Die Familie: Roman (German Edition)
Frauen ging. Mir ist aufgefallen, dass Sie nicht besonders betroffen waren, als ich Ihnen gesagt habe, dass er tot ist.«
»Er ist mir ziemlich gleichgültig. Ich meine, es ist schlimm, dass er umgebracht wurde und alles. Aber ich glaube nicht, dass er ein Irrer war, der durch die Gegend lief und seine Gäste umgebracht hat wie dieser Typ in Psycho . Das ist verrückt. Und ich finde es nicht schön, schlecht von ihm zu reden, nachdem er ins Gras gebissen hat.«
»Jemand hat die Gästekarte der Frau verschwinden lassen«, erinnerte Chris.
»Vorausgesetzt, sie hat eingecheckt«, sagte Hank.
»Ich habe das Gefühl, dass es so war.«
»Ich auch.«
»Das heißt nicht, dass Ethan etwas damit zu tun hatte«, beharrte Lynn.
Sie setzt sich ganz schön für ihn ein, dachte Hank. Vielleicht hatte sie was mit ihm. Möglich. Es kann aber keine besonders ernste Beziehung gewesen sein, sonst hätte sein Tod sie mehr mitgenommen.
Geht mich nichts an, beschloss er.
Als sie auf das Heck eines Kombis zurasten, steuerte Hank über die Mittellinie. Einen Augenblick später überholte er den Kombi. Er lenkte zurück auf die rechte Spur. Der Kombi schrumpfte im Rückspiegel.
»Wenn hier jemand verrückt ist«, sagte Lynn, »dann dieser Junge, Kyle.«
»Wer ist das?«
»Ethans Sohn. Würde mich nicht besonders überraschen, wenn er versucht hat, irgendeinen Unsinn mit einem Gast anzustellen. Dem traue ich alles zu. Ein unheimliches Kind. Er hat Darcy wirklich in den Wahnsinn getrieben.«
»Er hätte Zugang zur Gästekartei«, sagte Hank.
Chris drehte sich auf ihrem Sitz um und sah zu Lynn. Dabei berührte ihr linkes Knie Hanks Bein. Er sah auf ihren glatten Schenkel. Eine Ecke der Bluse, die unten nicht zugeknöpft war, hing darüber. Der Badeanzug spannte sich eng zwischen ihren Beinen. Hank gönnte sich nur einen kurzen Blick, dann zwang er sich, wieder auf die Straße zu sehen.
»Was hat er Darcy getan?«, fragte Chris.
»Nicht viel. Ich meine, er hatte … er war interessiert an ihr. Er ging immer bei ihren Führungen mit und hat sie angestarrt. Sie würden überrascht sein, wie viele Männer sich auf diesen Führungen sehr für uns interessieren. Ich weiß nicht, vielleicht liegt es an der Uniform. Man kann geradezu sehen, wie den Jugendlichen das Wasser im Mund zusammenläuft. Es ist … einfach nur schmeichelhaft, sonst nichts … Sie machen die Führung mit und verschwinden, man sieht sie nie wieder. Aber bei Kyle ist es anders. Er ist immer da. Und er ist Ethans Sohn, deshalb wollte Darcy ihm nicht sagen, er solle sich verpi… verkrümeln.«
»Dieser Kyle …« Chris’ Stimme brach ab. Ihr Kopf wirbelte nach vorn.
»Das wurde aber auch Zeit«, sagte Hank, als er die Sirenen hörte. Er bremste nur leicht ab und fuhr scharf rechts. Die Reifen rumpelten über den Schotter auf dem Seitenstreifen.
Die Sirenen heulten lauter und lauter, dann schoss ein Polizeiwagen mit Blaulicht um die Kurve und an ihnen vorbei. Als Nächstes kam das rote Auto des Brandmeisters. Dann folgten ein Rettungswagen und ein Löschwagen. Sie rauschten vorbei, und der Lärm verklang allmählich. Hank steuerte zurück auf die Straße und trat aufs Gas. »Nichts, womit sie unsere Kinder rausholen könnten«, sagte er. »Dafür bräuchten sie wahrscheinlich einen Bulldozer. Und vielleicht einen Kran.«
Chris nickte. Ihr Gesicht wirkte grimmig. Sie wandte den Kopf, um Lynn anzusehen.
Hank sah wieder auf die Innenseite ihres Oberschenkels, den engen Badeanzug. Er spürte eine warme Welle von Erregung und Scham.
Behalte deine verdammten Augen auf der Straße, sagte er sich.
»Sie haben gesagt, dieser Junge, Kyle, war bei Darcys Führungen dabei.«
»Ja, und er hat sie die ganze Zeit angestarrt. Als wäre er in sie verknallt. Nur dass ›verknallt‹ nicht der richtige Ausdruck ist. Es klingt zu … ich weiß nicht.«
»Unschuldig?«, fragte Chris.
»Ja. Ich meine, er ist erst fünfzehn, aber er macht überhaupt keinen unschuldigen Eindruck. Er ist ziemlich unheimlich für ein Kind.«
»War er heute Morgen auch dabei?«, fragte Chris.
»Ja. Wir sind uns begegnet, wissen Sie. Darcy hat ihre Gruppe reingeführt, und ich meine raus. Ja, Kyle war gleich hinter ihr.«
»Na toll«, murmelte Chris.
Sie sah zu Hank. Er begegnete ihrem besorgten Blick, schüttelte den Kopf und legte eine Hand auf ihr Bein. Er hatte deswegen ein schlechtes Gewissen. Ich tröste sie nur, sagte er sich und ließ die Hand liegen. »Es ist bestimmt alles in Ordnung«,
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