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Die falsche Tochter - Roman

Die falsche Tochter - Roman

Titel: Die falsche Tochter - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Stammesgebräuche diskutieren?«
    »Heute Abend nicht, Professor.« Sie griff erneut nach ihrem Glas. »Geh weg, Jake.«
    Er setzte sich auf den Fußboden, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und nippte an seinem Wein. Callie schaute ihn einen Moment lang verärgert an, dann nahm sie den Bogen wieder auf und spielte die bedrohlich klingende Filmmusik aus Der weiße Hai .
    »Du jagst mir keine Angst ein.«
    Ihre Mundwinkel verzogen sich, aber sie spielte weiter. Er würde schon aufgeben – das hielte er nicht durch. Es dauerte fast dreißig Sekunden, bis Jake die beiden Töne tatsächlich nicht mehr ertragen konnte. Er beugte sich vor und schlug Callie auf den Arm. »Hör auf!«, sagte er, obwohl er lachen musste. »Du bist ein Luder.«

    »Ganz richtig. Warum gehst du nicht endlich?«
    »Als ich das letzte Mal gegangen bin, war ich fast ein Jahr lang wütend, traurig und einsam. Und das hat mir nicht gefallen.«
    »Es geht doch hier gar nicht um dich.«
    »Nein, sicher nicht, es geht um dich. Aber du bist mir wichtig.«
    Erschöpft lehnte Callie die Stirn an den Hals des Cellos. »Seit wann komme ich mir eigentlich dumm vor, wenn du so etwas sagst?«
    Er strich ihr sanft über den Schenkel. »Warum konnte ich früher so etwas nicht zu dir sagen? Dieses Mal werde ich nicht gehen. Ich weiß, was du denkst, was in dir vorgeht. Musste der Scheißkerl ausgerechnet jetzt sterben?«
    »Vielleicht lügt Carlyle junior ja. Vielleicht ist die Sterbeurkunde gefälscht.«
    Jake blickte Callie unverwandt an. »Vielleicht.«
    »Wozu sollte das gut sein – er weiß ja, dass wir es überprüfen werden. Der Bastard ist tot, und ich kann ihm nie mehr ins Gesicht sagen, wer ich bin. Er wird nie den Preis für das bezahlen, was er getan hat, und ich kann nichts dagegen tun. Nichts.«
    »Also ist an dieser Stelle alles zu Ende?«
    »Das wäre die logische Schlussfolgerung. Carlyle ist tot. Simpson und seine Schlampe sind verschwunden. Wenn ich über unendlich viel Zeit und Geld verfügen würde, könnte ich vielleicht dafür sorgen, dass ein Detektiv so lange nach ihnen sucht, bis er sie gefunden hat, aber so ist es leider nicht.«
    »Ob du es nun dem Bastard ins Gesicht sagen kannst oder nicht, du weißt doch auf jeden Fall, wer du bist. Und wenn der Preis, den er bezahlen würde, auch noch so hoch wäre, es würde ja nichts an dem ändern, was er den Cullens, deinen Eltern und dir angetan hat. Was zählt, ist einzig und allein das, was du jetzt für sie und für dich tust.«
    Diese Dinge waren auch Callie schon Dutzende Male durch
den Kopf gegangen. »Was soll ich denn tun, Jake? Ich kann für Suzanne und Jay nicht Jessica sein. Ich kann die Schuld, die meine Eltern empfinden, nicht tilgen. Meine einzige Möglichkeit wäre gewesen, den Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, um meine Fragen beantwortet zu bekommen.«
    »Welche Fragen meinst du?«
    »Die gleichen wie immer. Wie viele andere Personen sind noch beteiligt gewesen? Wie viele Kinder sind entführt worden? Soll ich nach ihnen suchen? Was soll ich tun, wenn ich sie finde? Soll ich wirklich das Leben fremder Leute auf den Kopf stellen, so wie es mir passiert ist? Oder soll ich die Toten ruhen lassen und nicht mehr daran rühren?«
    Jake ergriff sein Weinglas und lehnte sich wieder an die Wand. »Wann hätten wir jemals die Toten ruhen lassen?«
    »Das wäre jetzt das erste Mal.«
    »Warum solltest du aufgeben? Weil du wütend und deprimiert bist? Das wirst du schon überwinden. Carlyle ist tot, aber das bedeutet nicht, dass du deine Fragen nicht beantwortet bekommen kannst. Du bist doch hervorragend darin, den Toten Antworten zu entlocken – wobei ich darin natürlich noch ein bisschen besser bin.«
    »Ich würde ja gerne lachen, aber dazu bin ich zu deprimiert.«
    »Du weißt doch, wo Carlyle gelebt hat. Finde heraus, was er dort getan hat, wen er kannte, mit wem er Kontakt hatte. Wie er lebte. Hole dir deine Daten aus den verschiedenen Schichten.«
    »Glaubst du, daran hätte ich nicht auch gedacht?« Callie stand auf, um das Cello wieder in den Kasten zu legen. »Ich habe den ganzen Nachmittag darüber nachgedacht, aber ich weiß nicht, wozu es gut sein soll. Wenn ich weiter Fragen stelle, mein Ziel aber nicht mehr Carlyle ist, dann verlängere ich für meine Eltern und die Cullens nur die Qual.«
    »Du hast dich selbst wieder einmal vergessen.«
    »Natürlich würde ich auch eine persönliche Befriedigung daraus ziehen. Eine persönliche und eine intellektuelle

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