Die Familie: Roman (German Edition)
Einen Augenblick später waren sie verschwunden.
Kyle lauschte. Durch die Tür drangen keine Geräusche. Nur um sicherzugehen, klopfte er trotzdem. Falls Darcy oder Lynn zur Tür kommen sollten, würde er sagen, sein Vater habe ihn losgeschickt, um Tom zu suchen, der ihn manchmal an der Rezeption ablöste. Wüssten sie vielleicht, wo Tom sein könnte?
Niemand kam zur Tür.
Er griff mit einer zitternden Hand in die Tasche seiner Stoffhose und zog das Schlüsselmäppchen heraus. Die Schlüssel klimperten laut in der Stille, als er den richtigen suchte. Schließlich fand er ihn. Er schob ihn ins Schloss, drehte den Knauf und öffnete vorsichtig die Tür.
Er sah niemanden, doch er ließ die Tür offen, während er so weit hineinschlich, dass er durch die Nische zu seiner Linken blicken konnte. Niemand im Bad.
Die Mädels waren unterwegs.
Er ging zurück zur Tür und schloss sie.
Ich bin drin!
Er lehnte sich gegen die Tür und atmete tief durch, um sich zu beruhigen.
Die Vorhänge am anderen Ende des Zimmers standen offen. Die bewaldeten Hügel in der Ferne lagen dunkel in der Abenddämmerung. Wenn Kyle keine Zeit vergeudete, würde er fertig werden, ohne das Licht einschalten zu müssen – außer in der Nische und im Bad, wo es keine Fenster gab.
Er trocknete seine verschwitzten Hände an der Hose und stieß sich von der Tür ab. In der Nische hingen an einer Seite Kleider. Die würde er sich später ansehen. Genau wie das Bad. Er ging weiter.
Beide Betten waren gemacht, allerdings ein bisschen zerknittert. Auf dem näher stehenden Bett lagen Kleider verstreut: eine blaue Hose, deren Beine über die Kante hingen, eine weiße Bluse, die zu einem Haufen zusammengeknüllt war, ein weißer BH. Die Hose war weit an der Taille. Der BH hatte breite Träger und riesige Körbchen. Lynns. Das musste also Lynns Bett sein.
Wegen des unterschiedlichen Körperbaus der Frauen fiel es Kyle nicht schwer herauszufinden, in welcher der eingebauten Kommoden Darcys Kleider lagen. Die unterste Schublade enthielt Pullover, ein Sweatshirt und ein paar dicke Blusen. Alles war ordentlich gefaltet. Er hob die Sachen an, betrachtete sie, holte jedoch nichts heraus.
Die mittlere Schublade war interessanter. Dort fand er Slips, Strumpfhosen, ein paar T-Shirts, eine ausgebleichte blaue Shorts und ein hellgelbes Kleid. Er nahm das Kleid heraus und ließ es auseinanderfallen. Es war ein Nachthemd. Es hatte an beiden Seiten Schlitze. Kyle hielt es sich vor die Brust. Er war kleiner als Darcy. Bei ihr würde es die Oberschenkel nur teilweise bedecken, und die offenen Seiten würden die Haut bis zur Hüfte entblößen. Er sah vor sich, wie sie es trug und der dünne Stoff ihre Kurven betonte. Er stellte sich vor, wie es beim Gehen über den Brüsten wackelte. Wenn sie sich bückte, würde ihr Hintern herausragen, und wenn sie sich nach etwas Hohem streckte, würde sich das Nachthemd heben, und er könnte ihre Oberschenkel sehen.
Bei diesen Gedanken bekam Kyle eine Erektion.
Er faltete das Nachthemd wieder zusammen und legte es sorgfältig zurück in die Schublade. Zufrieden stellte er fest, dass es genauso aussah wie vorher, schloss die Schublade und öffnete die oberste.
Darin lagen Höschen, Büstenhalter, Socken und Badebekleidung.
Ein hellblauer Badeanzug, der den Rücken frei ließ, und ein weißer Stringbikini. Keines der beiden Kleidungsstücke hatte Flecken, und sie rochen sauber. Kyle vermutete, dass Darcy sie frisch gewaschen eingepackt und den Hotelpool noch nicht benutzt hatte. Er war ein paarmal an ihren freien Tagen, mittwochs und donnerstags, in der Hoffnung dort gewesen, sie zu sehen. Jetzt wusste er, dass er sie nicht verpasst hatte. Er würde den Pool im Auge behalten. Früher oder später würde sie dort auftauchen.
Die meisten BHs waren weiß und an der Oberseite der Körbchen mit Spitzen besetzt, die Träger dünn und mit zwei Verschlüssen am Rücken. Doch einer war schwarz und trägerlos. Er war an der Unterseite versteift, sodass er die Brüste von unten halten und die Oberseiten frei lassen würde. Die anderen beiden BHs waren hauchdünne formlose Dinger. Einer war rosa, der andere blau. Sie wurden mit einem Haken und einer Öse zwischen den Körbchen geschlossen. Als Kyle sie hochhielt, konnte er hindurchblicken, und der zarte Stoff fühlte sich an seinem Gesicht glatt an. Der rosafarbene roch schwach nach Darcy – dieser frische Morgenduft wie von einer Brise, die durch den Wald wehte.
Kyle beugte sich vor,
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