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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zurückhält, uns das kleine Vergnügen gern machen werden.
    – Und mir bereiten Sie damit ein wohl noch größeres, antwortete Meister Nick. Ist es nicht stets eine Freude für mich, Sie zu sehen?… Ihnen, Fräulein Clary, habe ich nur einen einzigen Vorwurf zu machen.

    – Einen Vorwurf, Herr Nick?
    – Gewiß, nämlich den, daß Sie mich hier stets nur als Freund, und gar nicht einmal als Notar empfangen.«
     

    Der Marktplatz Bon-Secours in Montreal.
     
    Das junge Mädchen lächelte bei dieser Andeutung, doch nahmen ihre Züge sofort den gewohnten ernsten Ausdruck an.
    »Und dennoch, bemerkte Herr de Vaudreuil, sind Sie, mein lieber Nick, heute nicht als Freund, sondern als Notar nach der Villa Montcalm gekommen?
    – Freilich!… freilich!… antwortete Meister Nick. Doch das hat mit Fräulein Clary leider nichts zu thun… Nun, auch das wird nicht ausbleiben!… Es kommt ja Alles einmal!… Ich muß Ihnen, Herr de Vaudreuil, übrigens gleich bemerken, daß ich nicht allein gekommen bin.
    – Wie, Herr Nick, Sie haben einen Reisegefährten und lassen ihn auf dem Vorsaale warten? – Ich werde sofort Befehl geben, ihn herein zu führen…
    – Nein,… nein,… das lohnt sich nicht der Mühe! Es ist ganz einfach mein zweiter Schreiber… ein Kerlchen, der Verse schmiedet… Hat man je so etwas gesehen?… Und den Irrlichtern nachläuft! Stellen Sie sich nur einmal vor, ein Schreiber-Poet oder ein Poeten-Schreiber, Fräulein Clary! Da ich Sie allein zu sprechen wünschte, Herr de Vaudreuil, hab’ ich ihn beordert, einstweilen im Park spazieren zu gehen…
    – Ganz recht von Ihnen, Meister Nick… Man wird dem jungen Dichter jedoch einige Erquickungen anbieten müssen.
    – Das wäre vergebliche Liebesmühe! Der trinkt blos Nektar; doch sollten Sie von der letzten Ernte her noch davon etwas übrig haben…«
    Herr de Vaudreuil mußte über den Scherz des vortrefflichen Mannes lachen, den er von längerer Zeit her kannte und dessen Rathschläge ihm bei seinen persönlichen Geschäften stets werthvoll und nutzbringend gewesen waren.
    »Ich werde Sie mit meinem Vater allein lassen, Herr Nick, sagte da Clary.
    – O bitte, bitte, bleiben Sie, mein Fräulein! erwiderte der Notar. Ich weiß, daß ich in Ihrer Gegenwart auch noch von Sachen reden kann, die sogar vielleicht etwas mit der Politik zusammenhängen… Ich vermuthe das wenigstens, denn wie Ihnen bekannt ist, mische ich mich selbst niemals…
    – Schon gut, schon gut, fiel ihm Herr de Vaudreuil ins Wort. Clary wird unserer Verhandlung beiwohnen. Doch erst wollen wir uns setzen, und dann sprechen Sie nach Belieben.«
    Der Notar nahm einen der Rohrlehnstühle, welche sich im Salon befanden, während Herr de Vaudreuil sich mit seiner Tochter auf einem Sofa ihm gegenüber niederließ.
    »Und nun, mein lieber Herr Nick, fragte Herr de Vaudreuil, welcher Grund hat Sie denn eigentlich nach der Villa Montcalm geführt?
    – Ich hatte Ihnen das hier zu übergeben«, antwortete der Notar.
    Er zog dabei ein Bündel Banknoten aus der Tasche.
    »Wie? Geld?… sagte Herr de Vaudreuil, der sein größtes Erstaunen nicht zu verbergen wußte.
    – Jawohl, Geld… gutes Geld, und – es mag Ihnen das nun gefallen oder nicht – eine recht schöne Summe!…
    – Eine schöne Summe?…
    – Urtheilen Sie selbst!… Fünfzigtausend Piaster in tadellosen, cursfähigen Bankscheinen.
    – Und dieses Geld wäre für mich bestimmt?…
    – Gewiß für Sie… allein für Sie!
    – Wer sendet es mir?
    – Das kann ich Ihnen aus sehr triftigem Grunde nicht sagen, ich weiß es nämlich selbst nicht.
    – Wozu soll dieses Geld dienen?
    – Das weiß ich ebenso wenig.
    – Und wie kommen Sie zu dem Auftrage, mir eine so große Summe auszuhändigen?
    – Hier, lesen Sie.«
    Der Notar hielt ihm einen Brief von nur wenigen Zeilen hin.
     
    »Herr Nick, Notar zu Montreal, wird ersucht, dem Vorsitzenden des Reform-Comités zu Laval, in der Villa Montcalm, den Rest der Summe, welchen unsere Abrechnung in der Expedition noch ergibt, auszuhändigen.«
    2. September 1837.
    »J. B. J.«
     
    Herr de Vaudreuil sah den Notar an, ohne diese an ihn gerichtete Sendung näher zu verstehen.
    »Wo ist dieses Schreiben zur Post gegeben gewesen, Herr Nick? fragte er.
    – In St. Charles, Grafschaft Verchéres.«
    Clary hatte den Brief ergriffen. Sie prüfte sorgsam die Handschrift; vielleicht rührte er von der nämlichen her, welche Herrn de Vaudreuil den Besuch seiner Freunde Vincent Hodge, Clerc und

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