Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Familie: Roman (German Edition)

Die Familie: Roman (German Edition)

Titel: Die Familie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
hatte. »Wenn ich sie brauche, habe ich sie dabei.«
    Chris blickte zu Hank. Sie sah aus, als würde sie gleich loslachen. »Wie du meinst«, sagte sie zu Lynn.
    »Genau. Ich meine, es ist kochend heiß hier draußen. Das wird angenehm in der Höhle.«
    Während sie sprach, zog Brad sich sein Polohemd über den Kopf.
    »Warum nimmst du nicht auch noch mein Hemd?«, schlug Hank vor. »Ich brauche es nicht.«
    »Wenn es passt«, sagte Brad.
    Hank warf es ihm zu, und Brad zog es über sein eigenes. Seine Arme passten in die kurzen Ärmel, doch er konnte es über seiner massigen Brust nicht zuknöpfen.
    »Nichts, was man mit einer Diät nicht kurieren könnte«, sagte Hank.
    Brad stieß ein prustendes Lachen aus.
    Hank setzte sich neben dem Höhleneingang auf den Hang und schlüpfte in die Jogginghose, die Chris ihm gekauft hatte. Während er sie über seine Shorts zog, sah er, wie Chris ebenfalls in ihre Hose stieg. Sie ließ ihre roten Shorts an. Erst auf einem, dann auf dem anderen Bein balancierend, zog sie die Hose hoch, und ihre schlanken nackten Beine verschwanden unter dem bauschigen Kleidungsstück. Statt die weite weiße Bluse, mit der sie sich bedeckt hatte, auszuziehen, stopfte sie sie in den Hosenbund. Als sie die Joggingjacke anzog, hielt sie die Bündchen der Bluse fest, damit die Ärmel nicht hochrutschten. Wie ein Kind, dachte Hank. Genau, wie ein Kind es machen würde.
    Sie ließ die Jacke offen.
    Hank stand auf und zog seine Jacke an. Sie klebte an seiner verschwitzten Haut. Er schloss den Reißverschluss, steckte sich eine Taschenlampe in die Seitentasche und nahm den Vorschlaghammer.
    »Sollen wir den Hammer und die Spitzhacke mitnehmen?«, fragte Brad. Er hatte sich die Spitzhacke schon über die Schulter gelegt.
    »Eins von beiden reicht, schätze ich«, sagte Hank. »Wir können es uns auch leichter machen.«
    Sie beschlossen, den Vorschlaghammer und den Meißel zurückzulassen. Brad bestand darauf, die Spitzhacke zu tragen. Hank hob die Starklichtlaterne an dem Drahtgriff hoch. »Ich nehme an, wir sind alle so weit«, sagte er, und ein Zittern durchlief ihn, als er sich zur dunklen Öffnung der Höhle wandte.
    Er kroch zuerst hinein, auf Knien und einer Hand, die Laterne am ausgestreckten Arm vor sich. Die beiden Glühkörper leuchteten silbrig weiß und verströmten ein erstaunlich helles Licht. Er sah ein ganzes Stück des Flusses vor sich, bis er von der Dunkelheit verschluckt wurde. Die Wände um ihn herum bildeten einen niedrigen, engen Tunnel. Obwohl die Decke einige Zentimeter über seinem Kopf war, hatte er das Gefühl, sie drückte ihn nieder und presste die Luft aus seiner Lunge. Sein Herz hämmerte. Er schnappte nach Luft. Doch er kroch weiter.
    »Alles klar?« Chris’ Stimme. Dicht hinter ihm.
    »Ja«, brachte er heraus.
    Er hörte ein Klirren, offenbar die Spitzhacke, die gegen eine Höhlenwand gestoßen war.
    Sie sind alle hinter mir, dachte er. Versperren den Ausgang. Mein Gott.
    Ein Schraubstock schloss sich um seine Brust. Er hatte ein Klingeln in den Ohren. Jedes Mal, wenn er Luft in seine schrumpfende Lunge sog, gab er ein hohes, pfeifendes Geräusch von sich.
    Eine Hand strich über seine rechte Wade. Chris. »O Mann«, sagte sie, »das muss wirklich schlimm für dich sein. Willst du umkehren?«
    »Nein«, keuchte er.
    Die Hand entfernte sich, und er kroch weiter. Obwohl die Höhle ihn zu erdrücken schien, konnte er sehen, dass sie sich ausweitete. Ein Stück vor ihm schienen die Wände und die Decke zurückzuweichen. Er hastete voran, sprang auf und machte Platz, damit die anderen hinter ihm hereinkommen konnten. Dann blieb er stehen und hob die Laterne.
    Die mit Stalaktiten übersäte Decke befand sich vielleicht zehn Meter über ihm. Die Wände links und rechts waren am äußersten Rand des Laternenscheins kaum erkennbar. Er war von Säulen und Stalagmiten umgeben und kam sich vor, als stünde er in einem steinernen Wald. Die Gebilde glänzten und glitzerten und warfen dunkle Schatten.
    »Wie geht’s dir?«, fragte Chris.
    Er drehte sich um und sah, wie sie aufstand. Ihre Hosenbeine waren unterhalb der Knie nass. Sie wischte sich die Hände an den Oberschenkeln ab. Sie sah wunderbar aus.
    »Besser«, sagte er. Es ging ihm wirklich besser, er hatte es nur bis gerade eben nicht bemerkt. Er fühlte sich immer noch unter der Masse des Bergs gefangen, er hatte immer noch Mühe zu atmen, doch er keuchte nicht mehr, und sein Puls hatte sich beruhigt. Das Herz hämmerte nicht

Weitere Kostenlose Bücher