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Die Familie: Roman (German Edition)

Die Familie: Roman (German Edition)

Titel: Die Familie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Manchmal warf er ihnen einen Laib Brot hinab, aber vorher pisste er darauf. Er hat sogar Hunde erschossen und sie verwesen lassen, ehe er sie ihnen vorwarf.«
    »Hat er das wirklich alles getan?«, fragte Kyle. Ihm war ein wenig übel, doch zugleich bewunderte er Ely für die Mühen, die er auf sich genommen hatte, um seine Rache auszukosten.
    »Allerdings«, sagte Dad. »Und er hat jede Minute davon genossen. Nach einer Weile haben Elizabeth und Arnold jedoch einen anderen Ton angeschlagen. Sie haben aufgehört, ›Bitte, bitte‹ zu sagen.« Dad lachte. Kyle konnte nicht anders, er fiel ein.
    Schließlich wischte sich Dad über die Augen und seufzte. »Jedenfalls wurde es ein bisschen unheimlich. Er hörte sie da unten lachen. Und sie riefen ihm zu, er solle näher kommen. Sie sagten, sie hätten etwas für ihn.«
    »Wollten sie, dass er in das Loch fiel?«, fragte Kyle.
    »Klar.«
    »Das klingt, als wären sie durchgedreht.«
    »Total verrückt. Aber Ely kam weiter vorbei und brachte ihnen Sachen. Dann tauchte eines Tages eine hübsche junge Frau im Hotel auf. Sie hatte sich auf der Straße rumgetrieben, war pleite und fragte nach einem Platz für die Nacht. Ely lebte mittlerweile seit ein paar Monaten ohne seine Frau und war ziemlich geil. Also ist er mit seinem Generalschlüssel in der Nacht in das Zimmer des Mädchens eingedrungen und über sie hergefallen. Sie hat versucht, ihn abzuwehren. Schließlich hat er sie erwürgt. Als er mit ihr fertig war, hat er sie hier rausgebracht und ins Loch geworfen.«
    »Und sie haben sie gegessen?«, fragte Kyle. »Fing es so an?«
    »Ja. Es wurde Ely zur Gewohnheit. Und als sein Sohn, dein Großvater, alt genug war, um die Angelegenheit genießen zu können, wurde er eingeführt, hielt die Sache am Laufen und gab sie mir weiter.«
    Kyle schüttelte den Kopf. »Aber sie müssen gestorben sein. Elizabeth und Arnold. Ich meine, das ist ungefähr sechzig Jahre her, oder …«
    »Vermutlich schon«, sagte Dad. Er stand auf und trat um den Stein herum. Auf allen vieren kniete er sich über das Loch. »Essen ist fertig!«, rief er. »Hallo! Zimmerservice!«
    Leise Geräusche schwebten herauf. Stöhnen, Kichern, Stimmen.
    Kyle erschauderte. Es fühlte sich an, als kröchen ihm Spinnen durchs Haar.
    Die kaum hörbaren Stimmen redeten unverständliches Zeug. Doch sie klangen fröhlich.
    Kyle sah seinen Vater an und schüttelte den Kopf.
    »Ich komme ein paarmal pro Woche hier raus«, sagte Dad. »Bringe ihnen eine Kleinigkeit. Und lausche. Ich vermute, da unten sind sechs bis acht von ihnen. Manchmal habe ich Babys schreien hören.«
    Kyle kroch rückwärts von dem Loch weg und konnte die Geräusche nicht mehr hören.
    Dad stand auf. Er bürstete sich die Knie ab. »Komm, wir schicken Amy auf die Reise.«
    Er hob sie hoch, trug sie zur schwarzen Öffnung und warf sie hinein. Die Müllsäcke knisterten und knackten. Es rumpelte und pochte leise. Dann herrschte Stille.
    »Den Koffer auch«, sagte Dad. »Damit die Leute was Anständiges zum Anziehen haben.«
    Kyle warf den Koffer in das Loch und lauschte, wie er hinunterrutschte.
    Sein Vater ging in die Hocke, legte die Hände trichterförmig vor den Mund und rief in die Dunkelheit: »Haut rein, Leute! Solange es noch warm ist!«

12
    Jims Fackel erlosch. Als Darcys Brett nur noch ein Stück glühende Kohle war, warf sie die qualmenden Überreste auf den Gehweg. Gregs Holzplanke brannte noch in der Mitte. Er hielt sie tief vor sich, damit das Feuer zu seinen Händen emporklettern konnte.
    Die Flammen schwankten und flatterten wie eine helle Fahne.
    »Es sollte Fackelführungen geben«, sagte Carol, die gleich hinter Darcy ging. »So ist es viel … interessanter.«
    »›Mögest du in interessanten Zeiten leben‹«, sagte Helen. »Eine alte chinesische Verwünschung.«
    »Ich finde es nett.«
    »Du wirst es nicht mehr so nett finden«, erklärte Helen, »wenn die ausgegangen ist.«
    »Gregs geht nicht aus«, sagte Darcy. »Er trägt die magische Fackel.«
    »Genau«, sagte Greg.
    Sie legte einen Arm um seinen Rücken. Das Sweatshirt war kühl und feucht, doch sie spürte die Wärme darunter. Sie schmiegte sich enger an ihn, ging mit ihrer Hüfte an seiner, mit der Seite ihrer Brust an seinem Oberarm.
    Sie wusste, dass die anderen sie ansahen. Doch es kümmerte sie nicht.
    Es sind nur Carol und Helen und Jim und Beth, dachte sie. Obwohl Helen ein bisschen steif und wahrscheinlich sogar prüde war, machte es Darcy nichts aus, vor diesen

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