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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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als
Tatwaffe sichergestellten Handtasche.
    Gudrun Linhardt war klein und drahtig, hatte vom Sortieren von
Salatköpfen, die auf irgendeinem Wochenmarkt übrig geblieben waren, schmutzige
Hände und einen trotz ihres Alters kindlich neugierigen Blick. In dem kleinen
Laden wurde neben keineswegs vergammelt wirkenden Lebensmitteln auch gebrauchte
Kleidung angeboten.
    Â»Seit mein Mann nicht mehr ist, bin ich allein«, sagte sie eilig,
nachdem sie mir anstelle der Hand den Ellbogen gereicht hatte. »Kinder habe ich
keine, und was soll ich allein mit sechs Zimmern?« Sie machte sich wieder an
ihrem Salatgebirge zu schaffen. »Und da bin ich auf die Idee gekommen, einen
Teil der Wohnung zu vermieten. Nicht wegen Geld. Geld habe ich genug. Ich mag
es einfach, wenn Leben in der Bude ist. Ich mag junge Menschen um mich herum.
Es hält einen selbst jung, bilde ich mir ein.«
    Â»Teilweise sind es ja ziemlich merkwürdige Mitbewohner, die Sie sich
ausgesucht haben«, sagte ich mit meinem gewinnendsten Lächeln.
    Erstaunt sah sie auf, ohne ihre Tätigkeit zu unterbrechen.
    Â»Adrian Horstkotte zum Beispiel. Er sitzt gerade mal wieder in
U-Haft.«
    Sie sah mir aufmerksam ins Gesicht, wischte sich zum dritten Mal die
Hände an ihrer grünen Schürze sauber. Durch die Tür trat ein gut gelauntes Paar
in den Sechzigern mit blauen Kunststoffkisten voller Tomaten und grünem
Paprika. Die beiden schwärmten von der tollen Demo.
    Â»So habe ich mich lange nicht gefühlt«, hörte ich die Frau sagen.
    Â»Gehen wir nach hinten«, sagte meine Gesprächspartnerin. »Da ist es
ruhiger, und ich könnte auch einen Schnaps vertragen.«
    Sie führte mich durch eine schmale Tür in den hinteren Bereich des
Ladens. Rechts befand sich ein karg möbliertes kleines Büro, in dem ein Mann
und eine Frau gleichzeitig telefonierten. Die pummelige, rotgesichtige Frau
offenbar mit ihren Kindern, der Mann mit dem Leiter eines Supermarkts, der
einen größeren Posten Joghurt mit abgelaufenem Verfallsdatum abzugeben hatte.
An den Wänden hingen bunte Werbeplakate für Waschmittel, auf denen schöne
Frauen mit weißen Zähnen in die Sonne lachten.
    Zwei Türen weiter gab es eine kleine Teeküche, in der ein nicht sehr
sauberes Tischchen unter dem lange nicht geputzten Fenster stand. Darum herum
drei billige und wenig vertrauenerweckende Klappstühle. Auch hier hing ein
Plakat an der Wand. Dieses warb für Rügenwalder Teewurst. Glückliche Menschen
lachten mit weißen Zähnen in die Sonne.
    Â»Ich weiß, Luxus ist anders.« Gudrun Linhardt öffnete schwungvoll
das Eisfach eines bejahrten Kühlschranks. »Mögen Sie auch einen Magenbitter?«
    Ich nickte. Auf Theresas Heldentat hin konnte ich ein Schnäpschen
vertragen, auch wenn ich im Dienst war. Sie füllte zwei Gläschen randvoll aus
einer dunkelbraunen Flasche ohne Etikett. Wir setzten uns.
    Â»Aber Vorsicht«, sagte sie, als wir anstießen und den Flecken auf
dem Tischchen noch einige hinzufügten. »Selbst gebraut. Hilft einfach gegen
alles.«
    Der Magenbitter machte seinem Namen Ehre. Ich schüttelte mich und
stellte das Glas vorsichtig ab.
    Â»Zieht ganz schön durch, was?«, fragte sie vergnügt. Dann wurde sie
ernst. »Ich weiß, Adi gibt gern das Raubein. Aber im Grunde seiner Seele ist er
gutmütig. Wäre er nicht so, würde ich ihn nicht eine Nacht bei mir dulden.«
    Â»Immerhin hat er zum Beispiel mal eine Tankstelle ausgeraubt.«
    Â»Wissen Sie auch, warum?« Sie sah mir ernst in die Augen. Ich
schüttelte den Kopf. »Weil der Besitzer einen seiner Kumpels um den Wochenlohn
geprellt hat. Und das Geld hat Adi geholt und seinem Kumpel gegeben. So tickt
er. So ist Adi.« Genießerisch schlürfte sie den letzten Rest aus ihrem Gläschen.
»Die Jungs und Mädels, die bei mir wohnen, sind in Ordnung. Sie haben
vielleicht ein wenig unkonventionelle Ansichten und kurvenreiche Lebensläufe,
aber sie sind gute Menschen. Und bevor Sie sich jetzt komplizierte Gedanken
machen: Ja, ich schlafe hin und wieder mit dem einen oder anderen. Und nein,
ich habe kein schlechtes Gewissen deswegen.«
    Sie schenkte sich einen zweiten Magenbitter ein. Ich lehnte dankend
ab.
    Â»Natürlich wird oft heiß diskutiert an den Abenden in der Küche.
Über Politik, über all diese Umweltgeschichten. Und auch wenn Sie das als
Polizist

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