Die Familie: Roman (German Edition)
Leuten ein wenig von ihrer Zuneigung für Greg zu zeigen. Sie waren mehr oder weniger Fremde, doch sie waren etwas Besonderes. Sie waren ihr Team.
Sie fühlte sich gut, fast beschwingt, seit sie die Hauptgruppe bei den Aufzügen verlassen hatten. Es war wie eine Befreiung. Kyle war zurückgeblieben. Und der Typ mit der Peterbilt-Kappe. Und mehr als zwei Dutzend Fremde, die sich darauf verließen, dass sie ihnen Anweisungen gab, ihre Ängste beruhigte und sie beschützte. Es war eine große Erleichterung, nicht mehr bei ihnen zu sein.
Es war, als ginge man nach einer schlechten Party nach Hause.
Oder, dachte sie, noch treffender, der Abschlussball. Das war sehr ähnlich gewesen. Im letzen Jahr an der Highschool war sie Jahrgangssprecherin und für die gesamte Organisation verantwortlich gewesen – Dekoration, Getränke, Unterhaltung. Und als Mike Wakefield den Punsch mit Alkohol versetzt hatte, machten ihr die Erwachsenen die Hölle heiß. Sie gaben ihr die Schuld, obwohl sie nichts damit zu tun hatte. Für die anderen Schüler war der Ball ein großer Erfolg, doch Darcy konnte sich nicht entspannen und die Party keinen Augenblick genießen, und nachdem der Alkohol im Punsch entdeckt worden war, wurde der Abend zu einer regelrechten Qual. Dann verließ sie mit ihrem Freund und zwei anderen Paaren die Veranstaltung, und der Druck wich von ihr. Sie flippte aus. Sie kreischte und tanzte auf dem Parkplatz herum wie eine Verrückte. Sie überredete ihre Freunde, zum Fluss zu fahren, und dort gingen sie alle nackt baden. Sie hatte sich noch nie so unbeschwert gefühlt, so mutig. Sie schwamm unter eine Brücke und ließ alle zurück, außer Steve, ihren Freund. Sie umarmten sich im warmen Wasser. Dann führte sie ihn ans Ufer und entdeckte eine mondbeschienene Lichtung. Obwohl sie seit Monaten mit Steve zusammen war und obwohl sie ihn liebte, hatte sie ihn noch nicht richtig rangelassen. In dieser Nacht legte sie sich tropfnass vom Fluss ins kühle Gras und streckte ihm die Arme entgegen.
Darcy erinnerte sich an all das, während sie im flackernden Schein der Fackel an Gregs Seite ging. Zuvor war die Erinnerung an diese Nacht immer belastet gewesen von dem Gedanken an ihre Trennung, an den Brief, den Steve ihr während ihres ersten Frühlings in Princeton geschrieben hatte. Jetzt fühlte sie nichts von dem gewohnten Schmerz. Steve gehörte in die Vergangenheit, und Greg war bei ihr, und sie verspürte dieselbe Erleichterung und denselben Mut, die sie nach der Flucht von dem Schulball beseelt hatten.
Das federnde Holz unter ihren Schuhen riss Darcy aus ihrem Tagtraum. Sie war auf dem Bootssteg. Sie blieb stehen. »Ich habe die Spitzhacke vergessen«, sagte sie. »Kommst du mit mir zurück, um sie zu holen, Greg?« Sie fragte sich, ob er das Zittern in ihrer Stimme hörte.
»Klar.«
Sie hakte die Taschenlampe von ihrem Gürtel los und schaltete sie an. »Wir sind in ein paar Minuten wieder zurück«, erklärte sie den anderen.
Greg gab Jim seine Fackel. Beth, Carol und Helen bildeten einen Kreis um die kleine Flamme, als wäre sie ein Lagerfeuer.
Als sie wieder auf dem Betonweg waren, sagte Darcy: »Wir sind direkt daran vorbeigegangen. Dämlich. Ich habe vor mich hingeträumt.«
»Davon, dass wir rauskommen?«, fragte Greg.
»Nicht direkt.« Darcy ließ den Strahl der Taschenlampe über die glänzende Kalksteinwand zur Rechten wandern und entdeckte den Eingang zur Grotte. Sie nahm Gregs Hand und ging näher heran. Ihr Mund war trocken. Ihr Herz schlug schnell. In ihrem Kopf blitzte die Erinnerung an die Begegnung mit Kyle in der Grotte auf, doch das störte sie nicht. Was mit Kyle geschehen war, spielte keine Rolle. Nicht in diesem Moment.
Greg stieg neben ihr die Steinstufen hinauf.
Sie traten in die Grotte. Der blasse Strahl der Taschenlampe beleuchtete die Schubkarre, die Spitzhacke, die daran lehnte, ihre Bluse und ihren BH, die über einem der Griffe hingen.
»Hier habe ich meine Kleider getauscht«, erklärte sie.
»Gegen was?«
Sie drehte sich zu Greg. Lächelnd schüttelte sie den Kopf. Dann sah sie nach unten, um sich die Taschenlampe wieder an den Gürtel zu hängen. Als der Metallclip einrastete, legte Greg ihr die Hände auf die Schultern. Er zog sie an sich, und sie schlang die Arme um ihn und legte den Kopf in den Nacken. Er küsste sie. Es begann als sanfter, zögernder Kuss. Dann öffneten sich seine Lippen, Darcy strich mit der Zunge darüber, und ihre Münder vereinten sich, pressten sich
Weitere Kostenlose Bücher