Die Familie: Roman (German Edition)
Seite, als sie mit den Knien darauftrat. Dann schloss sie die Arme um Greg. Sie drückte sich an ihn, spürte seine sich hebende Brust, die feuchte Wange, den warmen Atem, der über ihr Ohr strich.
Hinter und vor ihr ertönte leises Plätschern. Und Atmen. Jemand wimmerte in der Nähe, wahrscheinlich Carol oder Helen.
Darcy zitterte heftig.
Sie versteifte sich, als sie bemerkte, dass jemand von hinten sehr dicht an sie herankam.
»Halt die Luft an«, flüsterte Greg.
Er zog sie hinab.
Sie ging in die Hocke. Das Wasser schloss sich über ihrem Kopf. Greg drückte sie sanft von sich, hielt jedoch ihren Arm fest. Er drehte sie um, zog an ihr. Sie ließ sich von den Füßen gleiten, und er schleppte sie hinter sich her. Das kalte Wasser strich über ihren Körper. Er konnte sie nicht ziehen und zugleich schwimmen. Darcy vermutete, dass er in die Hocke gegangen war und über den Grund watete, sodass er unter der Oberfläche blieb.
Das wird funktionieren, dachte sie. Wir entfernen uns.
Solange wir unter Wasser bleiben, werden sie uns nicht finden. Sie können nur ihrem Gehör folgen.
Wir hätten den Frauen raten sollen, das Gleiche zu tun.
Darcy brauchte allmählich Luft. Sie kämpfte gegen den Drang zu atmen an, doch bald begann ihre Lunge zu schmerzen. Dann brannte sie. Sie fragte sich, ob Greg zum Luftholen aufgetaucht war und sie vergessen hatte.
Greg blieb mit ihr stehen. Sie spürte, wie eine Hand auf ihren Mund gedrückt wurde. Er hob sie langsam nach oben. Als ihr Gesicht aus dem Wasser auftauchte, nahm er die Hand weg. Möglichst leise sog sie die Luft ein.
Sie erwartete, dass Greg sie schnell wieder untertauchen würde. Doch das geschah nicht.
Sie standen reglos da und hielten einander.
Darcy hörte ihren eigenen Atem und das schnelle Klopfen ihres Herzens. Auch Gregs hörte sie. Und das leise Plätschern der Tropfen, die von ihnen ins Wasser fielen. Sonst nichts.
Es war, als hätte jegliche Bewegung im Lake of Charon aufgehört.
Es war, als wären sie allein im See.
Was geht hier vor?
Sie wünschte, die anderen hören zu können.
Vielleicht schwimmen Carol und Helen unter Wasser, dachte sie. Vielleicht tauchen alle.
Oder vielleicht stehen sie reglos da, genau wie wir. Carol und Helen in der Hoffnung, sich so retten zu können. Die anderen in der Hoffnung auf ein Geräusch, das uns verrät, damit sie uns aufspüren und fertigmachen können.
Haben sie sich möglicherweise zurückgezogen? Sind sie zurück durch das Loch auf die andere Seite der Höhle gegangen?
Wir haben zwei von ihnen erwischt. Vielleicht haben wir sie getötet, vielleicht auch nicht, aber das könnte den anderen den Mut genommen haben.
Nein. Wir waren nicht lange genug unter Wasser. Sie haben keine Zeit gehabt, sich durch das Loch zurückzuziehen.
Greg berührte sie am Kinn, was sie als Zeichen betrachtete, wieder abzutauchen. Sie atmete tief ein. Seine Finger lagen noch auf ihrem Kinn, deshalb spürte er ihr Nicken.
Langsam und still tauchten sie unter.
Greg schleppte sie wie vorhin durchs Wasser.
Sie hatte den Eindruck, dass sie den Steg ansteuerten. Es musste so sein, denn ansonsten wären sie schon gegen eine der Höhlenwände gestoßen.
Wenn wir es nur bis zum Steg schaffen!
Mit einem kleinen Vorsprung auf ihre Verfolger würde sich alles zum Guten wenden. Vom Steg aus würden sie den Gehweg finden und könnten dem Geländer bis zur Hauptgruppe folgen. Dort wären sie in Sicherheit. Diese schrecklichen Dinger würden es nicht wagen …
Dinger? Menschen.
Doch sie sahen aus und benahmen sich wie geistlose Wilde, nicht wie richtige Menschen.
Was zum Teufel trieben sie hinter Elys Mauer? Lebten sie dort?
Das ist verrückt. Niemand kann überleben in …
Es sei denn, es gibt irgendwo eine Öffnung. Wenn sie rein- und rauskönnten, sähe die Sache anders aus. Eigentlich sollte es dort keine Öffnung geben, aber wer weiß?
Sie haben Jim und Beth getötet.
Hoffentlich geht es Carol und Helen gut.
Uns geht es gut, das ist das Wichtigste.
Darcy verspürte Schuldgefühle und fragte sich, ob sie für ihre Selbstsüchtigkeit bestraft werden würde, und dachte: Bitte, lieber Gott, sorge dafür, dass es Carol und Helen gut geht.
Gregs Hand bedeckte ihre Augen, rutschte dann tiefer und legte sich auf ihren Mund. Darcy nickte. Sie stellte die Füße auf den Grund und ließ sich von Greg an die Oberfläche führen.
Nun war es in der Höhle nicht mehr still.
Lautes Platschen. Aber weit entfernt. Hinter ihnen.
Und
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