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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Treppenhaus …«
    Im Gegensatz zu mir wurde mein Gesprächspartner mit jedem Satz
lauter.
    Â»Und ich werde keine Menschen in meine Wohnung lassen, von denen ich
nicht weiß, wer sie sind und was ihr Anliegen ist.«
    Nun zeigte ich doch meinen Ausweis und legte gleichzeitig einen
Finger an den Mund. Zum Glück begriff er sofort.
    Ich betrat das Halbdunkel einer offensichtlich geräumigen Wohnung.
Die einzige Möblierung des Flurs bildete ein filigranes Fahrrad mit schmalem
Lenker und ohne Gangschaltung. Irgendwo im Hintergrund murmelte ein Fernseher.
Es duftete nach fremden Gewürzen.
    Â»Hatte mir schon so etwas gedacht«, sagte der Mann, nachdem er die
Wohnungstür sorgfältig ins Schloss gedrückt hatte. »Wie einer dieser lästigen
Zeitungswerber sehen Sie nicht aus.«
    Â»Es geht um eine Frau, die möglicherweise seit zwei oder drei
Monaten hier im Haus wohnt. Sie ist um die fünfzig und schlank.«
    Â»Eine reichlich ungenaue Beschreibung, finden Sie nicht auch?«
    Ich öffnete die Aktenmappe, die ich unter dem Arm trug. »Ich habe
Fotos.«
    Â»Oben«, erwiderte er, nachdem er einen flüchtigen Blick auf die
leider sehr unscharfen Bilder geworfen hatte. »Die Dachwohnung rechts.
Eigentlich wohnt da Irene. Irene ist für ein Jahr in Cincinnati. Und ich
entsinne mich, sie hat davon gesprochen, dass sie ihre Wohnung untervermieten
möchte. Ob sie es allerdings wirklich getan hat, ist mir unbekannt.«
    Â»Sie haben die Untermieterin selbst nie gesehen?«
    Â»Einmal vielleicht doch«, erwiderte er nachdenklich. »Das war vor
etwa drei Wochen, morgens um kurz vor neun. Ich war ein wenig spät, habe hastig
mein Rad ins Treppenhaus geschoben. Und da war diese Frau, noch halb auf der
Treppe. Wäre sie einfach weitergegangen, hätte ich mir nichts dabei gedacht.
Sie hat jedoch auf mich gewirkt, als wollte sie ungern gesehen werden. Wie ich
aus der Tür trat, machte sie kehrt. Als hätte sie etwas vergessen. Ich bin mir
jedoch sicher, dass die nicht ins Haus gehört. Es sind ja nur acht Parteien,
und im Juli hatten wir ein Hoffest. Daher kenne ich fast alle Bewohner.« Er
räusperte sich. »Andererseits«, fuhr er mit verändertem Ton fort, »Sie haben
selbst gesehen, wie dunkel es im Treppenhaus ist. Im Grunde bin ich mir nicht
einmal sicher, dass die Person wirklich eine Frau war. Sie trug Hosen und einen
dunkelblauen Blouson, und ich habe sie ja praktisch nur von hinten gesehen.
Bewegt hat sie sich sportlich. Energisch. Vielleicht sollten wir Gwendolyn
fragen? Meine Frau. Sie ist öfter hier als ich.«
    Unvermittelt streckte er seine Hand aus. »Öymen«, sagte er förmlich.
»Dr. Vahid Öymen. Ich arbeite an der Universität als Gastwissenschaftler.«
    Â»Sie sprechen sehr gut Deutsch.«
    Â»Es ist mein Fach.« Er lächelte geschmeichelt. »Schon als Schüler
habe ich Brentano verehrt und Eichendorff vergöttert.«
    Ohne dass ich hätte sagen können, aus welcher Tür sie gekommen war,
stand plötzlich Gwendolyn Öymen vor mir, sah mich blass und scheu an. Ihr Mann
dolmetschte.
    Â»Um welche Frau es geht, fragt sie.«
    Sie war schmal wie ein Teenager, hatte glattes, rötliches Haar und
wirkte, als wäre sie eben erst aufgewacht. Es gelang mir nicht herauszufinden,
was ihre Muttersprache war. Türkin wie ihr Mann schien sie nicht zu sein. Ich
zeigte ihr die Bilder aus Pakistan, die meine Techniker so gut es ging vergrößert
hatten.
    Â»Sie jetzt Brille«, sagte Gwendolyn Öymen.
    Â»Das heißt, Sie erkennen sie wieder?«
    Sie sah ihren Mann ratlos an. Die beiden besprachen sich kurz.
    Â»Sie hat die Frau sogar mehrfach getroffen. Sie haben jedoch nie
miteinander gesprochen. Sie war immer freundlich, sagt Gwendolyn.«
    Gwendolyn sagte noch etwas zu ihm.
    Â»Worum es geht, möchte sie wissen«, übersetzte er. »Ob diese Frau
etwa eine Verbrecherin ist.«
    Â»Möglicherweise«, erwiderte ich schnell. »Bleiben Sie bitte die
nächste halbe Stunde in Ihrer Wohnung. Gleichgültig, was im Treppenhaus
geschieht.«
    Â»Sie ist zu Hause«, sagte Balke zwanzig Minuten später mit
schmalen Augen. »Oben war schon zweimal Bewegung an den Vorhängen.«
    Wir standen am Fenster eines gegenüber dem fraglichen Haus liegenden
Apartments. Der Bewohner, ein fülliger Mann um die dreißig mit fettigen Haaren
und Mondgesicht,

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