Die Falschmünzer vom Mäuseweg
Knast, wie? Mist, verdammter! Wenn
Dummheit weh täte — euer Gebrüll wäre nicht auszuhalten! Denkt ihr denn gar
nicht? Vielleicht entsinnt sich dieser Rickemann an gestern. Vielleicht kommt
er drauf, dass der tief gekränkte Herr Plasch ihm eins auswischen wollte. Dann
braucht er den Polypen nur noch deine Beschreibung zu liefern und du kannst
dich gleich im Keller verkriechen. Weshalb arbeiten wir denn nur mit Helm und
Brille und wechseln ständig die Klamotten und die Nummernschilder und die
fahrbaren Untersätze? He?«
Er war außer Atem. Er
schwitzte. Wütend riss er sich die Perücke vom Kopf.
Einem Impuls folgend, wollte er
sie auf den Boden schleudern. Aber gerade noch rechtzeitig fiel ihm ein, dass
es sein Heiligtum war.
»Ihr Blödköpfe, Penner,
Schmierenvolk!«, schimpfte er. »Briefe! Statt Kohle zu machen, klaut ihr
Briefe. Nicht zu fassen. Wozu den Mist?«
Wütend trat er in den ungelesenen
Haufen.
Briefe wirbelten umher. Einer
flog ihm fast vor die Brust. Den fing er auf.
»Da. An Herrn Thomas Leihkauf.
Nicht mal ein Absender. Wozu soll das gut sein? Verratet mir das!«
Sie schwiegen.
So hatte es ja kommen müssen,
dachte Gernot Plasch. Trotzdem — dass dieser Rickemann von Fritz eins ins
Genick gekriegt hat, ist Klasse. Hach, wie mich das freut! Und die Briefe
machen Spaß. Aber guck einer den Boss an! Ist der plötzlich neugierig geworden.
Es schien so.
Mit einem Finger hatte Kowalske
den Brief an Thomas Leihkauf aufgeschlitzt. Aber seine Miene drückte aus, dass
er nach wie vor nichts hielt von dieser Aktion. Zu den vielen Beweisen völliger
Nutzlosigkeit, die da — gelesen — herumlagen, sollte dieser noch hinzukommen.
»Lieber Leihkauf«, nuschelte er, »ist Ihr
Telefon gestört? Warum hebt niemand ab? Ein paar Mal schon versuchten wir, Sie
zu erreichen. Unsere neue Produktion ist fertig. Alles ausgezeichnete
100er-Lappen. Insgesamt eine Million. Wie gehabt, überlassen wir sie Ihnen zu
einem Fünftel des Nennwertes.«
Kowalske stockte. Sein Blick
hob sich. Er starrte zum Fenster. Sein Schielauge starrte allerdings auf
Florentine Huber, die recht bleich war unter ihrem Monster-Make-up.
Kowalskes Blick senkte sich
wieder auf den Brief.
»Melden Sie sich, lieber
Leihkauf damit wir das Geschäft endlich abschließen können. Sonst welken die
Blüten. Mit herzlichem Gruß — Ihr Detlef Göbel.«
Es wurde so still — man hätte
gehört, ob ein Holzwurm sein Mittagsmahl einnimmt.
»Das... äh... hm... ich
glaube«, sagte Kowalske, »hier hat uns der Zufall etwas in die Hände gespielt.
Aber bildet euch bloß nichts ein! Es ist nicht euer Verdienst! Der Zufall
war’s!«
Mit angehaltenem Atem hatten
sie ihm zugehört — nicht seinem Gemotze, sondern dem, was er vorlas.
Blüten! Hunderter-Lappen! Eine
Million! Zu einem Fünftel des Nennwertes! Gab’s da noch einen Zweifel?
Kowalske wischte sich Schweiß
von der Stirn. Dann sprach er aus, was alle dachten.
»Wenn das kein Aprilscherz ist,
dann ist es die Mitteilung von Geldfälschern an einen Geldhehler. Was? Sie
teilen ihm mit, dass sie eine Million in gefälschten 100er-Scheinen
fertighaben. Er soll die Produktion kaufen — für ein Fünftel des Nennwertes.
Also für 200 000 Mark — natürlich in echtem Geld.«
Florentine Huber, die auf dem
Gebiet nicht so beschlagen war, fragte: »Verstehe ich nicht! Warum geben die
denn die Mark für 20 Pfennig her?«
»Weil es Falschgeld ist«,
erklärte der Boss. Sein Schielauge war in eine leere Ecke des Zimmers
gerichtet. »Und weil es verdammt mühsam ist, eine Million selbst und nach und
nach in echtes Geld umzutauschen. Im Supermarkt, im Tante-Emma-Laden, an der
Tankstelle, beim Frisör, in der Kneipe, an der Kinokasse und was weiß ich, wo
noch! Dabei fliegst du auf, früher oder später. Denn Blüte bleibt Blüte — und
mag sie noch so gut gefälscht sein.«
»Tja, und der Geldhehler? Was
macht der damit?«
»Der hat Beziehungen zu großen
Unternehmen, wo er hohe Summen in bar und auf einmal reinpumpen kann. Meistens
wird das Falschgeld ins Ausland gebracht und dort als harte deutsche Währung
mit Kusshand empfangen. Natürlich muss er seinen schlitzohrigen
Geschäftspartnern hohen Nachlass gewähren. Deshalb kriegen die Hersteller nur
20 Prozent des Nennwertes. Klar?«
Florentine stülpte ihre dicken,
tomatenrot-geschminkten Lippen auf. Ob das Erstaunen bedeutete oder ob sie in
Gedanken wen küsste, blieb unklar. Klar hingegen war jetzt der Sachverhalt.
»Und was
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