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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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wieder eine Weile geschwiegen
hatte. Unser Saxofonist war aus dem Urlaub zurück und spielte wieder für uns.
Schließlich erhob ich mich noch einmal und öffnete eine Flasche Sekt. Wir
stießen an und küssten uns.
    Â»Findest du, ich habe zugenommen?«, fragte Theresa.
    Â»Ãœberhaupt nicht«, erwiderte ich hastig auf die zweitgefährlichste
aller Fragen. Die gefährlichste lautet: Liebst du mich eigentlich noch?
    Â»Habe ich auch nicht«, erklärte sie stolz. »Obwohl ich nicht mehr
rauche.«
    Â»Am Samstag hast du geraucht.«
    Â»Das war eine Ausnahme. Eine Krisensituation.«
    Eine Weile nippten wir still an unserem Sekt und lauschten auf die
Musik von oben, auf Geräusche der Straße, die durch die gekippten Fenster
hereindrangen. In der Ferne lachten Menschen. Es war ein warmer Abend. Die
Biergärten waren auch jetzt, Anfang Oktober, immer noch gut besucht.
    Â»Früher haben wir manchmal verrückte Sachen gemacht«, sagte ich.
    Â»Du denkst an den Abend am Baggersee?« Theresa gluckste wohlig. »Als
du die Schranke kaputt gemacht hast?«
    Â»Wobei Sie sich der Anstiftung und Beihilfe schuldig gemacht haben,
gnädige Frau. Diesen Punkt bitte ich, im Protokoll festzuhalten.«
    Plötzlich ging ein Ruck durch sie. Sie stellte ihr leeres Glas neben
der Matratze auf den Boden. »Was hältst du von einem kleinen Abendspaziergang?«
    Â»Jetzt?«, fragte ich erschrocken.
    Â»Abendspaziergänge macht man üblicherweise abends.«
    Sie stand schon auf den Füßen, reichte mir die Hand und zog mich
hoch. Ich leistete noch ein wenig hinhaltenden Widerstand, ergab mich aber bald
in mein Schicksal. Vielleicht würde mir die frische Luft gut tun. Zu erotischen
Heldentaten fühlte ich mich an diesem Abend ohnehin nicht befähigt.
    Mein Handy lag eingeschaltet am Boden und hatte zum Glück noch nicht
Alarm geschlagen. Ich beschloss, es liegen zu lassen. In der nächsten halben
Stunde würde die Welt hoffentlich nicht untergehen.
    Arm in Arm schlenderten wir zum Neckar hinunter, der nur etwa
hundert Meter entfernt war. Die Luft duftete nach Spätsommerabend und Freiluftvergnügungen.
Am Tag war die Sonne mit Macht durchgebrochen, ein Hoch über dem Ostatlantik
hatte uns warme Luft aus Spanien beschert.
    Wir überquerten die Uferstraße, stiegen eine Treppe hinab und
erreichten die Neckarwiesen. Hier tobte in Sommernächten das Leben, und meine
geplagten Kollegen von der Schutzpolizei hatten ihre liebe Not, Sitte und
Ordnung wenigstens halbwegs aufrechtzuerhalten. Meist ging es dabei um nächtliche
Ruhestörung, manchmal um Drogenhandel, hin und wieder waren Schlägereien zu
schlichten.
    Heute schien es friedlich zu sein. Pärchen saßen oder lagen im Gras.
Manche mit, manche ohne Picknickdecke. Hie und da wurde gegrillt. Es roch nach
Wasser und Rauch und feuchter Erde. Irgendwo quakelten Gänse im Halbschlaf.
Gelächter und Musik wehten vorbei, wurden lauter und wieder leiser.
    Theresa hielt offenbar Ausschau nach einer ruhig gelegenen Bank.
Aber alle, an denen wir vorüberkamen, standen dicht an dicht und waren schon
besetzt. Meist von Pärchen, die entweder auseinanderrückten, als wir näher
kamen, oder sich einen Teufel darum scherten, dass wir Zeugen ihres Gefummels
und Geseufzes wurden.
    Es war völlig windstill. Der Neckar platschte und gluckste entspannt.
Im Schiffsrestaurant, das am Ufer vertäut war, herrschte ruhiges Treiben. Gläser
klangen, Bestecke klapperten. Manchmal wurde gelacht, als hätte ein Regisseur
es angeordnet.
    Schließlich fanden wir doch noch eine freie Bank, keine hundert
Meter von dem Restaurant entfernt. Sie wirkte schon ein wenig baufällig.
    Â»Ist es hier nicht zu hell?«, wagte ich einzuwenden, als wir uns
probeweise setzten.
    Von dem Restaurant fiel Licht auf uns. Wenig nur, aber doch …
    Â»Feigling.« Mit beiden Händen fuhr meine Göttin mir zärtlich durchs
Haar, überfiel mich mit heißen Küssen und saß plötzlich rittlings auf meinen
Oberschenkeln.
    Jetzt erst wurde mir bewusst, dass sie an diesem Abend einen Rock
trug anstelle der üblichen Jeans. Bald darauf stellte ich fest, dass sie heute
nur das Allernötigste angezogen hatte. Als hätte sie diesen schönen Spaziergang
samt seinen sittenwidrigen Folgen geplant …
    Eine halbe Stunde später bummelten wir liebessatt zurück
zu unserer Sektflasche,

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