Die falsche Frau
etwas?«
»Leider ja. Hat dieser angebliche Herr Schmidt die Maschine
gechartert?«
»Nein. Der Besitzer, übrigens zugleich der Pilot, wollte mehr
Details wissen. Was dieses Institut genau macht und worum es bei den geplanten
Luftaufnahmen ging. Daraufhin ist der andere ins Stottern gekommen, auf einmal
hieà es, er sei Student, und es sei zunächst nur eine unverbindliche Anfrage.
Am Ende hat er mitten im Satz aufgelegt. Der Schweizer hat sich anschlieÃend
sogar die Mühe gemacht, die Uni anzurufen. Dort hat er erfahren, dass es in
Heidelberg ein solches Institut gar nicht gibt.«
»Vielleicht nur ein Versuchsballon?«
»Beim nächsten Mal wird er sich besser vorbereitet haben.«
»Hat er denn noch andere angerufen?«
»Ich kann es nicht ausschlieÃen. Aber Sie glauben nicht, wie viele
Hubschrauber es gibt im Umkreis von dreihundert Kilometern.«
»Wie weit kann so eine Bell denn fliegen mit einer Tankfüllung?«
»Knapp tausend Kilometer, habe ich mir sagen lassen. Hängt ab von
Geschwindigkeit, Beladung et cetera.«
»Warum rufen Sie dann nur im Umkreis von dreihundert Kilometern an?«
»Weil ich sonst ins Irrenhaus komme.«
Ich hatte kaum aufgelegt, da summte mein Apparat erneut.
»Chef«, sagte Balke niedergeschlagen, »hätten Sie mal eine Minute
für mich?«
»SchieÃen Sie los.«
»Ich würde lieber zu Ihnen hochkommen. Es ist â¦Â«
»Dann kommen Sie.«
Und schon der nächste Anruf.
»Selma hier«, hörte ich die fröhliche Stimme von Peter von Arnstedts
ehemaliger Freundin. »Vergangene Nacht ist es mir wieder eingefallen!«
Mir war inzwischen entfallen, was ihr so lange nicht eingefallen
war.
»Der Name! Wollstonecraft!«
Ich nahm die Brille ab, legte sie auf den Schreibtisch, rieb meine
müden Augen.
»Aha, ja, und?«
»So hat ein Mann geheiÃen, der vor zwei Jahren mal einen Vortrag an
der Uni gehalten hat. Ãber die Dritte Welt und so. Matthew Wollstonecraft. Ein
Engländer, ich meine, er war Wirtschaftswissenschaftler. Aber keiner von diesen
Anzug-und-Krawatte-Typen. Er macht in Indien dieses Mikrokreditdings.«
»Okay â¦Â«
Selma Mangold spürte meine mangelnde Begeisterung und wurde etwas
leiser. »Hab gedacht, es interessiert Sie vielleicht.«
Es klopfte. Balke. Ich bedankte mich höflich und legte auf.
»Nehmen Sie Platz«, sagte ich so freundlich, wie es mir in meiner
momentanen Verfassung möglich war. »Wo brenntâs diesmal?«
»Diese Geschichte morgen. Diese Tagung â¦Â«
»Sie machen sich Sorgen?«
»Ich mache normalerweise alles, Chef, das wissen Sie. Ich bin
bestimmt nicht zimperlich. Aber ich habe wirklich keine Lust, einem Typen wie
diesem Henderson den â entschuldigen Sie â Arsch zu bewachen. Könnten Sie mich
irgendwo einteilen, wo ich möglichst weit weg bin von dem Mann?«
»Sie haben ein Problem mit dem amerikanischen Wirtschaftsminister?«
»Sie nicht?«
»Doch«, gab ich zu. »Aber es hat auch schon andere Situationen
gegeben, wo wir Menschen beschützen mussten, die wir lieber im Knast gesehen
hätten.«
»Alles hat Grenzen. Wäre es okay, wenn ich Ihnen ein Attest bringe?«
»Würden Sie sich gut fühlen, wenn Sie jetzt kneifen?«
Balke zuckte ratlos die muskulösen Schultern. Das Pflaster über
seinem Auge war inzwischen kleiner geworden. Seine Wunde schien gut zu heilen.
»Geht es darum, dass der Mann so reich ist? Oder darum, wie er zu
seinem Reichtum gekommen ist?«
»Beides«, murmelte mein Untergebener unglücklich.
»Es gibt auch bei uns Vorstandsvorsitzende, die Millionen im Jahr â¦Â«
»Millionen?«, fiel er mir empört ins Wort. »Sagten Sie Millionen?«
»Soweit ich informiert bin â¦Â«
»Auf den Internetseiten der Financial Times habe ich einen interessanten
Artikel gefunden. Der Börsenwert der HBC liegt heute bei zehn Milliarden
Dollar. In der Zeit, die der Mistkerl den Laden leitet, hat die Firma im
Schnitt pro Jahr eine Viertelmilliarde zugelegt, und die Hälfte der Aktien hält
Henderson. Sein Managergehalt, das sind doch Peanuts für diese Dreckbacke! Mit
seiner Kohle könnte man halb Afrika ernähren! Und wissen Sie, was das Tollste
ist? Letztes Jahr haben sie in den USA auf einen Schlag siebzehntausend
Mitarbeiter gefeuert, und einen Tag
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