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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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de Vaudreuil an dem so schlimm endenden Complot von 1825 theilgenommen hatten.
    Aus diesem Freundeskreise haben wir vor Allem André Farran und William Clerc zu erwähnen, deren Brüder, Robert und François, am 26. September 1825 das Schaffot bestiegen hatten; ferner Vincent Hodge, den Sohn Walter Hodge’s, jenes amerikanischen Patrioten, der für die Sache Canadas gestorben war, als Simon Morgaz an ihm und seinen Genossen jenen schändlichen Verrath begangen hatte. Außer diesen stellte sich auch ein Advokat aus Quebec – derselbe, in dessen Haus sich Johann ohne Namen hatte aufhalten sollen, welche falsche Nachricht dem Agenten Rip zugegangen war – zuweilen bei Herrn de Vaudreuil ein.
    Der heftigste Widersacher der Unterdrücker war ohne Zweifel Vincent Hodge, damals zweiunddreißig Jahre alt. Von Vaters Seite her amerikanischen Blutes, hatte er von seiner Mutter, die nach dem Tode ihres Gatten bald aus Kummer starb, auch französisches Blut in den Adern. Vincent Hodge hatte nicht lange in der Nähe Clary Vaudreuil’s sein können, ohne sie erst bewundern, dann aber lieben zu lernen, was Herrn Vaudreuil gar nicht zu mißfallen schien. Vincent Hodge war ein vornehmer junger Mann, der überall gern gesehen wurde wegen seines angenehmen Wesens, wenn dieses auch zuweilen von den etwas derben Zügen des Yankees von der Grenze durchbrochen wurde. Soweit die Ausdauer der Empfindung, die Ehrlichkeit seiner Neigung und sein persönlicher Muth in Frage kamen, hätte Clary de Vaudreuil gar keinen ihrer mehr würdigen Gatten erwählen können. Das junge Mädchen hatte jedoch gar nicht bemerkt, daß sie das Ziel seines Strebens sei. Zwischen Vincent Hodge und ihr konnte es nur ein Band geben – das der Vaterlandsliebe. Sie schätzte wohl seine Eigenschaften – lieben konnte sie ihn nicht. Ihre Gedanken und Wünsche gehörten ja einem Andern, jenem Unbekannten, auf den sie wartete und der schon eines Tages vor ihr erscheinen werde.
    Inzwischen beobachteten Herr de Vaudreuil und seine Freunde mit Aufmerksamkeit die Bewegung der Geister in den canadischen Provinzen. Bezüglich der Loyalisten hatte sich die öffentliche Meinung zum Glühen erhitzt. Sie ging jetzt nicht mehr auf ein sogenanntes Complot allein hinaus wie 1825, wo es sich nur um einen Gewaltstreich gegen den Gouverneur handelte – jetzt hatte sich noch, unter dem Schleier verhüllt, eine allgemeine Verschwörung herausgebildet. Zum Losbrechen derselben fehlte nur noch, daß ein Anführer der Rebellion in den verschiedenen Kirchspielen zu den Waffen rief; auch unterlag es keinem Zweifel, daß Herr de Vaudreuil und seine Freunde dann sofort in die vorderen Reihen der Insurgenten einspringen würden.
    Wirklich waren die Umstände fast nie so günstig gewesen. Die Reformer, welche sich kaum noch zu halten vermochten, schleuderten die heftigsten Worte gegen die Verfügungen der Colonialregierung, welche sich durch das englische Cabinet für befugt hielt, ohne Zustimmung der Volksvertretung über die öffentlichen Einkünfte zu verfügen. Die Zeitungen – darunter der schon 1806 gegründete »Canadier« und der erst später erschienene »Vindicator« – donnerten gegen die Krone und die von ihr ernannten Beamten. Sie veröffentlichten die Verhandlungen der Kammer ebenso wie die in öffentlichen Versammlungen gehaltenen Reden eines Papineau, Viges Quesnel, St. Real, Bourdages und vieler Anderer, welche an Talent und Kühnheit in ihren patriotischen Auslassungen und Forderungen mit einander um die Palme stritten. Unter diesen Verhältnissen mußte ein Funke hinreichen, die Explosion im Volke herbeizuführen. Das wußte Lord Gosford sehr gut, nicht minder gut wie die Parteigänger der Reformbestrebungen selbst.
    So war die Lage der Sachen, als am 3. September in der Villa Montcalm ein Brief eintraf. Dieser am Vortage auf dem Postamte zu Montreal eingelieferte Brief meldete Herrn de Vaudreuil, daß seine Freunde Vincent Hodge, André Farran und William Clerc eingeladen seien, sich am Abend genannten Tages bei ihm einzufinden. Herr de Vaudreuil erkannte nicht die Hand, welche diese Zeilen geschrieben und dieselbe mit der Unterschrift »ein Sohn der Freiheit« unterzeichnet hatte.
    Herr de Vaudreuil war über diese Mittheilung nicht wenig erstaunt, und nicht weniger über die Art und Weise, wie sie ihm gemacht wurde. Am Abend vorher hatte er seine Freunde in Montreal gesehen und man hatte sich da getrennt, ohne ein Wiederzusammentreffen für den folgenden Tag zu

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