Die falsche Braut für Ewan? (German Edition)
geschäftlich unterwegs. Er hat all die Jahre hindurch unglaublich viel Geduld mit ihr gehabt, aber ich fürchte, das hier könnte ihm endgültig zu viel werden."
Claire war sich da nicht so sicher. Tessas Schwärmereien währten nie lange. Je heißer die Flamme brannte, umso schneller schien sie auch wieder zu verglimmen. Trotzdem konnte Claire es sich nicht leisten, ein Risiko einzugehen, wenn für Brancasters so viel auf dem Spiel stand.
Sie legte den Zeigefinger an die Unterlippe, während sie überlegte, was der beste Schlachtplan war.
"Ich würde diesen Mann gerne einmal selbst kennen lernen", sagte sie schließlich. "Bis dahin werde ich ein paar Erkundigungen über ihn einziehen, und dann können wir weitersehen."
Lady Lydiard schluchzte noch einmal, wirkte aber ansonsten schon wesentlich entspannter. "Danke, Claire. Du warst schon immer so vernünftig und unvoreingenommen. Es ist eigentlich beinahe so gut, wie mit einem Mann zu reden."
"Danke …", murmelte Claire.
"Lord und Lady Fortescue geben heute Abend einen Ball", erzählte Lady Lydiard. "Ich bin mir sicher, dass er dort sein wird. Der Schurke hat es irgendwie geschafft, zu jedem gesellschaftlichen Ereignis eingeladen zu werden, das Tessa in den letzten zwei Wochen besucht hat. Und da Sylvia Fortescue Amerikanerin ist …"
Claire nickte. Hochzeiten von verschuldeten britischen Adeligen mit amerikanischen Erbinnen waren in der letzten Zeit geradezu eine Seuche geworden.
Sie überlegte einen Moment. "Ich glaube, ich habe eine Einladung von Lady Fortescue bekommen. Nachdem ich keine Absage geschickt habe, schätze ich, es steht mir frei zu kommen, wenn ich möchte, und eine passende Begleitung kann ich auch mitbringen."
"Du machst dir nie die Mühe, eine Absage zu schicken." Lady Lydiard schnalzte ob solch ungehöriger Nachlässigkeit mit der Zunge. "Dann kommst du trotzdem nicht und bringst die Sitzordnung jeder Gastgeberin durcheinander, die närrisch genug ist, dich zu erwarten. Und an was für eine passende Begleitung hattest du gedacht?"
"An einen privaten Ermittler, wenn du es unbedingt wissen musst. Ich habe ihn schon einmal beschäftigt, um Informationen für mich zu beschaffen. Er hat sich als äußerst diskret und zuverlässig erwiesen. Ich hätte gerne, dass er sich diesen neuen Bewunderer von Tessa einmal genauer ansieht."
Claire öffnete die oberste Schublade ihres Schreibtisches und warf schwungvoll die Papiere von der Admiralität hinein. Sie würde heute wohl keine Zeit mehr für reguläre Geschäftsangelegenheiten haben, wenn sie Mr. Hutt noch erreichen und verpflichten wollte und sich dann für den Ball bei den Fortescues angemessen ankleiden und herrichten lassen musste.
Aber es führte kein Weg drum herum. Die Ziele dieses Mitgiftjägers zu durchkreuzen mochte sich als ebenso notwendig für ihren künftigen Wohlstand erweisen wie jeder Marinevertrag. Außerdem empfand es Claire als ihre Pflicht, Tessa vor ihrer eigenen Dummheit zu bewahren.
Der Tanz hatte bereits begonnen, als Claire und ihr Begleiter an jenem Abend im Stadthaus der Fortescues am Grosvenor Square eintrafen.
"Miss Talbot, was für eine freudige Überraschung." Lady Fortescue sah weder erfreut aus, noch hörte sie sich so an. "Lady Lydiard hat mir eine Nachricht geschickt, dass Sie heute vielleicht doch noch kommen würden."
"Das war nett von ihr." Claire erwiderte das schwache, unaufrichtige Lächeln ihrer Gastgeberin. "Darf ich Ihnen meinen Begleiter vorstellen? Mr. Obadiah Hutt, ein Geschäftsfreund."
Lady Fortescue hieß Mr. Hutt kühl, aber gnädig willkommen. Er wirkte in Abendkleidung überraschend distinguiert. Claire fragte sich, ob ihre Gastgeberin ebenso freundlich gewesen wäre, wenn sie die Wahrheit über die Art ihrer Bekanntschaft gewusst hätte.
Sobald sie außerhalb von Lady Fortescues Hörweite waren, beugte Mr. Hutt sich zu Claire hinüber und murmelte, "Ich werde dann mal gehen und mich umschauen und umhören, wenn es Ihnen recht ist, Miss."
"Aber sicher." Claire ließ ihren Blick rasch durch den Ballsaal schweifen, sah jedoch nirgendwo eine Spur von Tessa oder Lady Lydiard. "Es ist mir immer recht, wenn Leute das tun, wofür sie bezahlt werden."
Der Ermittler ließ seinen geübten Blick über die anderen Gäste gleiten. "Wenn sich dieser Kerl in den letzten ein bis zwei Wochen öfter in der Gesellschaft hat sehen lassen, muss einfach irgendjemand etwas über ihn wissen."
Je mehr Mr. Hutt herausfindet, umso besser, selbst wenn
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