Die falsche Frau
später war Henderson vierhundert Millionen
reicher, weil der Börsenkurs natürlich einen hübschen Freudensprung gemacht
hat. Jedes Mal, wenn ich seine Fresse sehen muss, werde ich auf den edlen Teppich
kotzen, das schwöre ich Ihnen!«
»Was halten Sie davon«, sagte ich langsam, »wenn Sie Frau Vangelis
bei der Sache mit dem Hubschrauber unterstützen? AuÃerdem könnten Sie mir eine
Kleinigkeit abnehmen. Googeln Sie bei Gelegenheit mal den Namen Matthew Wollstonecraft.«
Als Balke die Tür hinter sich schloss, war es Viertel nach zehn und
Helena noch nicht aufgetaucht. Heute wusste auch Sönnchen nicht, wo sie
steckte.
45
Am Dienstagnachmittag um halb fünf erreichte mich die
erste gute Nachricht des Tages: Die Rastatter Kollegen hatten endlich Jürgen
Prochniks Polizeibus gefunden. In einer Garage, nur etwa zweihundertfünfzig
Meter von seinem Haus entfernt. Einer Garage, die er vor einem Jahr angemietet
hatte, angeblich, weil jemand ihm nachts eine Beule in die Beifahrertür
getreten hatte. Beunruhigend fand ich den Umstand, dass das Fahrzeug inzwischen
wieder wie ein echtes Polizeiauto aussah, mit Blaulicht und Martinshorn auf dem
Dach, der Aufschrift »Polizei« an den richtigen Stellen und gut gefälschten
BW-Kennzeichen. Ein halb tauber, aber sehr wachsamer Nachbar behauptete jedoch,
an dem Garagentor habe sich seit Monaten kein Mensch mehr zu schaffen gemacht.
Die Staubschicht, die sich im Inneren abgesetzt hatte, stützte seine Aussage.
Eine kleine Sorge weniger.
Aber Vangelis und Balke hatten schon für Nachschub gesorgt: Ende
Juni hatte Peter von Arnstedt einen zweiten Hubschrauberpiloten kontaktiert.
Henri Peeters lebte in Anderlecht, einem Vorort von Brüssel, und der angebliche
Jens Schmidt hatte ihm im Wesentlichen dieselbe Geschichte erzählt wie dem
Schweizer. Auch dieser Pilot war jedoch am Ende misstrauisch geworden, und auch
dieses Mal hatte der Anrufer mitten im Gespräch aufgelegt.
Ich telefonierte mit Keith Sneider und berichtete ihm von unseren
Befürchtungen. Im Gegensatz zu unserem letzten Telefonat, als ich ihm von dem
mit Sprengstoff beladenen Opel und den jungen Arabern berichtet hatte, zeigte
er sich heute nicht übermäÃig besorgt.
»Sie haben recht, ein guter Pilot könnte unser Bodenradar unterfliegen«,
sagte er ruhig. »Vorstellbar wäre, dass er den Neckar entlang fliegt, immer
knapp über der Wasseroberfläche. Dadurch würde er zwar dem Bodenradar entgehen,
aber nicht unseren Awacs-Maschinen. Ich werde die Sache aber sicherheitshalber
mit unseren Leuten bei der Air Force besprechen.«
Von den Awacs-Maschinen hörte ich in dieser Sekunde zum ersten Mal.
»Aber was, wenn der Hubschrauber längst in der Nähe ist?«, fragte
ich. »In einem Wäldchen auf dem Königstuhl versteckt? Irgendwo im Odenwald?«
»Dann hätten wir nur eine Vorwarnzeit von wenigen Minuten.«
Plötzlich klang Sneider doch ein klein wenig beunruhigt. »Wenn die Maschine mit
Sprengstoff vollgestopft wäre und die Stadt anfliegen würde, dann würde sich
ein Abschuss natürlich â¦Â«
Er wagte nicht, den Satz zu Ende zu sprechen.
»Du siehst müde aus«, sagte Theresa.
»Ich bin so gut wie tot«, erwiderte ich. »Wenn der Wahnsinn vorbei
ist, nehme ich ein halbes Jahr Urlaub.«
Ich erzählte ihr im Telegrammstil von den neuesten Turbulenzen und
Entwicklungen. Sie bemitleidete mich gebührend. Und sie hatte ein schlechtes
Gewissen. Wie auch ich. Sie entschuldigte sich bei mir für ihre fehlende
Sensibilität und für ihre Gedankenlosigkeit. Ich tat dasselbe.
Am Ende lachten wir, sanken auf unsere Matratze und küssten und
streichelten uns leise und zärtlich, ohne uns auszuziehen. Plötzlich konnte ich
mir nicht mehr vorstellen, wie ich wütend hatte sein können auf diese so
wunderbar duftende Frau.
»Jetzt streiten wir uns schon, als wären wir verheiratet«, sagte ich
irgendwann.
Sie schien nachzudenken über meinen Satz.
»Hast du das Gefühl â¦Â«, sagte sie schlieÃlich leise und rückte noch näher
an mich heran, »â¦Â dass unsere Beziehung irgendwie anders ist, seit du weiÃt,
dass ich Egonchen nicht betrüge?«
»Alles andere wäre ja auch ziemlich merkwürdig«, erwiderte ich. »Ich
finde es besser so. Entspannter. Ehrlicher.«
»Weià nicht«, sagte sie, nachdem sie
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