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Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Titel: Die Falschmünzer vom Mäuseweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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schickte eine winterfeste Kiosk-Bude schwarze Rauchwolken durch einen
schmalen Schornstein in den Nachmittagshimmel.
    Klößchen äugte auch gleich in
die Richtung und zählte in der Hosentasche sein Geld — für wie viel Tafeln
hübsch verpackter Schokolade es wohl reiche.
    »Ab jetzt zu Fuß!«, meinte
Tarzan.
    Vor dem Kino war eine
geländerartige Eisenstange angebracht, an der man die Fahrräder anketten
konnte.
    Die vier standen beisammen. Im Moment
waren sie die einzigen vor dem Kino. Die nächste Vorstellung begann erst in
einer Stunde.
    »Von den Ledertypen sehe ich
nichts«, sagte Klößchen.
    »Dachtest du, wir kriegen sie
auf dem Tablett serviert?«, fragte Tarzan ärgerlich.
    Eine Schneeflocke fiel auf
Gabys Wimpern. Statt gleich zu schmelzen, blieb sie dort liegen, als fühle sie
sich wohl. Möglich war das nur, weil Gaby ungewöhnlich lange und dichte Wimpern
hatte — die außerdem kohlrabenschwarz waren.
    »Du hast was im Auge«, sagte
Tarzan.
    Überaus behutsam wischte er die
Schneeflocke weg.
    »Aha!«, sagte Gaby. »Ich dachte
schon: Was ist denn da plötzlich so schwer? Konnte kaum noch das Lid offen
halten.«
    Er fühlte den koketten Blick
ihrer Blauaugen auf sich gerichtet. Um seine Verlegenheit zu überspielen, sagte
er rasch: »Wollte nur mal feststellen, ob deine Wimpern echt sind — oder
angeklebt.«
    »Die sind echt, du
Spinatneger!«
    »Hihihih!«, kicherte Klößchen.
»Sie hat wieder ihre freche Lippe drauf. Gleich hetzt sie Oskar auf dich.«
    »Statt pausenlos rumzualbern«,
sagte Tarzan grinsend, »werde ich mich jetzt auf unsere Aufgabe besinnen. Mir
ist dunkel in Erinnerung, dass wir Ausschau halten wollten — nach dem
mutmaßlichen Geldfälscher, der die Blüten verloren hat. Augen auf, also! Auch
dir, liebe Gabriele, wird das sicherlich möglich sein, da nunmehr — nach
Beseitigung der Schneeflocke — nichts Schweres auf dein Lid drückt.«
    Gaby fletschte die Zähne, was
sie besser konnte als der friedliche Oskar. Scheinbar bissig schnappte sie nach
Tarzan, der mit allen Anzeichen des Entsetzens zurücksprang.
    Klößchen hielt sich kichernd
den Bauch.
    Karl wischte Lachtränen von
seiner Brille.
    »Jetzt ermahne ich euch zu
ernsthaftem Tun!«, rief Tarzan. »Wir...«
    Statt weiterzusprechen, äugte
er zu der Kiosk-Bude hinüber.
    »Leute!«, sagte er halblaut.
»Seht euch mal die nette Oma an, die da Schokolade, Zeitschriften und
Zigaretten verkauft. Sie beobachtet uns und schmunzelt, als wären wir ihre
Enkel. Die Oma, Freunde, kann uns nützlich sein.«
    »Großmütter«, sagte Gaby, »sind
immer nützlich. Das solltest du wissen, du Spinatesser. Man kann gar nicht
genug davon haben. Zwei pro Nase und Enkel — so man sie überhaupt hat — sind
eigentlich zu wenig. Eine Gemeinheit der Natur. Aber aus nahe liegend logischen
Gründen nicht zu ändern.«
    »Sie redet wie Dr. Wurl«, sagte
Karl und meinte einen der Bio-Lehrer, der bekannt war für seine Vorliebe für
Genetik (Lehre von der Entstehung der Arten), »und dabei hat sie so
schöne Wimpern!«
    »Echte!«, sagte Tarzan.
    »Hört auf!«, rief Gaby. »Sonst
setze ich eine Sonnenbrille auf.«
    »Sie verkauft auch
Sonnenbrillen«, sagte Tarzan.
    »Wer?«, forschte Karl.
    »Die Oma im Kiosk.«
    Gaby sagte: »Seht ihr jemanden,
der mit der Nase auf dem Boden — wie Oskar — ums Kino schleicht? Ich glaube«,
wandte sie sich an Tarzan, »deine Idee war ne Schnapsidee, obwohl du nur
Coca-Cola trinkst.»
    Karl sprang Tarzan helfend zur
Seite, indem er sagte: »Uns war von vornherein klar, dass die Chancen 50 zu 50
stehen.«
    »99 zu eins«, sagte Gaby. »Und
zwar gegen uns.«
    »Darf ich euch jetzt erklären«,
sagte Tarzan, »weshalb uns die Oma nützen kann? Sie hat die richtige Übersicht.
Dort drüben unter der winterlich entlaubten Kastanie hat Jürgen das Falschgeld
gefunden — genau bei dem Schild der Bushaltestelle. Liegt alles im Blickfeld
der Oma. Vielleicht ist ihr jemand aufgefallen, der suchend mit der Nase am
Boden wie Oskar... Ihr wisst schon.«
    »Kommt auf einen Versuch an«,
meinte Klößchen.
    »Bin gleich wieder da!«, sagte
Tarzan.
    Er zog den Reißverschluss
seines Anoraks zu und ging zum Kiosk.
    Die Oma, die dort hinter dem
spaltweit geöffneten Fenster auf Kunden wartete, war hochbetagt, hatte
schlohweißes Haar und ein freundliches, rundes Gesicht. Lächelnd sah sie Tarzan
entgegen.
    Er grüßte höflich.
    »Eigentlich hätte ich nur eine
Frage«, sagte er. »Gestern wurde dort drüben unter der

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