Die falsche Frau
ging
hinüber.
»Hallo«, sagte der Privatdetektiv, der sich an einem bunten Cocktail
festhielt. »Danke für den Job!«
»Frau Hagenow hat sich schon bei Ihnen gemeldet?«
»Kommen Sie, um mit mir über die Provision zu verhandeln?
Ãblicherweise zahle ich zehn Prozent für die Vermittlung. Allerdings erst, wenn
der Kunde bezahlt hat.«
»Warum so kratzbürstig? Ich dachte, wir hätten Frieden geschlossen?«
Pretorius hatte unverkennbar schlechte Laune. AuÃerdem hatte er
schon beträchtliche Schlagseite. Er nahm einen groÃen Schluck aus seinem hohen
Glas, stellte es auf einem der Stehtische ab, nahm es aber gleich wieder zur
Hand, als hätte er Angst, es könnte ihm abhandenkommen.
»Entschuldigung. War nicht mein Tag heute.«
»Was halten Sie von der Geschichte?«
»Vom verlorenen Sohn? Was soll ich davon halten? Die Frau ist bereit,
jeden Preis zu bezahlen, wenn ich ihr Wunderkind zurückbringe.«
»Ich denke, der arme Kerl hat die Fürsorge seiner Mutter nicht mehr
ertragen und gönnt sich ein paar Wochen Urlaub ohne Familienanschluss.«
Der Geräuschpegel war inzwischen so hoch, dass wir die Köpfe
zusammenstecken mussten, um uns zu verstehen.
»Passt nicht ganz.« Pretorius leerte sein Glas. Offenbar hatte er
vor, sich in der nächsten Viertelstunde ins Koma zu trinken. »Vergessen Sie
nicht: Er hat sein Zimmer gekündigt.«
»Sie meinen, er hat seine Zelte hier komplett abgebrochen?«
Der Privatdetektiv sah mit einer Miene an mir vorbei, als hätte er
hinter mir jemanden entdeckt, den er nicht leiden konnte.
»Wären Sie so nett, mich ein wenig auf dem Laufenden zu halten?«,
fragte ich.
»Natürlich nicht.« Er lachte gallig. »Was denken Sie von mir?«
»Sie sind diskret bis in die Haarspitzen, ich weiÃ. Wären Sie
trotzdem so nett? Vor allem, falls sich herausstellen sollte, dass der Junge
tatsächlich irgendwelche Dummheiten plant?«
Plötzlich grinste er. »Ich werde Ihnen nichts versprechen«, sagte er
mit schwerer Zunge. »Aber man ist ja kein Unmensch.«
Ich drängelte mich zu Sneider zurück, der inzwischen friedlich vor
sich hin lächelnd seinen Wein ausgetrunken hatte. Er schien eine Menge zu
vertragen und wirkte auch nach dem zweiten Glas nicht im Mindesten betrunken.
Ich dagegen spürte den Alkohol inzwischen stärker, als mir lieb war. Als ich
fragend auf sein Glas deutete, erklärte er in ruhigem Ton, er müsse allmählich
nach Hause zu seiner geliebten Margot. Wir nickten uns zu, er klopfte mir auf
die Schulter und war Sekunden später verschwunden. Bald darauf beschloss ich,
ebenfalls den Heimweg anzutreten. Ich zückte mein Portemonnaie, aber Susi
bedeutete mir fröhlich, das Finanzielle habe mein amerikanischer Freund bereits
erledigt.
»Netter Typ«, meinte sie. »Wo haben Sie den her? Was macht er hier?«
»Das weià ich selbst nicht so genau«, gestand ich. »Ich vermute, er
arbeitet für die CIA.«
Ausnahmsweise war sie sprachlos.
Als ich auf die dunkle und angenehm stille Krämergasse hinaustrat,
hatte sich der Nieselregen zu einem kräftigen Wolkenbruch gemausert.
Ausgerechnet jetzt fiel mir ein, dass ich immer noch keine Geburtstagsgeschenke
für meine Töchter hatte.
7
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag waren drei Wohnungen
in Heidelberg und zwei in Mannheim durchsucht worden. Wohnungen von Menschen,
welche die Staatsschützer des BKA aus irgendwelchen Gründen als potenziell
gefährlich einstuften. Es hatte fünf vorläufige Festnahmen gegeben und zwei
Verhaftungen. Als ich morgens in die Direktion kam, liefen bereits die Vernehmungen,
zu denen weder ich noch einer meiner Mitarbeiter geladen war.
An meinem schwarz lackierten Garderobenständer hingen ein
kamelbrauner Dufflecoat, der neu wirkte, und eine schwarze, schon etwas
abgenutzte Handtasche. Die Besitzerin dieser Dinge saà an ihrem Schreibtisch,
über den Laptop gebeugt, als hätte sie die Nacht durchgearbeitet.
»Guten Morgen«, sagte ich und hängte mein Jackett neben ihren Mantel.
»Hallo«, antwortete sie, ohne aufzusehen. »Würde es Ihnen etwas
ausmachen, die Tür zum Vorzimmer offen zu lassen?«
»Gerade eben war sie noch zu.«
»Gerade eben war ich auch noch allein.«
»Haben Sie Angst, ich würde Sie irgendwie ⦠belästigen?« Ich machte
keinen Hehl
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