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Die falsche Herrin

Die falsche Herrin

Titel: Die falsche Herrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margrit Schriber
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Verpacken. Die Meister der Handwerkskunst tänzeln um die Demoiselle herum, nehmen Maß, verfertigen Abgüsse, verabreden Anproben und dirigieren ihre Gehilfen mit den halbfertigen Stücken herum. In einer Woche bringen sie die Taille direkt unter dem Busen an, in der nächsten halten sie den Schritt für die richtige Stelle. Jeder will den andern übertreffen mit Anfertigen der besseren und passenderen Ausstattung für den König. Die Modemacher adeln ihre Gebilde mit Namen. Ein Hutmacher nennt seine Création: Pfau im Garten von Montlau.
    Sieur rennt wutentbrannt durchs Château. Man fürchtet, die Stöße seiner Schädelplatten müssten auseinanderbrechen. Er nimmt auf dem Hof einen Anlauf und schwingt sich auf den Lipizaner. Ganze Nachmittage galoppiert er durch die Weinhänge, und wenn er zurückkehrt, ist Favory verkrustet und braun wie ein kommuner Fuchs.
    Inzwischen sammeln die Rechnungen auf dem Spieß sich zu einem Desaster. Der Sieur sucht das Gespräch. «Erklären Sie mir die Hoffart, mein Kind! Erklären Sie mir meine Frau und meine Töchter. Sie drehen sich vor dem Spiegel und brechen in Tränen aus, wenn sie sich in ihren alten Kleidern anschauen. Sie wollen à la mode sein. Selbst Babette hat eine Elle Schleifen erstanden, um ihre Fleischmasse an die richtige Stelle zu quetschen. Wir leben über unsere Verhältnisse!»
    Sie hebt und senkt die Schultern.
    «Versichern Sie mir, dass Frauen nicht schwach sind, sondern Urteilskraft und Vernunft besitzen. Dass sie sich nicht vom Gefühl leiten lassen wie die Tiere.»
    Er bekommt keine Antwort.
    Stunde um Stunde reitet er über seine Felder. Er ist launisch wie ein alter Bock. Von Reding seit Monaten keine Zeile. «Vermisst er seine Tochter nicht? Sein Kind, das ihn ruiniert? Oder haben wir uns etwas vorgemacht? Umsonst ein Vermögen auf seinen Namen gesetzt? Auf eine Schweinsblase voll Luft? Welche Sicherheiten haben wir denn? Das Wort eines Mädchens, das in Lumpen daherkam!»
    Er ist drauf und dran, ins Languedoc zu reiten, wo Reding die Baronie Merveys besitzt. Mit ihm persönlich will er reden. Aber Demoiselle bezweifelt, dass sich Herr Papa gerade in Frankreich aufhält. Er ist wohl eher in Schwyz, viele Wochenritte von Montlau entfernt. Oder er ist auf dem Weg zu einem seiner Regimenter. Oder er nähert sich der Seigneurie und bereitet schon sein Donnerwetter für die vermisste, heiß geliebte Tochter vor.
    An einem dieser Nachmittage herrscht noch mehr Betriebsamkeit als üblich in diesen Tagen. Im Hof hockt schwitzend Babette, ein Huhn zwischen den Beinen, und rupft Federn, Körbe voll Gemüse stehen zum Rüsten bereit, die Grande Salle wird gebohnert, die Lüster werden auf Hochglanz poliert, und Stühle werden hereingetragen. Auf dem Château erwartet man Gäste: Ein Offizier aus Schwyz hat sich angekündigt.
    «Un compatriote de la fille. Einer aus Oberst Redings Regiment.»
    Die Bitzenin sieht keinen Ausweg. Es ist zu spät für die Flucht, die Offiziere reiten schon in den Hof.
    Mit ihrem Büchlein fächelt sich die junge Dame Luft zu. Sie könnte sich ins Bett legen, die Vorhänge zuziehen und ihre Excuses entbieten. Ihre Tage. Ihre Plage. Aber das passt nicht zu einer vom Geblüt der Reding. Die sind schon durch schwierigere Situationen laviert.
    Die Gäste strömen in die Grande Salle. Sieur stellt Mademoiselle einen Hauptmann Beeler vor, der die gefetteten Stiefel aneinanderschlägt. Die Compatriote macht ihren Knicks, anmutiger denn je, ein Hutnetz über dem Gesicht. Den ganzen Abend berichtet er von seinen Feldzügen, den Verlusten, den Siegen. Er war in Spanien, in Italien, er sah die Kuppel Sankt Petri.
    «Ja», sagt sie und: «Nein», und: «Jesses!», und lobt seine Räson.
    Beim Spaziergang auf der Terrasse unter dem Geflimmer der Sterne wagt er, ihre Fingerspitzen zu ergreifen und durch seine Armbeuge zu führen. Er sei, sagt er, auf dem Weg nach Schwyz. Er werde dem Herrn Papa Grüße ausrichten. Er werde ihr Aufblühen an der Dordogne vermelden.
    Zum zweiten Mal im Leben erlebt die Bitzenin einen Moment der Schwäche. Das erste Mal war, als sie mit dem Munifisel ausgestrichen wurde.
    Sternschnuppen schießen durch die Nacht.
    «Wer die Namen von drei Bachläufen nennen kann, solange das Funkeln dauert, dem wird ein Wunsch erfüllt.» Ob sie das wisse?
    Sie schreit: «Muota-Hüräbach-Starzlä!» Wie ein Schuss kommt es aus ihrem Mund.
    Er wirbelt sie herum. Hege sie am Ende denselben Wunsch?
    «Wer weiß.» Sie wünscht, in den

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