatte kämpfen müssen und dass es früher noch einen anderen Verehrer gegeben hatte. Warum bloß unternahm Albrecht nichts? Die Frage beschäftigte Margot schon den ganzen Tag, und jetzt hielt es sie nicht mehr in ihrem Zimmer. Entschlossen schnappte sie sich einen Krug Wein und ging hinüber in den Männertrakt. Albrechts Kammer war nicht zu verfehlen, befand sich doch eine Wache davor. Es war kein Ritter, sondern ein einfacher Wachknecht. Den würde sie schon um den Finger wickeln, da war sich Margot sicher. Den Krug fest an die Brust gedrückt, marschierte die junge Hofdame auf ihn zu.
»Bringt Ihr den Wein, den der Herr hat haben wollen?«, erkundigte sich der riesige Kerl.
Margot stutzte. Kam ihr ein gütiger Zufall zu Hilfe? »Genau, mit einem Gruß der Königin«, behauptete sie mit unschuldigem Augenaufschlag.
»Ich werde ihm den Krug gleich bringen.« Der Wachknecht nickte. »Wenn Ihr ihn mir hierlassen wollt.«
Margot drückte das Gefäß fest an sich. »Nein, das mach ich lieber selbst.«
Die Miene des Wachknechts verschloss sich. Schon verstellte er dem Mädchen den Weg zur Tür und meinte förmlich: »Damenbesuch darf ich nicht gestatten.«
Margot versuchte es mit einem verschwörerischen Lächeln. »Ich könnte mir vorstellen, dass der Herr
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