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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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hineinsteigerte. Hie und
da fühlte er sich nun auch noch zum Dichter berufen, und jedes Mal war das Ergebnis
zum Schreien. Irgendwann Mitte Juni wollte »P« plötzlich nichts mehr von Jakoby
wissen, und wenige Tage später war er verschwunden. Das Handy ausgeschaltet.
Beides bezog Jakoby natürlich auf sich. Nun wurde es unerträglich. Die nächsten
dreißig Seiten las ich quer.
    Am achtundzwanzigsten August, es war ein drückend schwüler
Samstagnachmittag gewesen, hatte Jakoby seinen Geliebten im Gewühl der
Heidelberger Hauptstraße zusammen mit einer Frau gesehen. Wie an Samstagen
üblich, war die Innenstadt gut besucht, die Straßen voller gut gelaunter
Menschen, und Jakoby hatte bis zu diesem Zeitpunkt schon fast siebzig Euro
eingespielt. Die beiden waren aus der Innenstadt gekommen, hatten Einkaufstüten
bei sich getragen und schienen guter Dinge zu sein. Peter von Arnstedt hatte
Jakoby nicht bemerkt oder – was ich für wahrscheinlicher hielt – absichtlich
übersehen.
    Jakoby hatte die Frau an Peter von Arnstedts Seite, die deutlich
älter war als dieser und eine große Sonnenbrille trug, zunächst für dessen
Mutter gehalten. Da er seinen Angebeteten nicht in Verlegenheit bringen wollte,
hatte er darauf verzichtet, sich bemerkbar zu machen.
    Drei Tage später, am einunddreißigsten August, hatte er die Frau
erneut gesehen, dieses Mal jedoch allein. An diesem Tag hatte er sie
angesprochen – mir wurde nicht recht klar, zu welchem Zweck – und war auf
freundliche Verständnislosigkeit gestoßen. Die Frau hatte zunächst geleugnet,
Peter von Arnstedt zu kennen, um dann plötzlich zu behaupten, eine entfernte
Tante zu sein, die nur für einige Tage in der Stadt zu Besuch war. Bei aller
Liebesblindheit und Verzweiflung verfügte Jakoby über ein feines Gespür für
Missklänge und Ausflüchte. Auf den folgenden Seiten machte er sich große Sorgen
um seinen Peter. Rätselte, wer diese Frau war, warum sie gelogen hatte, was es
da für ein Geheimnis geben mochte. Leider gab er – ganz gegen seine sonstigen
Gewohnheiten – nur eine sehr grobe Beschreibung der Unbekannten. Nicht einmal
die Haarfarbe wurde erwähnt.
    Als er die angebliche Tante das nächste Mal sah, am neunten
September und dieses Mal nicht in der Innenstadt, sondern auf der Bergheimer
Straße, hatte er sich an ihre Fersen gehängt. Wider alle Wahrscheinlichkeit hatte
sie nichts von ihrem Verfolger bemerkt, und so konnte er beobachten, wie sie
ein älteres Mietshaus kurz vor dem westlichen Ende der Straße betrat und in den
folgenden sechs Stunden nicht wieder verließ. Jonas Jakoby hatte zwar versäumt,
die Hausnummer zu notieren, das Haus jedoch gut beschrieben. Bis zum
Palace-Hilton waren es von dort keine zweihundert Meter.
    Ich klappte die Kladde zu und alarmierte meine Truppen.

43
    Um halb fünf am Nachmittag betrat ich den mittleren der
drei in Frage kommenden Eingänge des lang gestreckten Gebäudes. Nummer eins und
drei hatten Sven Balke und Evalina Krauss übernommen. Ich drückte den untersten
Klingelknopf. Das Namensschild daneben war so abgegriffen und unleserlich, dass
ich vermutete, die Leute lebten schon lange hier und ich würde nicht unerwartet
der Terroristin gegenüberstehen. Außerdem hatte Helena gemeint, Judith Landers
würde niemals eine Erdgeschosswohnung wählen.
    Der Mann, der mich an der Wohnungstür im Erdgeschoss mit wachsamem
Blick erwartete, war Mitte dreißig und unverkennbar südländischer Abstammung.
    Â»Ja bitte?«, sagte er reserviert und schob eine pomadeglänzende
dunkle Locke aus der hohen Stirn. »Sie wünschen?«
    Â»Entschuldigen Sie bitte die Störung.« Ich sprach mit gesenkter
Stimme. »Ich komme von den Stadtwerken. Es gibt ein Problem mit den
Gasleitungen im Haus. Dürfte ich vielleicht kurz einen Blick in Ihre Wohnung
werfen?«
    Der Griff, mit dem er die Tür festhielt, wurde fester.
    Â»Wenn Sie von den Stadtwerken kommen, dann können Sie sich bestimmt
ausweisen.«
    Meinen Dienstausweis hatte ich in der Tasche. Ich wollte ihn jedoch
nicht zücken, damit nicht unversehens das Wort »Polizei?« durchs Treppenhaus
schallte. Vielleicht war mein Plan doch nicht so gut gewesen.
    Â»Ich will Ihnen nichts verkaufen«, sagte ich leise und eindringlich.
»Es ist nur … Verstehen Sie bitte, ich möchte das nicht gerne im

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