Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
»Die
große.«
    Â»Dann war sie ja praktisch leer.«
    Â»Na ja, da war noch ein … Büchlein.«
    Â»Ein Büchlein.«
    Â»Joyce. ›Ulysses‹.«
    Â»Was Dickeres hast du wohl nicht gefunden in deinem Regal. War es
wenigstens eine Taschenbuchausgabe?«
    Â»Hardcover. Die Ausgabe von siebenundfünfzig.«
    Â»Theresa, Herrgott noch mal! Das war ja schon versuchter Totschlag!«
    Â»Er hat einen Helm getragen. Und ich habe das früher auch immer so
gemacht bei Demos. Man fühlt sich nicht so hilflos als Frau, mit einem Buch in
der Handtasche.«
    Â»Wie oft hast du zugeschlagen? Einmal? Zweimal?«
    Â»Viermal. Vielleicht auch öfter. Ich habe in der Eile nicht mitgezählt.«
    Â»Und jetzt hat er deine Papiere, na super. Das wird Ärger geben,
mein Schatz. Dein Mann wird begeistert sein.«
    Köpfe fuhren herum. Die Blicke einiger in der Nähe Sitzender
richteten sich auf uns. Aber das war mir jetzt gleichgültig.
    Â»Fürchte ich auch«, gestand meine mit einem Mal sehr verunsicherte
Geliebte. »Egonchen darf auf keinen Fall davon erfahren. Du kannst doch
bestimmt irgendwas tun? Um zu verhindern, dass er es erfährt?«
    Nun senkte ich doch lieber die Stimme: »Wie stellst du dir das vor?
Soll ich eine Anzeige unterschlagen? Wenn das erst mal bei der
Staatsanwaltschaft liegt, und die arbeiten zurzeit mit Hochdruck, das kannst du
mir glauben …«
    Â»Alexander, ich bitte dich!« Kläglich sah sie mir ins Gesicht. »Ich
weiß doch, wie das bei euch läuft.«
    Eine Tür öffnete sich. »Frau Liebekind?«, rief eine resolute
Schwester mit drohendem Blick. Theresa erhob sich umständlich und stakste mit
wackeligem Stolz davon, um ihre Platzwunde versorgen zu lassen. Ich zückte mein
Handy, um zu telefonieren. Solange die Handtasche sich noch in Händen der
Polizei befand, war vielleicht noch etwas zu retten.
    Als ich später zur Direktion zurückfuhr, kam mir ein nicht
enden wollender Konvoi grüner und blauer Mannschaftswagen entgegen, und
plötzlich fiel mir wieder ein, was mich am Vormittag während des Gesprächs mit
Helena irritiert hatte. Wir hatten über den italienischen Mercedes gesprochen,
und in diesem Zusammenhang hatte sie gesagt: »Wenn Judith ein Fahrzeug brauchen
sollte, dann wird ein anderes bereitstehen.«
    Prochniks Wagen war ein ausgemustertes Polizeifahrzeug gewesen. Ein
Kleinbus, den er nicht umlackiert hatte, obwohl es Vorschrift war. Diesen Bus
hatten wir bisher nicht gefunden. Weder im Umfeld seines Hauses in Rastatt noch
in der Nähe der Stelle, wo er im Feuer ums Leben gekommen war.
    In einen solchen Kleinbus konnte man eine Menge Sprengstoff packen.
Ein Polizeifahrzeug würde im Trubel der kommenden Tage nicht allzu sehr
auffallen und es mit etwas Glück vielleicht durch sämtliche Sperren und
Kontrollen bis zum Tagungshotel schaffen. Nicht auszudenken, wenn es dort mit
hoher Geschwindigkeit durch irgendwelche Glastüren ins Innere …
    Zurück an meinem Schreibtisch, gab ich Anweisung, ab sofort mit
allen noch verfügbaren Kräften nach dem Fahrzeug zu suchen. Die noch
verfügbaren Kräfte hießen Rolf Runkel, fand ich rasch heraus. Auch die Suche
nach der Wohnung der Terroristin war wichtig und lief auf Hochtouren, war
jedoch bisher ergebnislos geblieben.

41
    Gudrun Linhardt war Mitte fünfzig. Die große Altbauwohnung,
in der wir Horstkotte verhaftet hatten, gehörte ihr seit dem Tod ihres Mannes,
eines mäßig erfolgreichen Unternehmensberaters, allein. Ihr Gatte war
begeisterter Großwildjäger gewesen und vor sieben Jahren in Kenia bei einem Flugzeugabsturz
ums Leben gekommen. Seither vermietete sie einige ihrer vielen Zimmer an
illustres und meist wenig zahlungskräftiges Publikum.
    Ich erreichte sie per Handy bei »Brot & Salz«, einer Einrichtung,
die preiswerte Lebensmittel an Bedürftige abgab. Der kleine Laden befand sich
an der Plöck, keinen halben Kilometer von der Polizeidirektion entfernt. Am
Telefon blieb sie reserviert, jedoch nicht unfreundlich. In die Direktion zu
kommen, war ihr im Moment nicht möglich, da sie mit irgendwelchen wichtigen
Arbeiten in Verzug war. So machte ich mich auf den Weg zu ihr. Während ich
wieder einmal in Richtung Altstadt ging, wählte ich die Nummer der Staatsanwaltschaft.
Dort wusste man nichts von einer im Zuge einer versuchten Körperverletzung

Weitere Kostenlose Bücher