Die Familie: Roman (German Edition)
Schlüpfer und fand in der Dunkelheit ihre Brust.
»Lass mich … in Ruhe.«
Er rieb sie. Er drückte sie.
Darcy schlug zu.
Mit der linken Faust.
Die Gürtelschnalle fest auf die Handfläche gedrückt, der Metallstift zwischen Mittel- und Ringfinger aufragend.
Sie schlug in der Dunkelheit nach der Stelle, an der sich sein Hals befinden sollte.
Ihre Faust traf ihn.
Er kreischte auf.
Irgendwo hinter Darcy begann ein Baby zu schreien.
Hank hörte ein durchdringendes, hohes Kreischen. Das Baby auf Chris’ Arm erschrak offenbar bei dem schrillen Geräusch und begann zu weinen.
»Warte hier«, flüsterte er.
Er rannte los.
Chris wartete nicht, sie lief neben ihm her.
Er stürmte um eine Kurve des Gehwegs.
Der Schein der Laterne beleuchtete eine Frau mit wildem blondem Haar, die über einem Jugendlichen hockte. Sie trug eine blaue Nylonjacke. Und einen Schlüpfer.
Der Junge hatte kurzes schwarzes Haar, keinen Bart.
Einer von uns.
Und die Frau wollte ihn töten. Sie hatte seine Ohren gepackt, hob seinen Kopf hoch und schmetterte ihn auf den Beton. Wieder und wieder. Jedes Mal, wenn der Kopf aufprallte, gab es ein schmatzendes Geräusch.
Zu spät, dachte Hank. Der Junge ist hinüber.
Im Laufen beugte sich Hank zur Seite und ließ die Laterne los. Sie schlitterte mit dem Metallboden über den Beton, kippte jedoch nicht um.
Er rannte auf die Frau zu.
Sie schlug den Kopf des armen Jungen weiter auf den Boden.
Hank sah noch einen anderen Körper – einen großen Mann, der reglos hinter den beiden auf dem Beton lag.
Nackt, bis auf seine Boxershorts.
Einer der Männer aus dem Boot?
Hat sie ihn auch erledigt?
Wahrscheinlich haben ihr die anderen geholfen.
Der große Mann rührte sich, hob ein Knie.
Wenigstens ist er nicht tot.
Die Frau wandte den Kopf. Sie sah Hank durch ihr wirres feuchtes Haar an. Sie ließ die Ohren des Jungen los und drehte sich zu ihm.
Ein schneller Tritt ans Kinn.
Ihre Jacke stand offen. Er sah ihre Brüste, den flachen Bauch.
Diese ist nicht schwanger.
Auf ihrem Bauch überall Blut, eine hässliche Wunde knapp unter den Rippen. Auch von der rechten Hand strömte Blut. Ein Schnitt am Oberschenkel.
Die hat ganz schön was eingesteckt und hält sich trotzdem auf den Beinen.
Er sah Verwirrung in den blauen Augen, die ihn durch das verklebte Haar anstarrten.
Schöne Augen.
Vertraute Augen.
Aber die Augen einer Wilden, einer Kannibalin.
Für den Jungen.
Er trat nach ihrer Kinnspitze.
» NEIN! «, schrie Chris.
21
»Ich dachte, sie würde zu ihnen gehören«, murmelte Hank.
Chris hielt ihre Tochter fest in den Armen und konnte nicht zu weinen aufhören.
»Mom«, sagte Darcy, »du tust mir weh.«
Sie weinte ebenfalls. Genau wie das Baby, das Chris Hank übergeben hatte, nachdem er beinah Darcy getötet hatte. Dieser Tritt … er hätte ihr das Genick gebrochen.
Wenn Chris nicht geschrien hätte.
Wenn Hank nicht so schnell gewesen wäre, so gewandt, dass er sich mitten in dem tödlichen Tritt drehen und seinen Fuß an Darcys Ohr vorbei ins Leere schießen lassen konnte.
»Mom.«
»Entschuldigung.« Sie ließ Darcy los.
Darcy drehte sich um und lief in die Arme eines großen Mannes, der nichts als eine Unterhose trug. Er strich über ihr Haar, ihren Rücken.
»Was hat er mit dir gemacht?«, fragte Darcy den Mann, der sie hielt.
»Ich weiß es nicht. Mein Kopf ist irgendwo gegengeschlagen. Ich dachte, ich habe ihn, und dann … Geht’s dir gut?«
»Das soll wohl ein Witz sein«, sagte sie und schluchzte.
»Du hast mir das Leben gerettet«, entgegnete er.
»Sieht so aus. Meine Hand wird nie wieder so wie vorher sein.«
»Ich liebe dich, Darcy.«
Wer ist dieser Mann?, fragte sich Chris.
Hank klopfte ihr auf die Schulter. Sie drehte sich zu ihm um, und er reichte ihr das Baby.
»Paula«, sagte er.
Dieses eine Wort genügte, um Chris’ Freude und Erleichterung schwinden zu lassen.
Darcy wandte sich von dem anderen Mann ab. »Paula?«, fragte sie.
»Meine Tochter«, sagte Hank.
Darcy verzog den Mund, sagte jedoch nichts.
»Was ist?«
»Sie war … Sie waren zusammen.« Darcy nickte zu der Leiche des Jugendlichen.
»Ist das Kyle Mordock?«, fragte Hank.
Sie nickte erneut.
Chris sah Schmerz in Hanks Augen aufsteigen.
Er hob die Laterne auf und rannte los.
Chris stürmte ihm hinterher. Wir lassen sie im Dunkeln zurück, dachte sie. Sie hatte den Rucksack voller Taschenlampen, doch sie hielt das Baby in den Armen, deswegen konnte sie ihn nicht absetzen.
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