Die Falschmünzer vom Mäuseweg
machen wir?«, fragte
Gernot Plasch.
»Da fragst du noch?« Kowalske
verdrehte die Augen. »Wir verständigen die Kollegen, dass sie ab jetzt einen
stillen Teilhaber haben. Uns!«
»Einfach so?«, wollte Bruchdrexl
wissen.
»Was heißt, einfach so? Bei dir
steht wohl wer auf der Leitung? Das Telefonbuch her,Tempo!«
Die Aufforderung war an keinen
bestimmten der Ledertypen gerichtet.
Zoppig und Plasch standen auf.
Aber einer genügte, um das Telefonbuch zu holen. Zoppig kam damit zurück.
Kowalske setzte sich neben Plasch auf das Feldbett und begann, im Telefonbuch
zu blättern.
»L...«, murmelte er. »Thomas
Leihkauf! Wollen doch mal sehen, ob dort immer noch Funkstille ist. Vielleicht
geht er inzwischen ans Telefon.«
Sie hatten einen Anschluss —
hier im Haus. Der lief freilich nicht auf Kowalskes Namen, sondern auf den des
Hausbesitzers. Ein schräger Vogel war das — nicht viel besser als der Boss. Vor
Jahren hatten sie sich im Gefängnis kennen gelernt und jetzt ließ der
Hausbesitzer den ehemaligen Knastbruder hier wohnen — gegen hohe Miete,
natürlich.
Aber so richtig zufrieden waren
die Handtaschenräuber mit ihrem Hauptquartier nicht. Etwas komfortabler und
gemütlicher hätten sie’s gern gehabt. Außerdem fielen sie allmählich in der
Nachbarschaft auf.
»Ha! Das ist er!«
Triumphierend wies Kowalske auf
den einzigen Thomas Leihkauf in der L-Spalte.
Er las die Adresse vor.
»Schicke Gegend.«
»In der Nähe haben wir
Rickemann die Posttasche abgenommen«, sagte Zoppig.
Kowalske rieb sich die Hände.
»Dann wollen wir mal!«
Sie gingen nach nebenan, wo das
Telefon stand.
Kowalske nahm den Hörer ab und
wählte. Nach dem fünften Durchläuten wollte er enttäuscht wieder auflegen. Aber
in diesem Moment wurde abgehoben.
»Leihkauf«, meldete sich eine
zittrige Frauenstimme. Es klang, als hätte die Frau Tränen in den Augen und ein
Schluchzen in der Kehle.
»Hier ist Kellermann«, sagte
Kowalske forsch. »Ich möchte Thomas Leihkauf sprechen.«
»Das... ist nicht möglich«,
schluchzte die Frau. »Mein... mein Mann ist gestern Morgen verstorben.«
Kowalske glotzte, ließ den Mund
offen, fasste sich aber.
»Tut mir Leid, meine Dame!
Herzliches Beileid. Wie alt war er denn?«
»69. Aber er hatte es schon
lange mit dem Herzen.«
»Seien Sie tapfer. Das Leben
geht weiter«, quasselte er phrasenhaft. »Und dem lieben Thomas werden wir alle
ein ehrendes Angedenken bewahren. Auf Wiederhören!«
Er legte auf.
»Deshalb die Funkstille. Der
Geldhehler ist gestorben. Schadet aber nichts. Wir haben ja Detlef Göbel. Schauen
wir mal, wie dessen Rufnummer lautet.«
Es gab nur einen Detlef Göbel
im Telefonbuch.
»Er wohnt Mäuseweg Nr. 27«,
sagte Kowalske. »Hoffentlich lebt er noch«, fügte er grinsend hinzu.
Die Ledertypen wieherten.
Kowalske leckte sich die
Lippen, bevor er wählte.
Augenblicklich meldete sich der
Gesprächsteilnehmer, ein Mann, aber nur mit einem rauen: »Ja?«
»Hier spricht Kellermann«,
behauptete Kowalske. »Sind Sie Göbel?«
»Nein, Marker. Moment, ich hole
Detlef.«
Kowalske grinste. Aber auch ihn
— wie die vier andern — hatte Erregung gepackt.
Dann meldete sich eine — wie in
Öl getauchte — Männerstimme: »Göbel.«
»Ich soll Sie von Leihkauf
grüßen.» Kowalske lachte. »Er betrachtet jetzt die Radieschen von unten.
Deshalb ging bei ihm niemand ans Telefon. Seine Alte ist noch vom Schmerz ganz
zerrissen.«
Stille.
Göbel räusperte sich. »Tut mir
Leid. Sie müssen falsch verbunden sein. Ich kenne keinen Leihkauf.«
»Nana, alter Freund! Was sind
denn das für Manieren? Kaum ist der Geschäftspartner tot — schon haben Sie ihn
vergessen! Aber ich sag’s ja immer: Es ist keine Liebe mehr unter den
Menschen.«
Göbels Stimme blieb glatt und
kühl. »Wie war Ihr Name? Kellermann? Ich kenne Sie nicht?«
»Wen kennen Sie eigentlich?
Niemanden, was? Leihkauf kennen Sie nicht. Mich kennen Sie nicht. Ist aber kein
Wunder. Kellermann heiße ich nur heute. Getauft bin ich anders. Um es kurz zu
machen, alter Freund! Ich bin kein Polyp (Polizist), sondern aus der
gleichen Branche wie Sie. Meinen Lebenslauf zieren sechs Jahre Knast, aber das
hat mich nur klüger gemacht.«
»Was haben Sie mit diesem — äh
— Leihkauf zu tun?«, fragte Göbel vorsichtig.
»Nichts. Und ihn können wir
vergessen. Es sei denn, Sie wollen zur Beerdigung nen Kranz schicken. Er ist
tot, wie gesagt. Ich hörte es, als ich eben seine Alte anrief. Gestern Morgen
hat
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