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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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Christus gelebt. Kjell musste sich eingestehen, dass er aus dem Gedächtnis nicht darauf gekommen wäre. Linda hatte nicht nur die Übersetzung gefunden, sondern auch das Original. Wahrscheinlich hatte sie es über die Stellenangabe geschafft. Kjell wusste allerdings nicht, was damit gewonnen war.
    »Das Zeichnen klappt überhaupt nicht«, nuschelte Linda irgendwann durch ihre Hand.
    »Du musst dich erst eingewöhnen. Es ist nicht das Zeichnen, sondern der Ernst der Lage. Am ersten Tag könnte ich auch nichts zeichnen.«
    Linda lachte.
    »Wolltest du nicht ausgehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich wollte Besuch bekommen. Aber der kam nicht.«
    »Hast du gewartet?«
    Sie nickte stumm. Das Telefon klingelte. Nach dem Abnehmen meldete sich Sofi.
    »Es gibt keinen Aisakos«, sagte sie grußlos. Im Hintergrund hörte er Straßenlärm. Man konnte sie kaum verstehen.
    »Wo bist du?«
    »Centralen.« Sie klang entschlossen.
    »Ich bin noch bei der ersten Tasse.«
    »Die Briefe. Das sind keine Briefe. Und Hesperia gibt es auch nicht.«
    Kjell musste sich räuspern. Er war noch gar nicht bereit. »Aber beiden Zitaten ist der Name zugeordnet. Im Original ist das nicht so.«
    Sofi seufzte.
    »Warst du schon bei der Dozentin?«, wollte er wissen.
    »Ich fahre hin. Später will ich Sesselja fragen, ob sie die Tote jemals schreiben gesehen hat. Das ist doch komisch, oder? Es gibt keine Handschrift von ihr in der Wohnung.«
    »Ich bin gerade erst aufgestanden. Du weißt ja, wie ich dann bin.« Sie beendeten das Gespräch, aber es half nichts. Sofi hatte ihn unruhig gemacht, zu unruhig, um in der Küche zu sitzen und seine Gedanken zu ordnen.
    »Kannst du mich mit dem Boot nach Kungsholmen bringen?«, fragte er Linda.
    Sie sah aus dem Fenster hinauf zum Himmel.
    »Okay«, sagte sie.

25
    »Guten Morgen!«
    Barbro ließ ihre Verwunderung wie Hohn klingen. Die unbekannte junge Frau trat einen Schritt in den Flur zurück. Sie trug nur ein weißes T-Shirt und einen Slip, jedenfalls hoffte Barbro, dass sie einen Slip trug. Sie folgte ihr und drückte die Tür hinter sich ins Schloss.
    »Wer bist du?«
    »Matilda.«
    Matilda traute sich nicht, die Frage zu erwidern. Sie war offensichtlich fremd hier. Barbro drängte sich an dem Mädchen vorbei. Oskar Rosenfeldt saß in seinem Bett und hatte seinen nackten Oberkörper malerisch an die Wand gelehnt. Barbro zog den geflochtenen Strohhocker vom Kleiderschrank zum Bett, zog ihre Jacke aus und setzte sich vor ihn.
    »Hallo Oskar.«
    »Hallo.«
    »Ich habe auf dich gewartet, Oskar.«
    Barbro hob ein Stück Stoff vom Boden auf, das wie ein Hemd aussah, und warf es Oskar zu. Er zog es sich über. Barbro schaute sich nach dem Mädchen um. Sie lehnte wie abgestellt an der Wand und rührte sich nicht. Ihr Blick ruhte auf Barbros Halfter.
    »Wer bist du?«, fragte Barbro das Mädchen.
    Statt ihrer antwortete Oskar. »Wir haben uns erst gestern Abend kennengelernt.«
    »Zieh dich an und geh«, sagte Barbro zu dem Mädchen.
    Matilda sprang von ihrem Posten auf und streifte sich ihre Jeans über. Nach dreißig Sekunden war sie verschwunden.
    »Matilda hat verdammt jung ausgesehen, findest du nicht, Oskar? Ich schätze mal vierzehn.«
    »Gestern Abend wirkte sie älter. Ich bin vorhin selbst erschrocken.«
    »Mir ist nicht nach Witzen zumute. Und dir auch nicht. Wir suchen deine Schwester.«
    Oskar nickte schwach. Anscheinend hatte der Vater ihm am Telefon alles erzählt. Obwohl ihm alles Männliche abging, war leicht zu sehen, was die Frauen anlockte. Man sah ihm seine Intelligenz von außen an, und wenn er den Mund aufmachte, kam noch eine sagenhafte Unverschämtheit dazu. Sein Gesicht war hübsch und ähnelte dem seines Vaters. Die blasse Haut und der geschwungene Mund zerstörten das Bild des Rebellen, das sie sich bei der Lektüre der Akte gemalt hatte.
    Es roch nach frischem Kaffee. Matilda musste ihn aufgesetzt haben. Deshalb hatte sie wohl auch die Tür geöffnet. Barbro erhob sich und goss an der Spüle zwei Tassen ein. Sie trank den Kaffee gerne mit Milch, entschied sich jedoch dafür, ihr raues Image nicht zu beflecken. Es war ja nicht mal fünf Minuten alt. Oskar hatte reglos im Bett gewartet. Barbro nahm wieder auf dem Strohhocker Platz. Sie hatte sich fest vorgenommen, Oskar Rosenfeldt als Heimsuchung in Erinnerung zu bleiben.
    »Jetzt erzählst du mir mal ganz genau, wo du gesteckt hast, mein lieber Oskar.«
    Oskar reagierte nicht so, wie sie es sich ausgemalt hatte. Seine Augen waren

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