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Die Familie: Roman (German Edition)

Die Familie: Roman (German Edition)

Titel: Die Familie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Darcy ins Wasser zu prasseln.
    Blut?
    Schließlich erklang rhythmisches Schmatzen, Stöhnen, feuchtes Saugen – Geräusche, die Leute von sich gaben, wenn sie den Mund voll Fleisch hatten.
    Kauen.

15
    Nachdem das Geröll weggeräumt war, kroch Hank über die Felsplatte. Das Wasser, das seine Hände und Knie umspülte, war nur wenige Zentimeter tief, aber eiskalt. Kalte Luft blies ihm entgegen, als wäre das kleine Loch im Berghang die offene Tür eines Kühlschranks. Er war verschwitzt, weil er unter der heißen Sonne den Vorschlaghammer geschwungen hatte, und der Lufthauch aus der Höhle kühlte die feuchte Haut seines nackten Oberkörpers.
    Eine Gänsehaut kroch an seinem Rücken empor, als er den Kopf in die Höhle streckte.
    Sein Körper hielt den Großteil des Sonnenlichts ab. In dem trüben Schatten konnte er nur die Fortsetzung des flachen, schmalen Flusses erkennen.
    Er kroch weiter, bis er ganz in der Höhle war. Kälte umfing ihn. Die Dunkelheit drückte ihn nieder. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Obwohl er die Wände oder die Decke der Höhle nicht sehen und erst recht nicht fühlen konnte, hatte er das Gefühl, sie würden sich zusammenziehen, ihn einschließen, ihn ersticken. Die Luft wurde ihm aus der Lunge gedrückt.
    Wasser umspielte seine Hände, als er über das Flussbett strich. Das ist stabiler Fels, sagte er sich. Es fühlt sich an wie Beton. Diese Höhle gibt es schon seit Tausenden, vielleicht Millionen von Jahren. Sie wird nicht über dir einstürzen.
    Es ist stabiler Fels. Es ist eine Höhle. Sie ist sicher.
    »Huhu, Hank«, rief Lynn hinter ihm in singendem Tonfall. »Was machst du da drin?«
    Was mache ich eigentlich hier drin?, fragte er sich.
    Mich selbst auf die Probe stellen? Testen, ob ich es aushalten kann?
    Ich halte es aus, egal, was passiert. Paula ist am anderen Ende dieser Dunkelheit, und ich werde sie rausholen.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Chris.
    Es tat gut, ihre Stimme zu hören.
    »Alles prima.«
    So prima, als drückte einem jemand ein Kissen aufs Gesicht, damit man den Löffel abgab.
    Hank begann rückwärtszukriechen. Er wollte sich rasch aus der bedrückenden Enge befreien, doch er zwang sich, sich langsam zu bewegen.
    Dann war er draußen. Er atmete tief ein. Er roch die harzige Bergluft. Das Sonnenlicht hüllte ihn in wunderbare Wärme.
    Die anderen beobachteten ihn, während er keuchend im Wasser stand. Er sah Besorgnis auf Chris’ Gesicht, Verwirrung auf Brads und ein seltsames, fast anzügliches Grinsen auf Lynns, als ihr Blick über seinen Körper schweifte.
    »Was ist los mit dir?«, fragte Brad.
    »Enge Räume. Das mag ich nicht.«
    »Hast du Klaustrophobie?«
    »Aber meine Lepra ist noch im Anfangsstadium.«
    »Hm«, sagte Lynn, »das ist ja ein Ding.«
    Brad zog eine Braue hoch und rieb sich über seine ausgeprägten Brustmuskeln. Wie Hank hatte er sich das Hemd ausgezogen, während sie daran gearbeitet hatten, die Mauer zu durchbrechen. Er hatte den Körper eines Mr.-Universum-Anwärters, und seine verschwitzte Haut glänzte im Sonnenlicht, als hätte er sich eingeölt. Hank vermutete, dass ihm nicht die Brust juckte, sondern er darüberstrich, um Chris’ Aufmerksamkeit auf seine erstaunlichen Körpermaße zu lenken. Doch sie sah Hank an, nicht Brad.
    »Vielleicht solltest du hier warten«, riet Brad ihm, und Lynn nickte zustimmend.
    »Es wird schon gehen.«
    »Und wenn nicht? Stell dir vor, wir gehen da rein, und du kriegst eine Panikattacke.«
    »Mach dir darum keine Sorgen.«
    »Ich finde, du solltest hierbleiben«, sagte Lynn.
    Natürlich findest du das, dachte Hank. Du kannst dir nichts Schöneres vorstellen, als mich für dich allein zu haben.
    Er nahm an, dass das Mädchen weniger daran interessiert war, ihn zu verführen, als daran, Chris auszustechen. Eine Art Wettbewerb, der nichts mit Begierde, aber umso mehr mit ihrem Ego zu tun hatte.
    Vorhin, als sie das Auto auf der unbefestigten Straße auf der anderen Seite des Tals geparkt hatten, war sie ausgestiegen, hatte sich die Jacke um die Hüfte gebunden und ihre Uniformbluse aufgeknöpft. Darunter war nichts als nackte Haut. Sie zog die Bluse nicht aus. Sie zog sie nur hoch und verknotete die Ecken unter ihren Brüsten. Aus den Blicken, die sie ihm zuwarf, schloss Hank, dass die Show zu seinem Vergnügen aufgeführt wurde, nicht zu Brads.
    Als es dazu kam, die Ausrüstung für die Wanderung zur Höhle zu verteilen, bestand sie darauf, den Rucksack mit den Taschenlampen und Schokoriegeln

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